𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟚𝟘

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Nia setzte sich mehr in Dags Richtung, um ihrem Vater ihre Sicht der Dinge zu erklären. »Frau Baumann, mag mich nicht.«

»Nia, so etwas nennt man Verleumdung.« , mischte die Rektorin sich ein.

»Nein. Das nennt man die Wahrheit.« , feuerte sie zurück.

»Erzähl weiter.« , meinte Dag daraufhin und überging die Schulleitung einfach.

»Aaaalso ... sie mag mich nicht. Ich hatte die schon, wie ich noch bei der Frau Engels in der Klasse war, und da hat die mir auch für alles die Schuld gegeben.«

»Dann muss ja auch etwas Wahrheit dran sein. Umsonst ist deine Akte nicht so dick.« Frau Barth klopfte auf die Unterlagen.

»Ja, weil die mich für jeden Scheiß aufschreibt. Andere waren es, aber nur ich werde gesehen.«

»Mitgehangen, mitgefangen.« Sie sah zu Dag rüber. »Das hätten Sie eventuell in der Erziehung ihrer lieben Tochter mit einbauen sollen.«

Wieder überging er sie, warf ihr aber einen desinteressierten Blick zu. »Sprich weiter Schatz.« , sagte er zu Nia.

»Sie kam in die Klasse, sieht mich und meinte direkt, nee auf dich hab ich heute keine Lust. Geh' in den Trainingsraum.«

»Trainingsraum?« , fragte er.

»Da kommen jene Kinder rein, die man schmälern muss. Dort können die sich beruhigen.« , erwähnte Frau Barth.

»Schmälern?« Wiederholt warf Dag ihr einen vielsagenden Blick zu.

»Schmälern bedeutet ...«

»Sie müssen mir nicht erklären, was Schmälern bedeutet. Ich habe Kommunikationswissenschaft, Publizistik und deutsche Philologie studiert.« , feuerte er los.

Frau Barth betrachtete ihn von Kopf bis Fuß und gab erneut einen seltsamen Ton von sich, bevor sie weitersprach. »Darin befindet sich ein Boxsack, an dem die Kinder ihre gestaute Unzufriedenheit herauslassen können.«

»Wir wurden damals noch vor die Tür gestellt.« Er verdrehte die Augen.

»Ich hab mich geweigert.« , sprach Nia jetzt weiter. »Und dann ist die ausgeflippt.«

»Die, hat auch einen Namen.« Das geschauspielerte Lächeln der Rektorin war wieder zu sehen.

Nia stöhnte auf und rollte genauso mit ihren Augen, wie ihr Vater vorhin. »Frau Baumann hat dann einen Anfall bekommen.«

»Verleumdung.«

»Ey könnten Sie gegebenenfalls mal den Ball flachhalten, wenn meine Tochter spricht?« Dag erhob ein wenig die Stimme. »Sie wollen doch auch nicht andauernd unterbrochen werden, oder doch?«

»Vielleicht sollten wir das Gespräch vertagen, bis ihre Frau Zeit dafür findet. Sie sind ihrer Tochter einfach zu ähnlich und mit respektlosem Verhalten komme ich nicht gut klar.« Sie zeigte ihm die Türe.

»Respektloses Verhalten?« Er zog eine Augenbraue nach oben. »Soll ich ihnen einen Spiegel vorhalten, damit sie ihre Worte nochmals ausführen können?«

»Also jetzt reicht es Herr Kopplin.« Ihre Stimme wurde schriller und ähnelte irgendwie einem Wellensittich. »Verlassen Sie bitte augenblicklich mein Büro.«

»Nein.« Dag verschränkte die Arme vor seiner Brust. »Ich will hören, was vorgefallen ist.«

Nia nahm dieselbe Position wie ihr Vater ein, aber schenkte Frau Barth zusätzlich ein selbstgefälliges Grinsen, ehe sie weiterredete. »Ich habe Frau Baumann gesagt, das ich nicht gehen werde, weil ich nichts getan habe. Dann ist die noch mehr ausgeflippt und ich fand das halt witzig und habe gelacht.«

»Du solltest Respekt vor einem Lehrkörper haben.« , meinte die Rektorin nun doch wieder einzuwerfen.

»Sie hören schon zu, oder?« Dag runzelte die Stirn. »Ihre geliebte Kollegin wollte meine Tochter ohne ersichtlichen Grund des Unterrichts verweisen. Gehört das hier der Normalität an?«

»Natürlich nicht. Sie sollten verstehen, dass ...«

»Was muss ich verstehen?« Er rutschte wieder mehr nach vorne. »Das die Frau einen Kicker auf Nia hat?«

»Ihre Tochter, Herr Kopplin, ist kein einfaches Kind. Sie ist stur. Widersetzt sich am laufenden Band. Nimmt keine Regeln an, geschweige denn das sie mal länger zuhört als fünf Sekunden. Sie stört mehrfach den Unterricht. Sie kommt zu spät. Sie diskutiert wild drauf los. Sie ...«

»Und?« , fragte er und unterbrach sie damit barsch. »Haben Sie Pädagogik studiert oder klatschen und Leute stigmatisieren?«

»Herr Kopplin?!« Erschrocken über seine Aussage hielt sie sich fast den Mund zu.

»Ja es wäre nett, wenn Sie meinen Namen nicht so abnutzen.« , sagte er. »Was ist dann passiert Nia?«

»Die hat voll laut rumgeschrien und dann haben alle gelacht.«

»Und was hast du gemacht?« Frau Barth wackelte mit ihrem Kopf hin und her.

»Ich hab sie dann nachgemacht.« , gab Nia ein wenig leiser von sich.

Die Rektorin klatschte. »Finden Sie das in Ordnung? Sie hat sich über das Lehrpersonal lustig gemacht. Frau Baumann war deswegen so aufgewühlt, das sie angefangen hat zu weinen.«

»Natürlich ist das nicht in Ordnung.« , meinte Dag. »Aber wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.«

»Die hat dann den Stängel geholt.« , sagte Nia.

»Frau Baumann und Herrn Stängel.« , korrigierte Frau Barth.

Dags Tochter stöhnte wieder mal genervt auf. »Die Frau Baumann hat dann den Herrn Stängel geholt.« Sie schob ihren Pulli am rechten Arm ein wenig höher und präsentierte Dag ihren knallroten Oberarm. »Der hat mich dann an meinem Arm aus dem Klassenzimmer gezogen.«

»Wo ist der?« , fragte er seine Tochter. Nia schüttelte den Kopf. »Wo ist ihr werter Kollege?« Er stellte die Frage nun an Frau Barth, dabei war die Wut in seiner Stimme kaum zu überhören.

»Herr Kopplin, ich bitte Sie. Herr Stängel hat nichts Falsches gemacht. Ihre Tochter hat sich geweigert, den Klassenraum zu verlassen und nur, weil Nia sich so sehr dagegen gewehrt hat, ist dies zustande gekommen.«

»Er hat sie gar nicht anzupacken.«

»Wie hätte er denn ihrer Meinung nach Nia aus dem Klassenraum befördern sollen?«

»Dat is' mir schnuppe.« Dag stand nun auf. »Er hat meine Tochter nicht anzufassen.«

»Ich wiederhole mich nur ungern, aber Nia trägt Mitschuld. Wäre sie sofort rausgegangen ... oder spulen wir nochmal zurück, hätte sie einen Lehrer nicht wie einen Clown vorgeführt ... oder wir gehen noch mehr zurück, wäre sie nie so negativ aufgefallen, dann ...«

»De de de de de de.« Dag formte mit seiner Hand einen Mund und plapperte damit los. »Das hier wird noch ein Nachspiel haben, da können Sie sich drauf gefasst machen. Komm Nia. Wir gehen.«

»Herr Kopplin, ihre Tochter sollte bitte den Rest der Woche zu Hause bleiben.« , rief sie ihm hinterher, als er schon die Türe geöffnet hatte.

»Fein.« Er zuckte mit den Schultern. »Dann sehen wir uns Montag. Grüßen sie Herrn Stängel von mir.«

Ich bin der falsche Mann für die richtige Frau (Band 2)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora