𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟝𝟟

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»Hör auf, ständig auf die Uhr zu gucken.« Vincent stupste Dag an, der auf der Terrasse stand und eine Zigarette rauchte, während sein schwarzes Jackett über einem Stuhl hing. »Sie kommt nicht zu spät.«

»Ich weiß. Darum geht es nicht. Es ist einfach ein Reflex, dass ich auf die Uhr schaue.« , sagte er. »Ich bin scheiße nervös Vince. Aber total. Ich komm' mir vor, als wäre ich wieder neunzehn und warte darauf, dass ich sie endlich bei Andi wiedersehe.« Er hielt seinem Freund auf Lebzeiten seine ausgestreckte Hand hin. »Hier.«

Vincent nahm diese, ohne groß nachzudenken, und zog sie dann angeekelt zurück. »Warn' mich demnächst bitte vor.« Mit angewiderter Miene wischte er sich die Handinnenfläche an seiner Hose ab.

»Ich schwitze wie ein Schwein.« Dag zog erneut an seiner Kippe. »Ich bin froh, das ich ein schwarzes Hemd anhabe.«

»Ja. Diese Info hätte ich gerne vorher gehabt.«

Der nervöse Bräutigam nahm einen Stuhl und setzte sich hin. »Ich meine das todernst. Ich kack' nachher ab. Vor lauter Nervosität vergesse ich meinen Text.«

»Welchen Text? Ich will?« Vincent ging in die Hocke.

»Ich dachte, das heißt, ja, ich will.« Erschrocken sah er ihn an. »Jetzt hast du mich durcheinandergebracht.«

Vincent lachte. »Bleib ma' locker Mann. Du bekommst das hin.«

»Und wenn nich'? Stell dir ma' vor, ich versemmle das total. Ich bekomm' kein Wort raus. Ich ruiniere damit den schönsten Tag ihres Lebens.«

»Dag, die Frau kennt dich seit Jahren. Sie kennt all deine Macken.«

»Aber heut sind keine Macken erlaubt. Alles muss perfekt sein.«

»Bruder es wird perfekt. Selbst mit Macken wird es perfekt werden.«

»Bist du dir da sicher?«

»Dag, du bist die Macke schlechthin ... und du bist perfekt für Isabelle. Es wird alles problemlos über die Bühne gehen. Glaub' mir.«

Er atmete tief ein und nickte Vincent dann zu, ehe er an ihm vorbeisah. »Was ist eigentlich mit ihm los?« , fragte er und deutete mit seinem Kopf in Richtung Robin, der ebenso auf der Terrasse stand, gebeugt über die Balustrade, und auf die Spree sah.

»Frag mich nicht.« Vincent sah ebenfalls hin, als er sich wieder gerade hinstellte. »Unglücklich verschossen?! Ich weiß es nicht.«

»Soll ich ma' mit ihm reden?«

»Denkst du, deine Nervosität wird jetzt Balsam für seine Seele sein?«

»Wer weiß.« Dag zog noch einmal und legte die Kippe dann in einen Aschenbecher, ehe er sich langsam Robin näherte und ebenso wie er über die Begrenzung blickte. »Schöner Tag, findest du nicht?«

»Es soll nachher regnen.« , murmelte dieser.

»Ach wir lieben den Regen. Isy und mein erstes Date war im Regen.«

Robin drehte sich um und sah in den Saal hinein. Nia konnte er von dort sehr gut sehen. Sie stand bei Niko, der bereits mit seinen Eltern David und Wölkchen anwesend war. Dag folgte seinem Blick und stupste ihn an. »Red' mit ihr. Ich weiß, dass du es bereust, dass ihr euch gestritten habt.«

»Das ist nicht so einfach.«

»Klar. Nia ist wie ich. Egal, was sie zu dir gesagt hat, sie hat nicht nachgedacht.«

»Das weiß ich.« , sagte Robin leise, denn das wusste er nur zu genau. Wie käme sie sonst auf die idiotische Schlussfolgerung, er würde eher auf Luca stehen als auf sie?!

»Wie gesagt, sie ist wie ich. Geh' zu ihr hin. Sie verzeiht dir sofort ... oder entschuldigt sich bei dir. Je nachdem, was da bei euch vorgefallen ist.«

»Ich bin nicht wütend auf sie ... eher auf die Situation.«

»Ja hab's gehört. Also nicht alles. Du erzählst ja nicht alles, aber ... da gibt's ein Mädchen?!«

»Ja, aber alle raten mir ... sie zu vergessen, weil sie nicht so empfindet wie ich.«

»Weißt du es denn hundertprozentig, dass sie nicht so empfindet?« , fragte Dag.

Robin zuckte mit den Schultern. »Ich denke. Weil ... sonst würde sie ja irgendwas machen oder sagen ... oder nich'?«

Dag gab ein leichtes Lachen von sich. »Oh nein, so einfach ist das manchmal nicht. Weißt du, wie lange ich Isy aus der Ferne angeschmachtet hab'?!«

»Ja aber woher wusstest du es dann?«

»Man merkt es, wenn man alleine mit dieser Person ist. Warst du schonmal alleine mit ihr?«

Robin nickte. »Ja.«

»Ist sie gerne mit dir alleine?«

»Ich denke. Ich weiß es nicht.« Robin drehte sich mehr in Dags Richtung. »Wie hat Isabelle deine Aufmerksamkeit bekommen?«

»Meine? Oder ich ihre?«

»Sie, deine.«

»Sie hat gesungen. Ich war mit deinem Vater unterwegs und wir gingen bei Andi vorbei, als ich sie gehört habe.«

»Findest du singen, verbindet?«

»Ich bin Musiker. Natürlich tu' ich das.«

Robin blickte heimlich zu Nia. »Sie liebt Musik.« , sagte er schließlich leise.

»Das Mädchen? Hey, dann hast du doch mehr als genug Pluspunkte auf deiner Seite.« Dag stupste ihn wieder mal an.

»Wieso?«

»Dein Vater ist Musiker. Du hast das im Blut.«

»Ich bin aber auch der Sohn meiner Mutter und kann nicht backen. Das heißt nicht, das ich irgendwas Musikalisches drauf habe.«

»Ach, das schlummert bestimmt noch in dir. Du hängst doch auch oft an der Groove-Box die dein Vater dir besorgt hat und haust irgendwelche Beats raus.«

»Das ist ja etwas anderes.«

»Ach quatsch. Musik ist die geheime Sprache der Liebe.«

»Die Braut ist da.« , rief Katja und kam mit den Armen nach oben gesteckt in einem langen apricotfarbenen Kleid auf die Terrasse.

Dags Herz pumpte sofort wie verrückt. »Wo?«

»Noch versteckt, du Dummerchen.« , lachte sie. »Sie kommt gleich raus. Vorher darfst du sie nicht sehen. Das bringt Unglück.«

Die Gäste, die bei der Trauung anwesend sein wollten, traten nun auf den Freisitz und nahmen ihre Plätze ein.

Dag wuschelte Robin nochmal durch die Haare. »Wünsch' mir Glück. Und dir drücke ich die Daumen. Du wirst schon ihr Herz erobern.«

Ich bin der falsche Mann für die richtige Frau (Band 2)Where stories live. Discover now