𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟝𝟙

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Robin saß mit gesenktem Kopf vor dem Zimmer der Rektorin. Er hatte eine Nierenschale aus Pappe bekommen, in die mittlerweile sein Blut tropfte, das aus seiner Nase lief.

Nia kam den Flur entlanggerannt mit einer Rolle Toilettenpapier, die sie aus der Mädchentoilette geholt hatte.

Eilig wickelte sie einiges des einlagigen Papieres ab und hielt es unter seine Nase, als sie sich neben ihm setzte.

Sie legte ihm ein kaltes klatschnasses Tuch in den Nacken, das indessen mit dem bereits gesammelten Blut in der Schale zusammenlief, als es seinen Hals hinunter tropfte.

Als Nia bemerkte, dass sein Tuch schon voll geblutet war, wickelte sie erneut Neues von der Rolle, das sie ihm dieses Mal reichte.

»Hast du ihn geküsst?« , fragte er, obwohl er die Antwort wusste. Denn woher sollte Luca sonst gewusst haben, dass Nias Lippen nach ihrem Kaugummi-Lipgloss schmeckten.

»Nein.« , antwortete sie.

Wütend riss er seinen Kopf zur Seite. »Warum lügst du?«

»Ich ... ich meine ... er hat mich geküsst.«

»Ist dasselbe.« Robin hielt sein Gesicht wieder über die Schale.

»Nein ist es nicht. Ich wollte nicht, dass er mich küsst.« , gab sie leise von sich. »Es ist erst ein Kuss, wenn beide es wollen und nicht, wenn der eine den anderen einfach überrumpelt.«

»Unser Kuss zählt nicht?«

»Nein. Keine Sorge. Das ... das bleibt unter uns.«

Robin schloss die Augen. Das war nicht das, was er hören wollte.

»Hey?!« , hörte er seinen Vater vom Anfang des Flures rufen. Er öffnete seine Augen und sah ihn mit Dag näher kommen. »Was is' passiert?« , fragte er und hockte sich vor Robin hin.

»Nichts.« , antwortete er.

Vincent sah zu Nia, die aber ebenso stumm blieb.

Die Türe der Rektorin öffnete sich und sie stöhnte laut auf, als sie Dag erblickte. »Gut. Dann vertagen wir das Gespräch auf ein andermal.« , sagte sie.

»Ein andermal?« Vincent stand auf und überragte die kleine Frau bei Längen. »Mein Sohn blutet. Ich will wissen, was passiert ist.«

»Ich denke, das kann ihr Sohn auch zu Hause erzählen. Ich hatte darum gebeten, die Mütter von Nia und Robin zu sprechen.«

Vincent lachte kurz auf. »Sie kennen meine Frau nicht, oder?«

Frau Barth sah ihn erschrocken an und dann Dag. »Mit wem sind sie verwandt?« , fragte sie ihn.

»Mit keinem.« , antwortete er locker und gelassen.

»Sie sagten, Robin sei ihr Neffe.«

Dag nickte. »Ist auch so.«

»Ist es nicht.« , schrie nun Robin. »Nia und ich sind nicht verwandt. Könntet ihr endlich aufhören, so einen Scheiß zu erzählen.« Wütend stand er auf und pfefferte die Nierenschale auf den Boden.

»Das wirst du sauber machen.« , schrillte die Stimme der Rektorin durch den Flur.

»Machen Sie Ihren scheiß doch alleine.« , gab er zur Antwort.

»Was ist in dich gefahren?« Vincent sah ihn derangiert an.

Robin blickte zu Nia. »Nichts.«

»Was ist passiert?« , fragte er unterdessen die Schulleitung, nachdem sein Sohn sich wieder hingesetzt hatte. Dag hob die Schale auf und überreichte sie Robin, dem er kurz durch die Haare wuschelte.

»Ihr Sohn hat einen anderen Jungen ohne ersichtlichen Grund angegriffen.«

Vincent sah sich um. »Und wo ist der andere?«

»Das steht hier nicht zur Debatte.«

»Zu einer Prügelei gehören zwei, oder mehr.«

»Das, mehr, wäre anwesend.« Präsentierend zeigte sie auf Nia.

»Stopp. Sie wollen mir jetzt weismachen, dass mein Sohn alleine Schuld daran trägt?«

»Und das, mehr.« , sagte sie, wieder mit dem Finger auf Nia gerichtet. »Wie sollte es auch anders sein.«

»Robin hat gar nichts getan.« , verteidigte sie ihn. »Es war meine Schuld.«

Mit einem provokanten Lächeln sah Frau Barth zu Dag. »Und täglich grüßt das Murmeltier. Aber es freut mich, das sie Ihrer Tochter langsam beibringen ihre Fehler einzugestehen.«

Dag sah sie abwertend an und richtete sein Wort dann an Nia. »Was hast du getan?«

»Ich ... ich ... ich hatte Krach mit jemanden und Robin ... er wollte mir nur helfen.«

»Du bist laut Aussage von Herrn Schulz, auf Lucas Rücken gesprungen.«

»Luca?« Fragend sah er seine Tochter an. »Der Luca, der bei uns war?«

Nia nickte kaum sehbar.

»Gut. Es wäre nett, wenn sie Ihre Unterhaltung zu Hause weiterführen würden.« , sprach die Rektorin und wedelte mit ihrer Hand herum.

»Mein Sohn hat sich geprügelt. Ich will mit den Eltern des anderen Jungen sprechen.«

»Die sind nicht hier.«

»Nicht?« Fragend sah Vincent sie an. »Und warum wurden wir her beordert?«

»Ihnen sind die Begriffe Täter und Opfer schon geläufig, oder?«

Seine Augen wurden groß. »Mein Sohn ist hier nie aufgefallen, wegen irgendwelcher Schlägereien und jetzt wollen Sie mir weismachen, er wäre gewaltbereit und somit der Täter schlechthin?«

»Ihr Sohn, Herr Stein, hat den Jungen angegriffen. Nicht andersrum.« Sie widmete sich nun Robin zu. »Du wirst einen Entschuldigungsbrief schreiben, den du des Weiteren vor der kompletten Klasse vortragen wirst.«

»Ehm ... nein, werde ich nicht.« , antwortete er.

Betroffen, als hätte man ihr die schlimmsten Worte an den Kopf geworfen, hielt Frau Barth sich die Hand vor die Brust. »Robin, das war keine Bitte. Das wird deine Strafe sein.«

Vincent zog seinen Sohn auf die Beine. »Freut mich für Sie, das Sie sich was Tolles ausgedacht haben, aber solange der andere Junge nicht ebenso zur Rechenschaft gezogen wird, wird Robin gar nichts machen. Schönen Tag noch.«

Ich bin der falsche Mann für die richtige Frau (Band 2)Waar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu