𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟙𝟚𝟝

120 19 0
                                    

»... welche Änderungen sind eingetroffen?« , fragte der Therapeut Dag in seiner Sitzung.

Er zuckte mit den Schultern. »Was meinen Sie genau?«

»Na ja. Vor ein paar Wochen waren Sie glücklich. So kamen Sie mir zumindest vor. Sie hatten ein Dauergrinsen und sprühten eine Art Gelassenheit von sich. Aber jetzt?! Sie waren letzte Woche schon so in sich gekehrt und ich würde mal auf unglücklich vermuten ... gab es eventuell einen Rückfall bei Ihrer Frau, von der sie mir nichts selber erzählt hatte?«

»Nein. Es ist alles okay mit ihr.« , bestätigte er und log dabei nicht. Isabelle war zufrieden. Mit ihrer Arbeit und ihren Freizeitaktivitäten.

»Okay. Ja so kommt sie mir auch rüber. Die Arbeit tut ihr gut.«

»Ja.« Er rollte unbeabsichtigt mit den Augen.

»Aber was ist mit Ihnen Herr Kopplin? Hatten sie etwas Neues ausprobiert? Ein neues Hobby eventuell. Weil ich muss sagen ... ich hatte schon vor, alles Weitere mit Ihnen abzuschließen. Sie kamen mir vor, wie jemand, der einfach zufrieden mit sich und seiner Umgebung war.«

Dag dachte direkt an Carla. An die Zeit mit ihr, bevor er einen Schritt zu weit ging ... vor gut zwei Wochen. Nun herrschte Funkstille. Er hatte seitdem nichts mehr von ihr gehört, geschweige denn, das er sich bei ihr gemeldet hatte. »Es gab da etwas, was mich auf andere Gedanken ... auf schöne Gedanken gebracht hatte, aber ... das ist jetzt vorbei.«

»Sie wirken geknickt deswegen.«

Er zuckte erneut mit den Schultern. Er wollte es nicht zugeben, aber genau so fühlte er sich auch. Er mochte die Zeit mit Carla, weil er dann seine Probleme zu Hause vergessen konnte. Vor jedem Treffen hatte er sich gefreut und nach jedem Treffen war er glücklich, Zeit mit ihr verbracht zu haben ... doch das war jetzt vorbei, wie er eben betonte.

Zusätzlich war sein Verlangen mittlerweile wieder immens. Es war, als würde seine Männlichkeit ihn jedes Mal an die Berührungen und Empfindungen, die Carla in ihm ausgelöst hatte, erinnern wollen. In seinen Lenden tauchte sofort dieses stechende Gefühl hervor, nur weil er an sie dachte. »Ja mir geht's deswegen nicht gut.« , gab er nun zu.

»Das finde ich schade. Gibt es denn eine Möglichkeit daran etwas zu ändern?« Das Telefon des Therapeuten ging und er sah auf die Anzeige. »Oh eine Minute Herr Kopplin. Ich komme sofort wieder. Den Anruf muss ich entgegennehmen.« Eilig verließ er den Raum, um in einem anderen ungestört rangehen zu können.

Dag zog sein Handy aus der Tasche. Isabelle hatte ihn ebenso angerufen. Da er eh gerade ja nichts zu tun hatte, rief er zurück.

»Ja?« , meldete sie sich.

»Was ist?«

»Hör mal, weißt du noch, wie das Hotel hieß damals in Paris, als wir mit so vielen Leuten gefahren sind? Da war Nia drei oder vier. Erinnerst du dich?« , fragte sie ihn.

»Nein. Also ich erinnere mich an den Trip, aber nicht mehr wie das Hotel hieß. Wieso?«

»Scheiße. Nein, er weiß es auch nicht mehr.« , sagte sie zu jemand anderem.

»Warum fragst du?« , wiederholte er seine Frage.

»Warte mal.« , sagte sie und sprach weiter mit der anderen Person, die sich als Çan herausstellte, wie Dag nun an seiner Stimme vernahm.

»Isy, könntest du mir bitte mal 'ne Antwort geben?!« , fragte er nun ein wenig angefressen, weil sie ihn einfach warten ließ.

»Wir wollen in drei Wochen dahin.«

»Wer ist wir?«

»Çan, Ramona, ich und die Kiddies.«

Ramona half mit bei der sozialen Arbeit und war zeitgleich die neue Flamme von Çan.

»Was?«

»Ja. Wir machen einen Städtetrip mit denen.«

»Was?« , wiederholte er seine Frage, weil er einfach nicht fassen konnte, was sie da von sich gab. Er versuchte seit geraumer Zeit seine Frau dazu zu bringen mit ihm für ein paar Tage zu entschwinden und jetzt fuhr sie, ohne zu zögern, mit diesen Leuten weg.

»Was ist los mit dir?« , wollte sie nun von ihm wissen.

»Was mit mir los ist. Du fährst echt nach Paris? Mit Çan und den Jugendlichen?«

»Ja. Ein wenig abschalten. Auf andere Gedanken kommen. Spaß haben.«

»Spaß haben?« Er wiederholte aufs Neue ihr Gesagtes. »Du willst Spaß haben?«

»Warte mal bitte.« Dag hörte, wie sie etwas zu Çan sagte, und vernahm dann ihre Schritte, ehe sie weitersprach. »Gönnst du mir nicht, wenn ich ein klein wenig nur für mich tue?« , fauchte sie ihn plötzlich an.

Dag stand nun auf und ging zum Fenster. »Isy, ist das dein Ernst. Ich bitte dich die ganze Zeit darum, mit mir diesen Trip zu machen. Abzuschalten und jetzt willst du, das ich applaudiere, wenn du das ohne mich durchziehst?!«

»Das ist doch etwas komplett anderes. Ich helfe diesen Kindern ... und mir würde es auch guttun. Ich bin gerne mit denen zusammen. Die haben mir wirklich geholfen wieder ein bisschen zu mir selbst zu finden. Darf ich das etwa nicht?«

Er grunzte auf. »Doch. Natürlich. Jeder von uns hat doch ein wenig Glück, Zufriedenheit und Spaß verdient. Wenn dir etwas guttut, dann mache es.« Den letzten Satz sagte er mehr zu sich selbst, als zu ihr.

»Meinst du das im Ernst? Weil ich finde daran nichts Verwerfliches, wenn uns andere Dinge glücklich machen können. Doktor Wagner ist auch der Meinung, das es nicht grundlegend so sein sollte, dass nur wir beide dazu in der Lage sind, dem anderen ein wenig Zufriedenheit zu schenken.«

»Nein. Du hast vollkommen Recht. Wenn andere es besser können und man sich da wohler fühlt, sollte man auch keine Gewissensbisse haben.« , sagte er im normalen Ton. »Jeder hat es verdient glücklich zu sein. Und wenn es dich glücklich macht lieber mit denen so eine Reise zu machen, statt mit mir ... dann ist es so.« Doktor Wagner betrat von Neuem den Raum. »Ich muss auflegen. Bis später.«

Der Arzt setzte sich wieder hin, nachdem er sich etwas in einem Kalender eingetragen hatte. Er griff nach seinem Block und dem Kugelschreiber, was er sich beides auf den Schoß legte. »Also ... wo waren wir stehengeblieben?«

»Das ich glücklich sein darf.« , sprach Dag und sah entschlossen aus dem Fenster.

Ich bin der falsche Mann für die richtige Frau (Band 2)Where stories live. Discover now