Vermutungen

6.9K 329 56
                                    

- Severus Sicht, Dienstagnachmittag -

Kaum hatte sie das Klassenzimmer verlassen, ließ ich die Tür hinter ihr zuknallen. Doch ich bekam ihre Worte einfach nicht aus dem Kopf. Ihre Worte, ihre Stimme, die Tränen und dann diese schiere Panik, die sie gezeigt hatte. Es war Ewigkeiten her, dass ich so etwas gesehen hatte. Es war wirklich lange her ...

Das letzte Mal hatte ich solch einen Blick gesehen, als ich ein frischer Todesser geworden bin. Die ersten Streifzüge in Muggelgegenden ... der Dunkle Lord bevorzugte, dass wir uns Schulen vornahmen, Mädchenschulen. Internate sind besonders beliebt gewesen, vor allem bei Greyback, der einen Heidenspaß dabei hatte, sich an den Mädchen zu vergehen.

Eine wirklich schreckliche Vermutung machte sich in mir breit, als ich an diese Zeiten zurückdachte. Greyback war damals auch im Malfoy Manor und ... nein, sicher war er nicht so dumm gewesen das zu tun, oder? Lucius hatte nie etwas erwähnt, das so etwas vermuten ließ. Ich sollte mit ihm darüber reden. Falls das wirklich passiert ist, müssten wir an die Sache anders rangehen. Es würde zumindest ihre Reaktion erklären, als sie merkte, dass die Tür verschlossen war. „Hoffentlich irre ich mich ...", murmelte ich durch das Klassenzimmer. Bevor ich jedoch weiter über Hermine nachdenken konnte, ging die Tür wieder auf und die Schüler der dritten Klassen kamen schnatternd herein. „Klappe halten und setzen", fuhr ich sie direkt an und beobachtete mit Genugtuung, wie sie über ihre eigenen Füße stolperten, während sie eilig versuchten, zu ihren Plätzen zu gelangen.

*******************

Endlich konnte ich den lästigen Kindern entkommen. Wieso ich nach dem Krieg noch immer unterrichtete, war selbst mir ein Rätsel. Zumindest bis ich Granger zusammen mit Potter und der kleinen Weasley sah. Sie war der einzige Grund, dass ich noch hier war, warum ich mir diese Tortur antat und nicht irgendwo in einem Anwesen von Lucius, das er mir sicher zur Verfügung stellen würde, meine Forschungen weiter vorantrieb.

„Hast du es heute eilig, Severus?", fragte Minerva mich, als ich gerade aus der Großen Halle verschwinden wollte. „Ich habe noch etwas vor Minerva", antwortete ich ebenso misstrauisch, wie sie mich zuvor angesprochen hatte. Es war egal, wie oft Albus ihr sagen würde, dass ich alles auf seinen Befehl hin geschah. Sie würde mir nie vollkommen vertrauen. Vergessen sollte ich auch nicht, dass sie von der Prophezeiung wusste und es ihr gar nicht gefiel, dass gerade Lucius und ich die Männer im Leben ihrer kleinen Löwin sein sollten. „Muss ich mir Sorgen machen?" „Sorgen? Gewiss nicht, Schulleiterin", machte ich ihr klar, dass sie sich aus meinen Angelegenheiten rauszuhalten hatte. Sie verdrehte die Augen und seufzte schwer. „Severus ..." „Gute Nacht", unterbrach ich sie einfach und ließ sie hinter mir.

Dennoch war mir keineswegs entgangen, wie die neue Lehrerin mich mit ihren Augen verfolgte. Mit ihr stimmte etwas nicht. Meine Sinne hatten mich da noch nie getäuscht und jetzt würde es auch nicht anders sein. Doch was genau mit ihr war, wusste ich noch nicht, aber ich würde es auf jeden Fall herausfinden.


In Windeseile war ich zum Malfoy Manor appariert und betrat dieses, als wäre es mein eigenes Heim. „Lucius!", rief ich durch den großen Eingangsbereich, doch wie so oft kam keine Antwort von ihm. Zumindest nicht von ihm persönlich, viel mehr tauchte ein alter Hauself vor mir auf, der sich weit nach unten verbeugte. Granger würde einen Anfall bekommen, wenn sie Zeuge dieser Szene wäre. „Der Meister erwartet Sie in der Bibliothek, Sir", ließ der alte Elf mich wissen. Ohne ihn weiter zu beachten rauschte ich, mit wehendem Umhang, an ihm vorbei und die Treppe hinauf, in den zweiten Stock.

Lucius saß gelassen in einem alten Sessel, direkt vor dem Kamin und las ein Buch. „Hast du nicht vor, dich auf den Unterricht morgen vorzubereiten, Lucius?", hakte ich nach, während ich mich ebenfalls in einem Sessel niederließ und meinem alten Freund meine Aufmerksamkeit schenkte. Immerhin hatte ich einen Grund, warum ich hier war. „So wie du?", entkam es ihm neckend, mit einem mehr als arroganten Grinsen. Mehr als einmal hatte ich mir vorgestellt, wie ich ihm dieses Grinsen aus dem Gesicht schlug, hatte es jedoch - noch - nie getan. „Was bringt dich zu mir, Severus? Hätte es nicht bis morgen warten können?", wollte er wissen und legte das Buch neben sich auf dem Beistelltisch ab. Er griff nach dem Glas, das ebenfalls dort stand und nahm einen großen Schluck. Wahrscheinlich handelte es sich um Elfenwein oder Feuerwhisky.

The Lioness Among The SnakesWhere stories live. Discover now