4. Missgunst

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Als ich aufstand, war Petra bereits nicht mehr in ihrem Bett. Ich hörte Stimmen, die von unten zu kommen schienen. In Windeseile zog ich mich an und stolperte die Treppe hinunter.

"Du hast es also auch mal geschafft, aufzustehen" ,meinte Levi, der gemeinsam mit dem gesamten Trupp im Raum stand. Alle hatten Besen oder Lappen in den Händen. Einige von ihnen trugen Schürzen oder Tücher am Kopf. Ich sah mich im Raum um. Er war immer noch so sauber, wie ich ihn in den letzten Tagen empfunden hatte.
"Ernsthaft?" ,fragte ich eher scherzend. Ein nervöses Murmeln ging nun von meinen Kameraden aus. Irgendetwas stimmte hier nicht.
Levi zog die Augenbraunen zusammen und kam auf mich zu. Mir tief in die Augen schauend, sagte er:
"Ich hätte dich wohl eher gestern fragen sollen, ob das dein scheiß Ernst war." Mir wurde heiß. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Er drückte mir den Besen entgegen. "Ich bin in einer Stunde zurück. Bis dahin seid ihr fertig!" ,wandte er sich nun an alle und verließ das Haus.

Zwei Männer kamen, während Petra und Eld bereits putzten, auf mich zu.
"Wir müssen uns noch vorstellen. Ich bin Gunther Schultz und dies ist Auruo Bossard. Wie du sicherlich schon gemerkt hast, gehören wir ebenfalls zur Spezialeinheit" ,erklärte der Braunhaarige.
"Schön euch kennenzulernen" ,sagte ich.
"Dein Ernst?" ,unterbrach mich Auruo. "Es sollte dir eine Ehre sein, nachdem wir dich so lange bewacht haben!"
"Auruo, hör auf den Gefreiten ständig nachzumachen. Das ist peinlich." rief Petra, die bereits ein Fenster polierte. Ich lachte laut auf. Kurz zögernd, begann ich ebenfalls mit dem Fegen oder dem Tuen-als-ob, immerhin erkannte ich noch immer nichts, was es zu reinigen gab.


Wie angekündigt kehrte der Gefreite nach ca. einer Stunde zurück. Der Trupp stand an einer Wand versammelt und erwartete sein Urteil. Levi bewegte sich langsam durch den Raum und strich mit seiner Hand über den Tisch. Prüfend wischte er diese in einem Tuch ab und sah dann zu uns.
"Es ist in Ordnung. Gebt euch nächstes Mal mehr Mühe! Die Stuhlflächen sehen nicht abgewischt aus. Ihr könnt heute einige Besorgungen in der Stadt machen, um euch noch einmal vorzubereiten. Wir werden in zwei Tagen auf eine Mission gehen."
"Jawohl" ,rief der Trupp aus. Levi kam zu mir und winkte Petra zu uns.
"Petra, du solltest -dN- die nötigen Läden zeigen, sodass sie sich einige grundlegende Sachen kaufen kann. Hier ist das Geld dafür." Levi gab mir ein Säckchen mit Münzen. "Es ist dein Sold" ,fügte er noch hinzu und ging dann die Treppe hinauf. Ich sah ihm nach, doch Petra riss mich aus meinen Gedanken.
"Lass uns gehen!" ,meinte sie. Zustimmend grinste ich - ein kleiner Einkauf würde mich sicherlich auf andere Gedanken bringen.

Einige Zeit später schritten Petra und ich über den Marktplatz. Die Stände waren gefüllt mit Obst und Gemüse, einige boten Brot und Fleisch.
"Ich zeige dir eine tolle Schneiderin" ,meinte die junge Frau, während ich ihr folgte. Wir gingen in eine Seitengasse, in welcher kleine Lädchen ansässig waren.
"Perta, warte! Ich möchte hier rein." ,unterbrach ich ihre Route. Ich zeigte auf eine Seiferie, welche auch Cremes und eine Art Parfum anboten. Petra stimmte zu und betrat mit mir den Laden. Ein blumiger Duft kam uns entgegen. Er erinnerte mich an den Frühling - Tage, an denen ich gemeinsam mit Lina im Gras lag und lachte. "Ein angenehmer Duft" ,sagte ich leise und schaute mir einige Seifen an.

"-dN- , wie wäre es mit Lavendel?" Petra hielt mir ein lila Stück Seife entgegen. Ich nahm es und roch daran.
"Mmmmh. Herrlich" ,stimmte ich zu und behielt es in der Hand. An einem Regal mit kleinen Fläschchen angekommen, kam eine alte Dame auf mich zu.
"Suchen sie nach etwas bestimmten, junge Dame?" Ich überlegte kurz und nahm eines der Gläschen an mich.
"Haben sie etwas mit Lavendel, nicht zu schwer vom Geruch her, sondern eher leicht, sommerlich, vielleicht etwas süß?" Sie lächelte.
"So eine spezielle Vorstellung, mein Kind. Für wen ist es?"
"Für mich" ,entgegnete ich ihr.
"Nun, so meinte ich das nicht...." ,sagte sie und hielt mir ein Fläschchen hin. "Lavendel und Nachtkerze, mit einem Hauch Vanille. Süß und unschuldig wie eine sommerliche, beginnende Nacht. Es wird ganz sicherlich wunderbar mit eurem Duft harmonieren."
"Oh, vielen Dank. Dann nehme ich es. Was darf ich euch dafür geben?" ,fragte ich und begann unsicher in meinem Geldsäckchen zu wühlen.
"Nein, nein. Ich schenke euch das Fläschchen. Probiert es aus, ob es ihm gefällt. Für die Seife bekomme ich einen Silberling." Ich gab der freundlichen Frau den Silberling und verbeugte mich zum Dank. Leicht unsicher verlies ich das Geschäft.

"Wundervoll" ,dachte ich mir, "selbst eine Fremde merkt es mir an....." Ich steckte das Fläschchen und die Seife nervös weg und seufzte. Ein Kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus. Verlegen blickte ich zum Boden und fühlte in mich hinein. Wahrscheinlich war es schon länger dort, doch die Aussage der alten Dame hatte mich es erst bemerken lassen. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich mich anscheinend auf Anhieb in den Gefreiten verguckt hatte und wahrscheinlich unbewusst bereits nach ihm geierte. Ich packte mit meiner Hand an meine Stirn. Peinlich und kindisch – das waren die ersten Worte, die mir dazu in den Sinn kamen. Unprofessionell – ein weiteres, welches ich angestrengt herunterschluckte, um den Druck in mir abfallen zu lassen. Ich sah hinauf zu den Wolken, erinnerte mich an jene Männer, die ich mal geliebt, mal auch nur ausprobiert hatte und fragte mich, wie es auf dieser Insel sein würde. Wie waren die Menschen hier und wie empfanden sie? Das war nur einer der Gedanken, die in mir aufkamen, als ich erkannte, dass mir so etwas Dummes schon ewig nicht mehr passiert war.

Grenzen vergessen Levi x ReaderWhere stories live. Discover now