72. Wollen

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Bitterkeit – dieser Geschmack wollte nicht weichen. Schmeckte er es nicht? War es meine Einbildung? Ich schluckte schwerfällig, als sich unsere Lippen voneinander lösten. Meinen Mund presste ich zusammen. Levi seufzte. Er beobachtete mein Verhalten. Langsam strich er durch mein Haar, um dann mein Gesicht leicht anzuheben. Er starrte in mich hinein. Wahrscheinlich suchte er in mir die Worte, die er benötigte, um mir Zuversicht zu geben. Die Worte, die meine Zweifel auflösen könnten. Doch er würde sie nicht finden. Mein Geist war verstummt. Ich blickte in seine Augen. Jetzt, als ich mich beruhigt hatte, erkannte ich die Müdigkeit in ihnen. Jetzt, als ich es akzeptiert hatte, wusste ich – nein, sah ich - wie es auch an ihm zerrte. Ich atmete tief durch. Sein Duft verdrängte den Geruch, den ich eben noch in der Nase gehabt hatte. Vorsichtig strich ich an seinem Oberköper entlang, fühlte seine Muskulatur durch das Hemd und erblickte ein blaues Schimmern. Es war hinter ihm – kaum sichtbar und dennoch da.
Würde ich es rückgängig machen, wenn ich könnte? Diese Frage drückte sich plötzlich in meinen Kopf hinein. Das Schimmern wurde stärker. Würde ich dieses Missgeschick verhindern, um uns diese Last zu nehmen? Ich musterte Levis Nase, seine zarten Lippen und die feinen Gesichtszüge. Auch er war ein Missgeschick gewesen. Er war noch nicht einmal aus Liebe oder gegenseitiger Lust entstanden. Ich seufzte. Dieser Mann, den ich liebte, war ein Bastard. Ein Hurensohn. Jemand, der niemals von seinem Vater gesucht wurde. Niemals erwünscht war. Niemals hätte er geboren werden sollen. Und dennoch hatte sich seine Mutter für ihn entschieden und ich war dankbar dafür. Ich griff in Levis Gesicht. Er schloss seine Augen. Mein Herz verlor diese Schwere, die es so lange zusammengedrückt hatte. Der blaue Schimmer hinter ihm verschwand.
Nein – ich würde die Zeit nicht zurückdrehen wollen. Jeden Moment, den ich mit ihm erlebt hatte, wollte ich nicht missen. Keinen Kuss, keine Berührung und keine Hingebung bereute ich.
„So wird es auch mit diesem Kind sein...." dachte ich und zog an seinem Schal. Ich wollte ihn - wollte den Trost in ihm finden und mich daran bereichern. Ich wollte mich seiner Gier nach mir vergewissern – wollte den Schmerz in mir spüren, wenn er sich nicht zurückhielt. Ich verlangte nach dem Beweis, dass er mein war. Fast schon grob zog ich den Stoff von seinem Hals und griff nach seinem Hemd. Ich riss die Knöpfe auseinander und biss in seine Brust. Sein Aufstöhnen – es klang widerwillig. Behutsam drückte er mich ein wenig weg und sah mich skeptisch an. Unsicher presste ich meine Lippen zusammen. Kurz hielt ich inne, doch dann sagte ich es:
„Ich will dich wie letztes Mal... so das es weh tut..." hauchte ich. Allein der Gedanke daran, ließ meinen Schoss kribbeln. Levis Augen weiteten sich. Er biss die Zähne zusammen und trotzdem zog er sein Hemd aus.
„Keine weiteren Bisse!" zischte er, während er mein Gesicht in seinen Händen hielt und daraufhin seine Zunge in meinen Mund drückte. Ich sog sie in mich hinein – sie und seinen Geruch. Meine Hände glitten über seinen Rücken, an seiner Hüfte entlang bis zu seinem Gürtel, den ich öffnete. Levi löste unseren Kuss. Er sah an mir herab und knöpfte meine Bluse auf. Langsam – so als zeigte er mir, wie viel Geduld man dabei haben konnte. Ich seufzte laut. Er lächelte.
„Geht es dir nicht schnell genug?" Ein Grinsen überkam mich.
„Du bist ein Idiot..." stöhnte ich heraus. Seine Zunge glitt über meine Brust und ließ mich erhitzen. „Levi..." klagte ich schon fast und öffnete meine Hose. Er wusste genau, was ich wollte und trotzdem sah er fragen zu mir auf, als er vor mir kniete. Dieser Blick – er war wie der letzte Sonnenstrahl, der ein trockenes Feld in ein Flammenmeer verwandelte. Ich brannte bereits lichterloh. Seine Zunge – sie kühlte meinen Schoss, doch gleichzeitig erhitzte sie meinen Geist. Ich lehnte mich mit meinem Rücken an die kalte Wand. Suchte nach allem, was verhinderte, dass ich verglühte, obwohl ich ihm meinen Schoss entgegenstreckte.
„Levi, stopp!" seufzte ich, als die Lust mich beinah fortriss. Er küsste meinen Bauch und stand auf. Ohne ein weiteres Wort entkleidete er sich und ich drehte mich zur Wand, um ihm zu zeigen, wie ich es wollte. Levi stöhnte als er meinen Po berührte und in mich eindrang. Er lehnte an meinen Körper und griff in mein Gesicht, um es zu betrachten. Wir sahen uns an, begannen unseren Rhythmus zu finden – langsam aber fest – und ich empfing den Schmerz, der sich in meinem Schoss ausbreitete und mich benebelte. Mein Geist entfernte sich. Meine Wahrnehmung verschwamm. Ich sah, hörte und fühlte nur noch ihn. Nur noch ihn und seine Lust, Liebe oder was auch immer es war. Sein Stöhnen wurde lauter und ich schrie auf, während er immer fester in mich hineinstach. Seine Finger drückten sich in meinen Mund und brachten mich zum Schweigen. Ich spielte mit ihnen, ließ meine Gier an ihnen aus, bis er sie mir entriss, um sie in meinen Schoss zu reiben. Ein Schauer durchfuhr mich. Die Entspannung überwältigte mich. Ich stöhnte seinen Namen, als gäbe es nur noch dieses eine Wort in meiner Welt. Meine Augen suchten seinen Blick. Sie trafen sich, während seine Lust mir entgegentropfte. Und dann – ganz tief in ihnen verborgen – sah ich seine Gier, die kurz aufblitzte, bevor er seinen Kopf auf meine Schulter lag und meinem Blick auswich. Ein erleichtertes Seufzen überkam mich.
„Ich liebe dich." sagte ich.
Mein Rausch klang ab und meine Wahrnehmung kehrte zurück. Doch unsere Körper ließen einander nicht los. Diese Nacht endete nicht jetzt. Diese Lust nicht in diesem Moment. Ich drehte mich zu ihm um und küsste ihn. Er wusste es genauso wie ich. Wir brauchten mehr, um uns zu beweisen, dass wir zusammengehörten – mehr Berührungen, mehr Lust, mehr von allem – und wir würden uns diese Gründe geben, bis unsere Gier vollkommen gestillt war.

Grenzen vergessen Levi x ReaderWhere stories live. Discover now