33. Wille

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"Eine versteckte Falltür. Eren und der Feind sind sicher da unten." erklärte Hanji als wir gemeinsam in der kleinen Kirche mitten im Wald standen. Bereits bei unserer Ankunft hatte ich mich gefragt, wie solch ein auffälliges Gebäude so lange unentdeckt geblieben sein konnte. Noch mehr wunderte mich, dass keiner meiner Kameraden diesen Ort zu kennen schien. Ein kleines Versteck im Wald war also ausreichend, einen militärischen Trupp wie uns hinters Licht zu führen. Es war deprimierend.
"Also Leute, bereit euch die Hände schmutzig zu machen?" fragte Levi. Der Elite- sowie der Offensivtrupp stimmten zu. Ich blickte in die entschlossene Gesichter meiner Kameraden. Jeder von uns war sich im klaren, welche Gefahren auf uns zu kommen konnten, doch wir alle hatten ein Ziel: Historia und Eren mussten gerettet werden und zwar um jeden Preis. Hanji grinste.
"Dann schmeißen wir mal unsere kleine Überraschung hinein." sagte sie und rollte ein Holzfass zur Öffnung. Es war mit Rädern zu einer Art selbstfahrender Bombe konstruiert worden. Eine perfekte Waffe für einen geplaneten Hinterhalt. Hanjis Einfallsreichtum konnte sich sehen lassen. Levi öffnete langsam die Falltür. Mit einem Tritt beförderte die Braunhaarige den Behälter hinunter, welcher uns den Weg in die Höhle zeigte. Nacheinander sprangen wir durch die enge Öffnung: Erst Hanji, dann Levi und seine Leute und zum Schluss mein Team, welches ich anführte. Wir kamen in eine Höhle, die wie eine aus Glas gebaute Halle erschien. Sie war wundervoll glänzend und schimmerte. Einige Säulen befanden sich dabei mittig im Raum platziert und hielten den Hohlraum stabil. Sie wirkten unglaublich zerbrechlich. Solch einen mysteriösen Ort hatte ich noch nie zuvor gesehen. Er war wundervoll und angsteinflößend zugleich. "Angriff!" rief Hanji lautstark. Sasha sprang zur Seite und schoss mit einem brennenden Pfeil auf das rollende Fass. Es explodierte und gab den Startschuss für unser Vorgehen. Eine dichte Rauchwolke entstand und bot uns den Schutz, den wir nun brauchten. Levi, Mikasa und ich sprangen in sie hinein und bewegten uns schnellstmöglich zum anderen Ende des Raumes. Unsere Gegner schienen überfordert. Es waren einige unsichere Rufe, die ihre Position verrieten. Levi sah sich um.
"Es sind 35. Sie haben sich auf den Säulen vor euch verteilt, knapp unterhalb der Decke. Angriff fortsetzen!" rief er dem restlichen Trupp zu. Sie standen noch immer am Eingang der Höhle und zogen nun ihre Schwerter. Der Kampf sollte nun beginnen.

Ich drehte mich um und suchte aufgeregt die Höhle ab. Auch Kenny musste hier irgendwo sein. So früher wir ihn entdecken würden, desto besser war unsere Chance ihn auszuschalten. Doch egal in welche Ecke ich sah, ich konnte ihn nicht finden.
"Verdammt." fluchte ich und schoss meinen Haken an einer der Säulen. "Wenn er sich nicht zeigt, müssen es eben Andere sein." dachte ich. Mit meinem Dolch in der Hand zog ich mich an die äußerste Säule und umkreiste diese. Da waren sie: Die zwei Nächsten, denen ich die Kehle aufschneiden würde. Wer waren sie wohl? Vielleicht einfache Soldaten? Oder doch liebende Väter, die sehnsuchtsvoll in ihrem Zuhause erwartet wurden? Am Ende war es egal. Für uns hieß es, sie oder ich und ich war diejenige, die diese Entscheidung fiel. Ich katapultierte mich direkt zwischen ihnen und sah in die erschrockenen Augen. Die Klinge zog an ihnen wie eine Libelle vorbei - unverhersehbar und rasch. Präzise öffnete ich ihre Hälse und starrte in den Schlund meiner Opfer. Das Blut sprießte empor. Sie spuckten es wie zwei Skulpturen eines Brunnens - gleichmäßig pulisierend. Es erschauderte und erfreute mich zu gleich. Ein Gefühl, welches ich immer öfter empfand. Was war das in mir, was mich so kalt zu den Toten blicken ließ? War es Hass? War es Rache? Oder war es bereits der Wahn, der sich in mir ausbreitete? Ich seufzte. Vielleicht war es das, was auch Erwin zu dem machte, was er war: Ein kaltes Monster.

"Abteilungsführerin Hanji!" Die Schreie meiner Kameraden holten mich in die Wirklichkeit zurück. Wie lang stand ich bereits neben meinen Opfern? War ich gedanklich weggetreten? Ich sah hinab und erblickte sie. Hanji lag verletzt auf dem Boden. Sie rührte sich kaum.
"Armin, kümmere du dich um Hanji!" befahl Levi und verfolgte unsere Gegner. Der blonde Jugendliche eilte zu ihr.
"Jens, unterstütze Armin!" schrie ich.
"Jawohl." hörte ich aus dem Nebel heraus und entdeckte, wie er sich bereits auf dem Weg machte. Ich schwang mich ebenfalls wieder in die Luft und entdeckte ihn: Kenny lief seelenruhig an der Wand entlang und schien sich vom Kampf entfernen zu wollen. Was hatte er vor? Ich biss auf meine Zunge. Konnte ich mich ihm stellen? Ich schüttelte den Kopf. Es ging nicht darum, es zu können, sondern darum es zu wollen und ich wollte es unbedingt. Er sollte büßen für all das, was er getan hatte.
"Auruo, Basti, unterstützt weiter den Elitetrupp! Befolgt die Befehle des Gefreiten!" rief ich und ließ mich zurückfallen. "Es tut mir leid...." dachte ich innerlich. Ich wusste, dass ich es Levi hätte sagen müssen. Doch sein Trupp brauchte ihn jetzt und ich konnte ihn nicht ersetzen. Am Ende sei es besser so, redete ich mir ein. Doch ganz tief in meinem Bewusstsein wusste ich es besser. Es war mein purer Egoismus, der mich dazu zwang, mich diesem Mann zu stellen.

Grenzen vergessen Levi x ReaderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt