30. Wenn Verzweiflung die Lust küsst

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Ich stöhnte leise. Ein Schmerz durchzog meine Hüfte und bahnte sich seinen Weg bis zu meinem Bauchnabel. Schlapp lehnte ich an einer Hauswand und starrte auf meine Beine. Sie waren kraftlos und kribbelten. Meine Arme ließ ich hängen, sodass sie auf dem Boden in einer lauwarmen, klebrigen Flüssigkeit lagen. Ich sah hinab, sah auf den Boden. Dort war überall Blut - mein Blut.
"Scheiße..." fluchte Levi. Er hockte neben mir und drückte mit seinem Tuch gegen die verletzte Stelle an meiner Hüfte. Sein Blick war angsterfüllt. Ich starrte ihn an. Wie lange saß ich schon hier? Mein Sichtfeld flackerte. Ich seufzte und lehnte den Kopf an die Wand, um mich zu entlasten. Der Himmel begann sich zu drehen - ganz leicht, als wäre ich in einem Karusel. Levi fasste meinen Kopf mit seinen Händen. Sie fühlten sich warm auf den kalten Wangen an. Erst jetzt spürte ich, wie ausgekühlt ich bereits war. "Du musst wach bleiben!" sagte er und sah mir tief in die Augen. Sein Gesicht war meinem so nah, doch mein Körper war nicht im Stande Aufregung oder gar Lust zu empfinden. "Scheiße...." fluchte Levi erneut. Er hob vorsichtig meine Bluse an, riss dabei das getrocknete Blut zwischen mir und dem Stoff ab und entblößte die Wunde. Der Schmerz - er fühlte sich reißend, dann stumpf an. "Ein Durchschuss...." flüsterte er. Ich reagierte nicht. Nur meine Augen folgten seinen Bewegungen und beobachteten ihn. Er sah sich prüfend um. Weder Gegner noch Verbündete waren in der Nähe. "Wir müssen dich versorgen lassen!" sagte Levi nun zu mir. Er legte das bereits mit Blut durchnässte Tuch auf meine Verletzung. Etwas anderes hatte er nicht. Dann hob er mich vorsichtig hoch, sodass ich halb an ihn lehnend stand. Meine durchtränkte Bluse drückte gegen seinen Pullover und hinterließ einen dunkelroten Abdruck. "Kannst du dich wenigstens festhalten? Wir müssen schnell vorankommen." äußerte er. Ich nickte und lag meine Arme um seinen Hals. Kraftlos hingen sie an ihm entlang - zu mehr war ich nicht im Stande. Meinen Kopf ließ ich auf seine Schulter fallen und stupste mit meiner kalten Nase an seinen warmen Hals. Er zuckte zusammen, doch wich er nicht aus. Sandelholz - ich atmete seinen Duft ein. Es weckte in mir die Erinnerungen. "Es ist immer das Gleiche mit dir...." sagte er. Seine Stimme klang unsicher und traurig - warum nur? Ich spürte, wie er mich hielt und in die Luft abhob. Ich hörte, wie die Haken sich in die Häuserwände drangen und wie einige Vögel aufgebracht schrien, als wir an ihnen vorbeirauschten. Doch ich sah nur noch Lichter und einige schwarze Flecken. Nichts war mehr klar. Alles schien so weit weg und dennoch fühlte ich diese Wärme, die sich immer stärker an mich drückte.

In einem warmen Bett wachte ich auf. Eine weiße Decke war über mich gelegt und eine Kerze schien auf dem Nachtschrank, der neben mit stand. Ich sah zum Fenster. Es war bereits dunkel.
"Ah, du bist wach." sagte Hanji. Sie saß auf einem Holzstuhl neben meinem Bett. Seit wann war sie in Trost? Langsam setzte ich mich auf. Ich war verwundert. Die Braunhaarige griff nach mir, doch ich zeigte ihr mit einer Handbewegung, dass ich keine Hilfe wollte.
"Wo sind wir?" fragte ich und zog die Decke runter, um meine Wunde zu überprüfen.
"In der Taverne TrinkSchwein. Wir haben Kontakte zu dem Wirt. Er hat uns einen Großteil seiner Zimmer vermietet und hilft uns." erklärte Hanji. Ich nickte nur. Mit meiner Hand berührte ich den Verband. Er war sauber angelegt und schien zu tun, was er sollte.
"Hast du frische Kleidung für mich?" fragte ich. Hanji stand erzürnd auf.
"Bist du von allen guten Geistern verlassen? Du musst dich ausruhen. Levi meinte, dass du Unmengen an Blut verloren hast. Als er hier ankam, war er selbst vollkommen durchtränkt." Ich sah sie erschrocken an. Er hatte mich getragen, daran konnte ich mich erinnern. Doch ab einen bestimmten Moment war keine Erinnerung vorhanden.
"Hanji, unsere Feinde haben sehr starke Soldaten. Wir können uns nicht erlauben, rumzuliegen." meinte ich. Ich stand auf. Ganz langsam bewegte ich einen Fuß nach dem Anderen und testete, in wie weit mein Körper reagierte. Ich fühlte mich schwach - fast schon vollkommen fertig, aber mein Kreislauf schien in Ordnung. "Ich brauche nur etwas zu essen und zu trinken, dann bin ich schnell wieder fitt." Ich lächelte. Meine Kameradin gab auf.
"In Ordnung, komm mit. Ich gebe dir Kleidung und dann gehen wir was essen."

Grenzen vergessen Levi x ReaderWhere stories live. Discover now