12. Wut und Lust

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Bei der Taverne angekommen trafen wir Petra, Aurou, Eld und Gunther wieder. Wir begrüßten einander freudig. Ich war froh wieder bei ihnen zu sein.
"Oh, das ist also dein neues Pferd. Hoffentlich hast du damit mehr Glück." sagte Aurou spöttisch.
"Oh Aurou....." gab Petra nur von sich. Ich lachte laut los. Es war, als würde ich Petras Gedanken lesen können. So gut kannte ich sie bereits nach dieser kurzen Zeit und das machte mich glücklich.
"Sattelt auf! Wir werden ein Gebäude außerhalb der Stadt als Quartier nutzen. Eren, du kannst dieses Pferd für den Ritt nutzen." Levi zeigte auf einen hellbraunen Hengst, der vor der Taverne angebunden war. Alles schien bereits vorbereitet. Erwin hatte wieder einmal einen Plan.
"Was hat er bloß vor?" fragte ich mich und setzte mich auf Wolke. Wir verließen die Stadt Richtung Süden. Nicht weit von Mitras entfernt lag eine kleine Burg. Kaum befestigt und dennoch ausreichend für die Einquartierung einiger Soldaten. Auf dem Gelände angekommen, diskutierten Petra und Aurou energisch. Ich sah verwirrt zu den Beiden, wurde jedoch von Gunther beruhigt:
"Lass die Zwei mal! Petra muss Aurou nur mal wieder zurechtstützen."
"Also ist das öfters so?" fragte ich etwas verdutzt. Gunther schüttelte den Kopf.
"Nein, aber seit kurzem." Er zwinkerte mir zu. Waren Aurou und Petra ein Paar oder zumindest interessiert aneinander? Ich hatte nichts dergleichen bemerkt, aber das musste nichts bedeuten.
"Wie war es bei deinem Freund?" fragte ich Gunther während wir unsere Pferde im Stall versorgten. Mein Kamerad war vo meinem Interesse freudig überrascht und erzählte von dem wunderbaren Treffen. Er war sichtlich glücklich mit diesem Mann. Ich beneidete ihn schon fast, gönnte ihm aber sein Glück - immerhin war auch er mein Freund.

Plötzlich rief Levi uns auf den Hof zusammen. Ich ahnte nichts Gutes als ich neben ihm Eimer, Besen und andere Putzutensilien entdeckte.
"Eld und -dN- übernehmen die Eingangshalle und die Küche! Gunther, Petra und Aurou, ihr werdet das Bad unten sowie die zwei Schlafräume rechts reinigen! Eren, du wirst mit mir den Flur und die restlichen Schlafräume im zweiten Stock herrichten. Wir sollten vor Sonnenuntergang fertig sein!"
"Jawohl." rief das gesamte Team. Eren blickte verdutzt von einer Person zur Anderen. Ich musste ein wenig lachen. Ja, genau so hatte ich mich auch gefühlt, als ich das erste mal die Putzaktion des Gefreiten miterlebt hatte. Daran musste sich wohl jeder einmal gewöhnen.
Eld und ich putzten im Akkord. Ich schruppte die Küche als würde mein Leben davon abhängen. Ob Stühle, Tische oder den Boden - alles wurde poliert. "Woher hat er wohl diesen Putzfimmel?" fragte ich mich, als ich auf den Fließen knieend wischte. Die Erkenntnis überkam mich plötzlich. Ich sah erschrocken auf. "Die Unterwelt....." dachte ich. Ich hatte den Dreck und die Menschen in ihren Lumpen dort gesehen. Ich hatte sie gerochen. Wer dort gelebt hat, musste um jede Hygiene kämpfen und sicherte sich dabei den Schutz vor Krankheiten. "Grade deswegen müsste er doch etwa dagegen tun...." flüsterte ich.
"Wer müsste was tun?" unterbrach mich Levi. Ich sah erschrocken zu ihm auf.
"Ähm...."
"Kann es sein, dass dich seit heute Morgen irgendetwas beschäftigt? Dein gedankenvolles Starren ist kaum mitanzusehen....." Ich schluckte."Eld, gehe und helfe Eren oben mit dem letzten Raum!" sagte der Gefreite zu dem blonden Mann, welcher diesem Befehl Folge leistete. Dann setzte sich Levi an den Tisch und zeigte auf den Stuhl gegenüber von ihm. Er berührte die Tischkannte mit seiner Hand und wischte diese an seinem Tuch prüfend ab.
"Gute Arbeit, -dN-. Das ist eine zufriedenstellende Sauberkeit."
"Danke." Ich zog mir meine Putzhandschuhe aus, setzte mich wie verlangt und seufzte. Die Situation war mehr als unangenehm. Was sollte ich bloß sagen?
"Und nun sagst du mir, was dich beschäftigt. Ich kann dir nicht vertrauen, wenn du die ganze Zeit in Gedanken bist. Ich muss mich auf deine Konzentration und dein Können in der nächsten Mission verlassen können." Levi sah mich konzentriert an. Ihm schien das Ganze sehr ernst zu sein. Wahrscheinlich hatte er Recht. Momentan beschäftigte mich das Gesehene immer wieder so sehr, dass ich mich in Gedanken verlor. Besonders im Kampf könnte dies ein Nachteil sein, vielleicht sogar eine Gefahr darstellen. Ich atmete tief durch.
"Ich war heute Morgen in der Unterwelt....... Man hatte mir davon erzählt und ich wollte sie mit eigenen Augen sehen....Aber das was ich sah, geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich kann es einfach nicht verstehen, warum niemand sich für diese Menschen einsetzt. Weder Erwin noch du noch irgendwer anderes, der im Militär etwas zu sagen hat, scheint auch nur an diese Menschen zu denken." Ich schimpfte. Die Menschen, die ich heute gesehen hatte, sie hatten sich in meinen Kopf gebrannt. Die Gesichter. Die Augen. Die Verzweiflung. Viele von diesen Menschen hatten die Hoffnung bereits lange verloren.
"Ich schätze, es interessiert keinen. Aber wer hat dir davon erzählt?" fragte Levi. Ich hatte es erkannt, dieses kurze zucken in seinen Augen. Er antwortete ruhig, aber dieses Thema ließ ihn nicht kalt. Ich ignorierte die Frage.
"Ach ja, es interessiert keinen? Da herrscht keine Armut wie in anderen Ländern. Da herrscht nur noch Verzweiflung. Das ist dort wirklich das Letzte."
"Ich weiß."
"Und warum tust du dagegen nichts? Grade du müsstest doch daran ein Interesse haben, dass die Menschen dort anders leben!" Der Gefreite horchte auf. Er stand auf und stützt seine Hand auf den Tisch, um sich mir zu nähern.
"Von wem hast du die ganzen Informationen?" Sein Ton war nun schroff. Ich zuckte ein wenig zusammen.
"Der Vizekommandant hat es mir erzählt." antwortete ich etwas zurückhaltend. Ich musste aufpassen, nicht zu weit zu gehen. Seine Grenze nicht zu überschreiten und trotzdem wollte ich ihn reizen, um mehr über ihn zu erfahren.
"Du weißt also, dass ich diese Situation selbst kenne und wagst es trotzdem, mir Untätigkeit vorzuwerfen?"
"Man muss dagegen etwas tun, Levi. Ich....." Levi unterbrach mich:
"Dessen bin ich mir bewusst. Doch weder als Kommandant noch  als Gefreiter kann man viel ausrichten, -dN-. Man braucht Zeit und Einfluss, um diese Zustände zu ändern. Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du nicht sehr zögerlich bist. In dieser Sache wäre das aber mehr als angebracht." Ich schüttelte den Kopf:
"Nein, desto früher man eingreift, desto mehr Menschen kann man noch retten." Ich sah zu Levi hinauf. Stritten wir grade? Meine zu Fäusten geballten Hände drückte ich in meine Oberschenkel. Levi griff sich ins Haar und sah zur Decke.
"Nicht, dass es mir nicht gefällt, aber du hast eine verdammt große Klappe. Manchmal solltest du dich zurückhalten! Auch vor mir!" Ich senkte meinen Kopf. Ich war emotional aufgewühlt. Grade jetzt wollte ich diese Anspielung nicht hören. Er kam auf mich zu, stellte sich direkt vor mir und fragte leise:
"Weißt du, wie sehr mich deine Wut reizt? Was willst du jetzt tun?" Ich sah zu ihm auf. Er hatte sich leicht zu mir hinuntergebeugt. Sein Gesicht war meinem extrem nah gekommen, sodass ich seinen Atem spüren konnte. Meine Gedanken kreisten. "Will er mich etwa......?"
"Küssen....?" hauchte ich errötet. "Schließ deine Augen!" forderte er. Seine Nase berührte ganz leicht meine. Ich tat es und spürte im nächsten Moment seine zarten Lippen zurückhaltend auf meinen liegen. Ganz vorsichtig drang er mit seiner Zunge in meinen Mund und spielte mit mir. Ich fasste an seine Schulter, umspielte seinen Hals und zog ihn noch näher an mich heran. Sein Kuss wühlte mich mehr und mehr auf. Er erkannte meine Lust und drückte sein Knie zwischen meine Beine. Mit seiner Hand griff er in mein Gesicht, um mir seine Zunge noch tiefer hineinzuführen. Meinen Kopf in den Nacken gelegt, atmete ich tief durch die Nase ein. Sein Duft umwarb mich. Lustberauscht drückte ich mich gegen sein Bein und stöhnte leicht auf. Wenn es so weiter ginge, würde ich mich vollkommen hingeben und ich wollte es. Ich wollte ihn. Doch plötzlich holte uns ein lauter Knall in die Realität zurück. Levi sprang sofort von mir weg und sah in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Ich, noch leicht benebelt, schaute etwas verdutzt drein.
"Ich sehe nach, was draußen los ist. Du solltest oben mit Petra dein Zimmer beziehen!" meinte er leicht abweisend.
"Okay." kam es nur leise aus meinem Mund. Ohne ein weitere Wort zu sagen, stand ich auf und ging gradewegs hinauf. Ich fasste mir an meine Lippen. Dieses lustvolle Gefühl war immer noch auf ihnen zu spüren.

Grenzen vergessen Levi x ReaderWhere stories live. Discover now