19. Ein Grund zur Ablehnung

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Mit leichten Kopfschmerzen begrüßte ich den Sonnenaufgang. Schon lange ging es mir am Morgen nicht mehr so schlecht. Ich weckte mühevoll meinen Trupp. Zu meiner Überraschung waren diese fit und munter. "Wahre trinkfeste Krieger....." dachte ich und trottete mit ihnen den Gang entlang.
"Ah, der Offensivtrupp. Erwin und ich haben auf euch gewartet." Levi stand im Gang. Er trug wie wir seine Uniform. Der Einsatz würde also nicht lange auf sich warten lassen. Der Gefreite sah mich distanziert an. Es verunsicherte mich, doch gleichzeitig wusste ich, dass dieser Blick nicht viel bedeuten musste. Ich kannte mittlerweile die Art und Weise, wie er seine Gedanken verbarg. Ich blickte ihn zurückhaltend an. So viele Worte lagen auf meiner Zunge, doch ich konnte sie nicht aussprechen - nicht hier und nicht jetzt. Wir folgten Levi in das Büro und stellten uns um den Tisch in der Mitte des Raumes. Auch Hanji und ein Junge namens Armin waren anwesend. Er hatte eine Entdeckung gemacht, die er uns in den folgenden Minuten erklärte. Wie es aussah, hatten wir die Titanenwandlerin enttarnt.
"Wir werden sofort agieren!" befahl Erwin und erklärte uns den Plan. Ich staunte über sein Taktgefühl beim Vorgehen und stimmte dem Ganzen ohne Bedenken zu. Unser nächstes Ziel sollte Stohess sein.

Gemeinsam mit meinem Team bereitete ich unsere Aufgabe vor. Wir sollten verdeckt reisen und uns als Zivilisten in Stohess am "Überfall-Punkt" aufhalten. Dort wollten wir die Wandlerin je nach ihrem Verhalten festnehmen oder töten. Es lag also an ihr. Ich ließ mir ein Kleid, welches einfache Bürger in den Städten trugen, geben und bewaffnete mich darunter mit meinem Dolch. Auruo erhielt passend zu meiner Kleidung einen mittelmäßig gehobenen Anzug und bewaffnete sich unter dem passenden Mantel. Es war mehr als umständlich.
"Für euch haben wir Händlerkleidung. Ihr sollt einen Karren erhalten, in welchem unsere Ausrüstung gelagert ist. Wenn wir Glück haben, kann der ein oder andere diese noch im Kampf anlegen." erklärte ich Basti und Jens. Die Beiden nickten motiviert. Es war ihre erste große Mission in einem elitären Trupp. Wahrscheinlich sahen sie dies als Chance für sich, im Aufklärungstrupp an Bedeutung zu gewinnen.

Wir verließen die Kaserne und trafen den Elitetrupp im Hof.
"Melden uns zum Dienst." sagte ich konzentriert. Egal, was gestern zwischen mir und Levi gewesen war, ab jetzt musste ich funktionieren und meine Aufgabe vollumfänglich erfüllen. Das schuldete ich Eren und seinen Freunden, aber auch dem Gefreiten selbst.
"Wir werden uns auf den Weg machen. Auch eure Wagen stehen bereit." sagte Levi zu mir. Sein Blick war immer noch so distanziert wie am Morgen. Er schien genauso auf seine Aufgabe bedacht zu sein, wie ich es war.
"In Ordnung. Wir fahren sofort los und werden am Überfall-Punkt sein. Wo wirst du dich aufhalten, Levi?" Ich erinnerte mich an die Besprechung. Besonders er wurde zur Zurückhaltung aufgefordert, um die Wandlerin nicht einzuschüchtern und den Jugendlichen die Chance zu bieten, sie durch ihre Freundschaft und Kameradschaft in die Falle zu locken.
"Ich werde mich in der Nähe des Punktes aufhalten. Jedoch werde ich nicht sofort eingreifen können. Das müsst ihr übernehmen, -dN-." erklärte Levi. Ich nickte und sah zur Kutsche, welche mich und Auruo nach Strohess fahren würde. Levi drehte sich weg. Er ging bereits auf die Kutsche des Elitetrupps zu, als mich plötzlich diese Angst überkam. Ich sah Gunthers Partner vor mir und spürte die Gänsehaut, die mich auch gestern überkommen hatte.
"Was, wenn Levi vor meinen Augen sterben würde? Würde ich das aushalten?" dachte ich und griff, wie von meinen Gedanken gesteuert, nach seinem Ärmel. Er drehte sich um und sah mich mit weitgeöffneten Augen an. Sein Haar wehte im Wind. Sein Mund war leicht offen. "Pass auf dich auf!" flüsterte ich und blickte ihm in die Augen. Ganz tief in ihnen, weit hinter dem desinteressierten Blick, den er immer zeigte, sah ich es: Angst. Er sorgte sich, wieder und wieder Kameraden verlieren zu müssen und die Wahrscheinlichkeit dafür war in dieser Mission nicht grade gering. Im Gegenteil - wir gingen ein hohes Risiko ein. Levi sah zu meiner Hand, die immer noch an seinem Ärmel hing.
"-dN-, du musst mich schon loslassen...." sagte er leise. Ich errötete. In meinen Gedanken versunken, hatte ich die Zeit vergessen. Ich löste meine Finger aus dem Leder und zog meine Hand zurück. Schweigend sah ich dabei zu, wie er sich durchs Haar fuhr. Er überlegte und kam dann einen Schritt auf mich zu. Ganz leise und nur für mich hörbar, sagte er:
"Scheiße, -dN-. Genau deswegen kann ich nicht mit dir...."
"Gefreiter Levi, wir müssen los!" unterbrach ihn ein Kutscher. Wir sahen beide überrascht auf. Doch dann nickte Levi und ging zu seiner Kutsche. Ich seufzte. Hatte er mir grade einen Korb gegeben? Wahrscheinlich.....
"Er kann es deswegen nicht....." dachte ich traurig und ging zu meiner Kutsche, die daraufhin losfuhr.

Die Fahrt nach Stohess verlief reibungslos. Wir kamen wie geplant am Mittag an und wurden in der Nähe des Überfall-Punktes herausgelassen. Ich sah mich um. Stohess war eine Stadt, die Mitras sehr ähnelte. Beide Städte waren sehr sauber, reich und prunkvoll. Auruo und ich gingen ineinander eingeharkt die Hauptstraße entlang, um das Gelände abzusuchen. Die Bürger waren bereits evakuiert worden - hier liefen nur noch Soldaten in ziviler Kleidung herum und spielten ein Tagesgeschäft vor. Auch Basti und Jens waren dabei und standen mit ihrem Wagen vor einem Haus, um ihre Waren dort anzupreisen.
"Hoffentlich ist es überzeugend genug." flüsterte ich zu Auruo, als wir vor einem Laden stehen blieben und hineinschauten. Er nickte.
"Es muss funktionieren. Für Petra, Gunther und Eld....." Auruo senkte seinen Kopf. Der Anblick schmerzte mich. Ich klopfte ihm auf die Schulter.
"Wir werden sie rächen." flüsterte ich, um ihm Mut zu machen. Rache - war dies der richtige Gedanke? Ich wusste er nicht, aber mehr als das, konnte ich ihm in diesen Moment nicht versprechen.

Einige Zeit später sahen wir sie: Mikasa, Eren, Armin und die junge Frau namens Annie. Sie sollte es also sein - der weibliche Titan. Ich schluckte und versuchte, sie kaum zu beachten. Wie vereinbart gingen die vier Jugendlichen Richtung des Tunnels, in welchen sie den Feind locken sollten. Mein Herz klopfte. Die blonde Frau blieb vor dem Tunneleingang stehen und zögerte. Sie unterhielt sich mit ihren ehemaligen Kameraden. Anscheint diskutierten sie über die Situation. Das war kein gutes Zeichen.
"Die Leuchtrakete..." sagte Auruo plötzlich und zeigte zu dem Leuchtzeichen. Im gleichen Moment schrie ich meinen Befehl aus voller Kehle: "Zugriff!"


Grenzen vergessen Levi x ReaderDonde viven las historias. Descúbrelo ahora