25. Die Wand zwischen uns

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Es vergingen zwei Tage. Wir verteilten die Verletzten in Krankenhäuser und versuchten so vielen wie möglich zu helfen. Ich kümmerte mich dabei vor allem um Smith und all jene, die schwere Wunden davongetragen hatten, während Auruo Ärzte für leichte Behandlungen besorgte. Er war eine große Hilfe und ich verstand zum ersten Mal, was Petra an ihm gefunden hatte.
"Sie sind alle versorgt, -dN-." meldete er mir als ich ihn in der Kaserne traf. Dort hatte uns die Militärpolizei einige Räume zur Verfügung gestellt.
"Gut. Dann können wir wohl nur noch abwarten...." stöhnte ich und fügte hinzu: "Jens ist ebenfalls im Krankenhaus. So wie es aussieht, ist Bastian bei ihm, oder?" Auruo nickte. "Dann werde ich den Beiden wohl einen Besuch abstatten." sagte ich nun und verlies die Kaserne. Ich musste mit ihnen reden, egal ob es mir gefiel oder nicht - es war meine Pflicht als Anführerin des Offensivtrupps. Doch ich wusste nicht recht, wie ich reagieren sollte - immerhin hatte ich mich selbst mehrmals gegen meine Pflichten entschieden. "Eine Verräterin durch und durch....." dachte ich mir und senkte meinen Kopf. War das mein wahres Ich - meine Natur? 
"-dN-." sagte eine mir bekannte Stimme. Levi stand vor mir und sah mich skeptisch an. Wahrscheinlich erkannte er meinen inneren Zwist. Begleitet von Hanji und Pastor Nick schien er ebenfalls auf dem Weg zur Kaserne zu sein. "Hanji hat mir von der Mission berichtet. Bist du in Ordnung?" Ich nickte.
"Ah, ich werde Pastor Nick sein neues Zimmer zeigen. Wir treffen uns im Krankenhaus bei Smith!" wandte die Braunhaarige nun ein und lief los. Wir sahen ihr unsicher hinterher. Unser letztes Gespräch war nicht das Beste, meine Vorwürfe vielleicht auch zu hart gewesen. Aber ich konnte es nicht ändern und ich bereute es nicht.
"Erwin ist ansprechbar und wird dich sicher sprechen wollen, Levi." meinte ich nun stur. Sollte er doch zu seinem Kommandanten gehen - diesem Mistkerl - und dort wieder loyal die Befehle befolgen, dachte ich. Doch im gleichen Moment spürte ich dieses unangenehme Gefühl: Es war Eifersucht. Wie konnte ich nur? Levi war mir zu nichts verpflichtet - kein Versprechen, kein Schwur, noch nicht mal ein Wort der Zuneigung war über seine Lippen jemals gegenüber mir gekommen und dennoch war ich eifersüchtig. Ich sah ihn erschrocken an.
"Ist was, -dN-?" fragte er nun. Ich schüttelte den Kopf.
"Nein...... Komm mit mir! Ich zeige dir, wo Erwin ist...." sagte ich leicht angespannt und ging vor. Ich hatte das Gefühl, dass eine Wand zwischen uns aufgestiegen war. Fast unüberwindbar und felsenfest richtete sie sich auf und zerteilte uns. Waren es meine Äußerungen oder seine Einstellung gewesen, die sie heraufbeschwor? Ich wusste es nicht. Doch ich erkannte, dass diese Situation nur schwer für mich ertragbar war.

Erwin saß bereits aufrecht in seinem Bett als Levi und ich das Zimmer betraten. Auch Kommandant Pixels war anwesend und nickte uns zu. Der Verletzte sah auf und begrüßte uns.
"Erwin, das mit deinem Arm tut mir leid." sagte der Gefreite und setzte sich neben das Bett auf einen Stuhl. Seine Stimme klang leicht bedrückt und dennoch blickte er seinen Kommandanten ohne Reue an.
"Es ist schon gut. So ein Arm ist nichts, verglichen mit den Höllenqualen, die ich später für meine Opfer erleiden muss. Wie viele habe ich bereits in den Tod geschickt?" sagte Smith. Ich sah überrascht auf und lehnte mich an die Wand gegenüber von Erwins Bett an.
"Überkommt dich plötzlich die Erkenntnis?" fragte ich. Pixis lachte auf. "Ah so ungezügelt wie immer, -dNN-. Ihr seid wirklich zu beneiden, Smith. Macht euch übrigens keine Sorge. Ich bin immer bereit eure Höllenqualen mit euch zu teilen."
"Seid ihr auf Alkohlentzug, oder was?" warf Levi plötzlich ein. Ich grinste. Pixis schien heute wirklich etwas verwirrt zu sein. Das verrieten allein seine Augen.
"Ach, ich könnte wirklich einen Schluck gebrauchen, aber alles wurde konfesziert. Das gesamte Gebiet hinter der Mauer Rose musste geräumt und alle Lebensmittel eingeteilt werden. Es ist wirklich bedauerlich." erklärte der alte Mann. Ich seufzte. Nach unserer Mission begannen die Probleme erst. Die Menschen mussten fliehen und die Nahrung würde schon bald knapp werden. Es war eine schwirige Situation, die schnell gelöst werden musste, doch Smith musste sich noch erholen und weder Hanji noch Levi wollten seine Bürde übernehmen. Der Gefreite ergriff das Wort:
"Ich habe meinen Trupp erweitert, Erwin. Es wird Eren gut tun, gute und fähige Kameraden an seiner Seite zu wissen. Ich werde mit Ihnen außerhalb der Mauer ein Übungsgelände beziehen. Wir werden Eren für den Kampf und das Schließen der Mauer vorbereiten."
"Gut." sagte Erwin. Die beiden Männer sahen sich vertraut und entschlossen an.
"Ich habe gehört, ihr führt nun einen eigenen Trupp an, -dNN-." wandte sich nun Pixis an mich. Ich nickte und erzählte ihm von meinen drei Kameraden - den Mitgliedern des Offensivtrupps. Es war ein nettes Gespräch und Pixis munterte mich auf. Er war wahrlich ein guter Kommandant. Jemand, der den Menschen wieder Mut machte, wenn sie niedergeschlagen waren. Genau das, was ich in diesem Moment brauchte. Etwas zufriedener verabschiedete ich mich von den drei Männern. Ich sah zu Levi. Er würde bald seine nächste Mission beginnen. Es schmerzte mich zu wissen, ihn vielleicht nicht sehen zu können. Ich öffnete die Tür, als er mich zurückrief:
"-dN-, ich würde vorschlagen, dass dein Trupp, sobald Dorf wieder gesund ist, zu uns stößt. Ihr solltet ebenfalls Erens Fähigkeiten kennen und einschätzen lernen." erklärte er. Sein Blick lies er von mir zu Erwin wandern, welcher mich starr ansah. Die früheren Worte meines Kommandanten hallten in meinem Kopf:
"Solch ein Handeln dulde ich nicht." Doch Smith schwieg und widersprach nicht. Unsicher bleib ich stehen und sah zum Gefreiten.
"In Ordnung. Teile mir den Ort mit und wir werden sobald möglich da sein." meinte ich und verließ das Krankenzimmer. Mein Herz klopfte. Meine Hände wurden feucht. Ich war nervös. War es eine gute Idee, ihm nun zu dieser Mission zu folgen? Für meinen Trupp sicherlich, aber wie sah es mit mir aus? Ich hatte mir vorgenommen, voranzuschreiten und das tat ich. Doch mein Weg führte mich immer wieder zu ihm und erinnerte mich an das, was mich schmerzte. Ich seufzte. Diese Gedanken brachten mich nicht weiter. Sie waren aussichtslos. Vielleicht musste ich lernen zu verdrängen. Aber grade das sträubte sich gegen das, was ich wirklich war.

Grenzen vergessen Levi x ReaderWhere stories live. Discover now