17. Der Offensivtrupp

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Ich stieg auf mein Pferd und folgte dem Trupp. Wir verließen den Wald, um uns Richtung Stadt aufzumachen. Es war bereits Nachmittag. Schnellstmöglich bewegten wir uns über die Felder. Einige Titanen rannten auf uns zu. Wir ignorierten sie.
"Werft einige Leichen von den Karren, wir müssen schneller werden!" befahl Levi, der sich zum hintersten Wagen begab. Ich horchte erschrocken auf. "Sie sind genauso wie alle andere Toten....." Was sagte er da? Sie waren doch unser Team? Jeder Einzelen von ihnen war liebenswert gewesen. Ich konnte nicht hinsehen. Wer von ihnen den Titanen zum Fraß vorgeworfen wurde, wollte ich nicht wissen. Meine Sicht verschwamm. Wieder kamen mir die Tränen. Wieder sah ich meine Freunde in Gedanken vor mir - ihr Lächeln und ihre Art. Es schmerzte in meinem Herzen. Diesen Tag würde ich nie wieder vergessen können.

Die Ankunft in Mitras war herzzerreißend. Die Bürger begrüßten uns. Einige fragten nach ihren Kindern und einige spotteten über uns. Der Trupp bewegte sich nur langsam durch die Menge. Kaum ein Soldat antwortete auf die Aussagen der Menschen. Der Moment dieser Ankunft schien ewig anzudauern. Ich hörte jede einzelne Stimme, jede einzelne Beleidigung. Erwin maschierte voran. Er blieb eisern und kalt wie immer. So war er, unser Kommandant. Sein Ziel fest im Blick sah er weder nach rechts noch nach links und viele seiner Soladten taten das Gleiche, um sich selbst zu schützen. Die Stimmung war belastend.
In der Kaserne angekommen, begangen die Nacharbeiten der Mission. Die Leichen wurden zum Friedhof gefahren. Einige Angehörige waren bereits dort. Ich ging im Flur des Gebäudes auf und ab. Meine Gedanken kreisten.
"-dN-, Erwin will mit uns sprechen!" Der Gefreite kam aus Smiths Büro heraus und rief nach mir. Ich nickte und folgte ihm hinein. Auch Zakarius und Hanji waren im Raum anwesend und schienen bereits mit Smith über die Geschehnisse zu sprechen.
"Eure Freundin ist verschwunden." wandte sich Erwin an mich. "Was wisst ihr darüber?" Ich schüttelte den Kopf:
"Nichts." Es herrschte Stille. Levi lehnte sich an das Bücherregal und verschränkte die Arme.
"Sie hatten in letzter Zeit kaum Kontakt, Erwin." gab er zu bedenken. Der Kommandant stimmte zu:
"Richtig. Trotzdem ist es sehr unerfreulich. Generell sollten wir, Levi, nach diesem Gespräch auch noch eine Sache klären." Der Gefreite blickte seinen Kommandanten stur an. Ich ahnte nichts Gutes.
"Nun gut. -dNN-, du wirst aus dem Team des Gefreiten austreten." Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Also doch - hatte der Vizekommandant damit etwas zu tun? Musste ich nun unter ihm tätig werden? Wie sollte ich das nur aushalten? Ich hielt meinen Blick gesenkt. Keinen der Anwesenden wollte ich meine Wut sehen lassen und dennoch hatte ich das Gefühl, dass sie tief in mich hinein blicken konnten. "Ich will das ihr ein eigenes Team anführt. Eine kleine, offensive Gruppe - den Offensivtrupp. Levi meinte, dass ihr zum Anführen geeignet seid und vor allem wenig zögerlich handelt. Ich habe zudem eurer Kampfgeschick gesehen. Es ist mehr als überzeugend. Ich will das euer Trupp das Schild des Elitetrupp wird - ihn schützt und trotzdem unabhängig vorgeht. Dem Titanenwandler darf nichts passieren. Habt ihr das verstanden?" Ich nickte stumm. Mit dieser Wendung hatte ich nicht gerechnet. Trotz meines Wutausbruches wollte er mir Verantwortung geben. Was heckte dieser Mann nun schon wieder aus? "Wir werden euch drei gute Soldaten zur Verfügung stellen. Unter anderem auch Aurou, der ebenfalls Levis Trupp verlässt. Der Elitetrupp wird mit Eren und zwei anderen Rekruten aufgefüllt werden. Sie werden bereits morgen eine weitere Mission angehen. Ich will das ihr bereits dabei seid."
"Jawohl." sagte ich und wollte den Raum verlassen.
"-dN-, ihr könnt mich ab jetzt übrigens Erwin nennen. In euer Position ist dies mehr als verdient." Ich nickte und schloss die Tür hinter mir. Seufzend ging ich den Flur hinab. Ich war vollkommen durcheinander. Die ganzen Verluste, die Kritik und dennoch die Beförderung - wie sollte ich damit umgehen?
"Wir melden uns zum Dienst, Captain -dNN-." Auruo stand mit zwei weiteren Soldaten vor mir. Ich sah sie überrascht an.
"Mein Name ist Jens Dorf. Freut mich, unter euch dienen zu dürfen." sagte nun der etwas kleinere und stämmige Mann. Er war fast breit wie hoch - ein eigenartiger Anblick. Neben ihm stand der Dritte und Letzte im Bunde. Er war deutlich größer als Auruo und hielt seine beiden Hände ineinander.
"Bastian Müller." flüsterte er. Ich nickte.
"Dann Willkommen im Team." sagte ich, überlegte kurz und fügte dann hinzu: "Ich bitte euch, in zwei Stunden vor der Kaserne auf mich zu warten! Bis dahin überlegt euch, eure Stärken und Schwächen. Ich muss soviel über euch Wissen, wie nur irgendwie möglich, um euch effektiv einsetzen zu können."
"Jawohl." sagten die drei Männer. Ich lies sie zurück.

Die Sonne ging bereits unter als ich durch die Straßen von Mitras wanderte. Bereits zwei Schmieden hatte ich besucht - ohne Erfolg. Gunthers Freund war in diesen beiden Läden nicht  gewesen. Ich kam an die nun letzte Schmiede, die man mir auf dem Marktplatz genannt hatte. Sie war in einem etwas kleineren, aber gut gelegenen Haus an einer der vielen Brücken Mitras gelegen. Ich betrat den Laden. Viele Schwerter und Dolche hingen an den Wänden und glänzten mir poliert entgegen. Der Schmied musste ein sehr gutes Handwerk beherrschen, das erkannte mein geschultes Auge sofort.
"Kann ich euch helfen?" fragte nun eine freundliche Stimme. Ich erblickte ihn. Ein blonder, langhaariger Mann mit jadegrünen Augen und freundlichem Lächeln trat mir gegenüber. Seine Gesichtszüge waren fein, fast schon jünglinghaft.
"Eine wahre Schönheit....." dachte ich. Er glich einem Engel. "Ähm...." stotterte ich nun heraus. Wie lange hatte ich ihn angestarrt? Er lachte.
"Sucht ihr etwas?"
"Ja, ich denke, ich suche euch....... Ich bin eine Freundin von Gunther." antwortete ich. Ich schämte mich ein wenig für den ersten Eindruck, den ich wahrscheinlich gemacht hatte. Ehrlich gesagt, hoffte ich, dass ich nicht die Erste war, die ihn so anstarrte.
"Gunther? Kommt rein. Ich mache uns einen Tee." Ich folgte dem stattlichen Mann ins Hinterzimmer. Dort in einer kleinen Küche brühte er das Getränk auf. Leise setzte ich mich an den Tisch und wartete. Er setzte sich zu mir.
"Also.... ich bin hier, weil ich euch leider etwas mitteilen muss..... Ich weiß, ihr und Gunther wart nicht offiziell ein Paar, aber er erzählte mir davon. Wahrscheinlich würdet ihr nicht davon erfahren, deswegen....." Der Mann unterbrach mich:
"Dann ist es also passiert...... Es ist gestorben?" Ich nickte. Es kam für den Schmied wohl nicht sonderlich überraschend, trotzdem zuckte er zusammen und stützte seinen Kopf mit seiner großen Hand. "Ah, Gunther......Warum nur?" seufzte er. Ich sah traurig zu ihm. Meine Augen füllten sich mit Tränen.
"Es tut mir unglaublich leid. Er war ein wunderbarer Freund. Ich werde ihn wirklich vermissen." Der Mann antwortete nicht. Er saß nur da. Keines meiner Worte konnte ihm den Trost spenden, den er nun brauchte. Ich starrte auf meinen Tee. Er qualmte leicht. Ich dachte an meine Freunde. Der Verlust schmerzte sehr, doch wie würde ich mich fühlen, wenn ich meine Liebe verlieren würde? Was, wenn Levi vor mir sterben würde? Ich bekam Gänsehaut.
"Ich danke euch....." sagte er nun leise. Seine Augen waren gerötet, doch er behielt die Fassung. "Und ich möchte euch etwas geben, weil ihr an mich und Gunther gedacht habt." Er stand auf, verlies den Raum kurzzeitig durch eine Tür und kam dann mit einem in Stoff gebundenen Paket zurück. Dieses lag er vor mir auf den Tisch. "Es ist ein Dolch, den ich für ihn gemacht habe. Verkaufen kann ich ihn nicht,.... aber ihn euch zu schenken, das vermag ich." Ich packte ihn aus. In einem Ledertäschchen eingebettet, schaute nur der silberne glänzende Griff heraus. Dieser hatte kleine Einkerbungen, um den Dolch auf verschiedene Weisen halten zu können, sowie den Wechsel zwischen diesen zu erleichtern. Ich zog die Klinge heraus. Gebogen wie eine Feder zeigte sie sich in ihrer vollen Pracht: widerstandsfähig und scharf - eine ausgezeichnete Waffe. In meinem sich spiegelnden Auge entdeckte ich ein kleines G. Es war mit Liebe hineingemeißelt worden.
"Seid ihr euch sicher?" fragte ich und hielt den Dolch fest an mich. Er nickte nur und stand auf. Ich spürte, wie er mich nun verabschieden wollte. Wahrscheinlich wollte er allein sein, um seiner Trauer freie Lauf zu lassen. Mit dem Dolch an meinem Gürtel verließ ich die Schmiede und hinterließ einen einsamen Mann.

Grenzen vergessen Levi x ReaderTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang