𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟙

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2002

»Bei Andis Oma im Keller ... ich weiß nicht, aber irgendwie hört sich das für mich nicht so ... seriös an.« , hechelte die etwas korpulentere Tina, die versuchte, während sie die Treppe hinaufging, ihre immense Lockenpracht dabei zu einem Zopf zu binden.

»Was wäre denn für dich seriöser gewesen?« , fragte Katja, die vor ihr ging, ohne sich umzudrehen.

»Keine Ahnung. Hätte, bei Andi, nicht ausgereicht?«

»Du lässt dich von Lea beschwatzen. Du solltest einfach dahin gehen, wohin der Wind dich weht.« , trällerte sie zur Antwort, als sie oben im fünften Stock ankam.

Hier war ihre Wohnung, die sie mit besagter Lea, die irgendwie die Mutter der WG war, weil sie immer pingelig darauf achtete, dass alles reibungslos ablief, ihrem festen Freund Sascha und seinem Anhang Isabelle, das Nesthäkchen der WG zusammenlebten.

Sascha und Isabelle lebten noch nicht lange hier in Berlin. Sie kamen ursprünglich aus Köln.

Katja hatte das Gefühl, das die Jüngste im Bunde nur auf ihren achtzehnten Geburtstag gewartet hatte, um ihrem Elternhaus zu entfliehen. Aber diese schwieg im Zuge dessen, was ihre Familie betraf.

Tina kam nun auch oben an. »Das hört sich für mich an, wie so ein ... Sado-Maso Schuppen.«

Katja lachte laut auf. »Du spinnst. Welcher normale Mensch, würde bitte seinen SM-Laden, bei Andis Oma im Keller nennen?«

Tina zuckte mit den Schultern und schloss die Türe auf. Die Blondine ging zuerst rein und stolperte erst einmal über Isabelles Schuhe, die sie irgendwie immer direkt am Eingang auszog und nie beiseitelegte.

»Ich kenn' solche Schuppen nicht.« , verteidigte Tina sich. »Aber genauso stell' ich mir einen vor.«

Auf dem Weg zur Küche drehte Katja sich um. Mit einer hochgezogenen Augenbraue blickte sie ihre Freundin an. »Du stellst dir vor, das dort eine Oma mit Schürzelchen und Topflappen wartet, um Kunden den Hintern zu versohlen?«

Tina zuckte mit den Schultern. »Wer weiß. Soll ja für alles einen Fetisch geben.«

Katja zog einen Kochlöffel aus einem Dazugehören Gefäß und pfefferte den auf Tinas Hintern.

»Autsch. Spinnst du?«

»Ich prüfe nur meine Eigenschaften. Sollte das mit der Musik nicht klappen, sollte ich eventuell andere Dinge in Erwägung ziehen.« , sagte sie und schlug nochmal, jedoch leicht, auf deren Podex. »Und wenn es in deinem Traum-Sado-Maso Laden dann noch Stellen zu besetzen gibt, mime ich gern Andis Oma, wenn ich in die Jahre gekommen bin.«

»Wieso traue ich dir das sogar zu?« , fragte Tina und rieb mit ihrer Handinnenfläche über die leicht schmerzende Stelle.

»Was traust du ihr zu?« Isabelle kam mit Jogginghose und Top in die Küche geschlurft und setzte sich auf die Arbeitsplatte.

»Tina hat Angst, du könntest uns in den Untergrund einer Geheimgesellschaft bringen, wo sie am Ende festgekettet an der Wand endet.« , erklärte Katja ihr.

Gestern hatte die Jüngste nämlich verkündet, dass sie der kompletten WG einen Job an Land gezogen hatte, wo sie als Musikband ihr Können unter Beweis stellen konnten.

Bei Andis Oma im Keller hieß die Bar, wo sie sich am nächsten Tage alles anschauen wollten, nachdem des Besitzers Bruder die jungen Leute auf offener Straße hatte spielen und singen gehört, lud er diese sofort ein.

»Du spinnst. Das wird super.« , sagte Isabelle. »Jeden Tag Musik. Du kannst aufhören mit deinem Job im Krankenhaus und du ...« Sie zeigte auf Katja. »... kannst aufhören mit ... egal was, du derzeit machst.«

»Leuten den Arsch versohlen.« , sprach Tina leise.

Katja drehte den Kochlöffel im Kreise. »Pass auf, was du sagst.« , lachte sie. »Sonst strebe ich wahrlich noch eine Umschulung an.«

»Es ist kein Keller?« , erkundigte sich Tina abermals bei Isabelle, da sie bisher als Einzige dort gewesen war.

»Es ist kein Keller.« , antwortete sie. »Es ist ... ich kann das schlecht erklären, aber ich hab' mich da direkt wohl gefühlt.«

»Du kannst immer schlecht erklär'n.« , sagte Katja. »Aber ich vertrau' dir. Wenn du ein gutes Gefühl hast, wird es schon gut sein. Und falls du Recht hast ...« Jetzt zeigte sie auf Tina. »... machen wir das Beste draus und feiern 'ne kleine Orgie.«

»Haha. Sehr witzig.« , gab diese von sich und verließ murmelnd die Küche.

»Du ärgerst sie mit Absicht.« , schmunzelte Isabelle, als Tina außer Hörweite war.

»Nein. Sie muss nur mal aufhören, immer vor allem Panik zu haben.«

»Aber damit hilfst du ihr nicht.«

»Ich weiß. Aber sie hat ja sogar Panik auf der Bühne zu stehen. Stell' dir mal vor, sie, und nicht du, wäre unsere Sängerin.«

»Ich liebe das. Ich weiß nicht wieso. Aber ich mag das Gefühl ... und da haben wir eine echte Bühne. Keine Straße. Obwohl mir das auch egal ist, aber ... eine Bühne, Katja. Verstehst du das? Das wird so ein geiles Feeling sein.«

»Lass es uns erst einmal anschauen.« , meinte die dunkelhaarige Lea, die jetzt in die Küche kam, während sie ein viel zu großes Shirt von Sascha trug, da dieser um einiges mehr auf den Rippen hatte, als seine sehr schlanke Freundin. »Ich trau dem Braten noch nicht so ganz.«

»Kannst du aber. Es wird dir schmecken, vertrau' mir.«

»Ja vertrau' ihr doch mal Big Mama.« , sprach Katja und spielte anschließend mit ihrem neuen Zungenpiercing herum.

Lea sah an sich hinab. »Big? Du hast mehr Kurven als ich.«

»Männer steh'n drauf, wenn sie was zu packen haben.« Katja packte sich selbst an die Brüste.

»Jaja.« Lea rollte die Augen.

»Jaja heißt Leck mich am Arsch.« , sprachen Isabelle und Katja im Chor.

»Seid mal nicht so optimistisch. Ich will mir erst einmal alles genau ansehen. Erst dann entscheiden wir uns.« Sie hielt mahnend den Zeigefinger nach oben. »Wer weiß, was das für ein Lokal ist.«

»Erkundige dich bei Tina. Die hat bereits eine genaue Vorstellung.«

»Ach seid mal nicht so. Das wird der Anfang von etwas ganz Großem. Das spüre ich.« , sprach Isabelle völlig hingerissen.

»Dann hoffe ich mal, das mir das Große auch irgendwie begegnet.« , lachte Katja.

Das Leben war voll einfach Mann, als ich Mädchen noch Scheisse fandWhere stories live. Discover now