𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟟𝟙

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Obwohl sie es nicht wollte, war Katja mittlerweile froh, dass Vincent mit ihr dorthin gefahren war.

Abseits stand sie mit ihm, während eine Menge Menschen auf dem Friedhof anwesend waren.

Er hielt ihre Hand. Und sie wollte auch nicht, dass er loslässt.

Noch immer hatte sie nicht vor, dass jemand anderes von ihrer Vergangenheit erfuhr und dennoch war sie froh, dass sie sich Vincent offenbart hatte. Irgendwie fühlte sie sich dadurch nicht so verletzlich.

Sie hatte ihre Maske abgelegt. Er kannte ihr komplettes Ich und ungeachtet dessen war er hier ... bei ihr. Und stand mit ihr, Seite an Seite.

Katja wusste, dass sie ihm sogar in der Hinsicht vertrauen konnte, das er nicht mal Dag davon erzählen würde.

Als ihre Mutter mit ihrem Mann zu ihr kam, ließ sie Vincents Hand nicht los, obwohl ihr weibliches Elternteil genau dorthin sah. »Wo ist Pierre?« , war das Erste, was ihr wohl einfiel, als sie ihre Tochter sah.

»Nicht anwesend.« , antwortete sie.

Nun kam auch ihr Vater geradewegs auf sie zugesteuert. Er begrüßte Katja mit einem Wangenkuss und sah dann auf Vincent. »Wo ist Pierre?« , war auch seine Frage.

»Das ist Vincent.« , sagte sie, um ihn vorzustellen und nicht über das Fehlen des Idioten zu diskutieren. »Mein ... bester Freund.« , fügte sie noch hinzu. Was auch nicht gelogen war.

Jetzt wurde er auch endlich mal begrüßt, obwohl ihre Mutter weiterhin die Stirn in Falten legte, als sie den großen Typen, der da neben ihrer Tochter stand, betrachtete.

Wenn ihre Oma ebenso anwesend gewesen wäre, war sich Katja sicher, dass sie eins und eins zusammengerechnet hätte, das Vincent genau jener sein musste, von dem mal die Rede gewesen war.

»Warst du schon bei Beate?« , fragte ihre Mutter.

Katja schüttelte den Kopf. Sie hatte auch nicht vor hinzugehen. Sie war anwesend, mehr konnte und wollte sie nicht bieten.

Zum Glück blieb eine weitere Diskussion aus, denn die Leute begannen in die Trauerhalle zu gehen.

Katja verweilte mit Vincent draußen. Ihre Eltern hatten ihren Anstand gesehen. Dem Kerl, der ihr weisgemacht hatte, es wäre normal, dass er sie auf so eine Art berührte, wollte sie keinen weiteren Respekt zollen, indem sie noch seinen Sarg betrachten und beten würde.

»Ist alles okay bei dir?« , fragte Vincent, nachdem sie sich auf eine Bank gesetzt hatte.

Sie nickte. »Es ist ... seltsam ... hier zu sein.«

»Du hättest es auch sein lassen können.«

Nun schüttelte sie ihren Kopf. »Du kennst meine Eltern nicht.« , sagte sie. »Sie hätten mir vorgeworfen, das ich ein schlechter Mensch bin, wenn ich nicht bei so einem ...«

»... du bist kein schlechter Mensch. Und das würden sie wissen, wenn sie die Wahrheit erführen.«

Ihr Gesicht schnellte in seine Richtung. »Sie werden es nie erfahren.«

»Ich weiß.« Er setzte sich neben sie, während sie ihren Kopf an seine Schulter lehnte. »Ich würde es wissen wollen. Ich meine, wenn meinem Kind so etwas geschehen würde. Du nicht?«

»In meiner Zukunft gibt es kein Kind.« Als sie das sagte, musste sie sofort wieder an dem Moment denken, als es hätte anders sein können.

»Wer weiß. Jetzt denke ich auch noch nicht daran, dass es irgendwann geschehen könnte, aber im Regelfall läuft es ja so.«

»Ich bin keine Mutter. Ich kann nicht mal mein eigenes Leben regeln und ... allein der Gedanke, das meinem Kind so etwas ähnliches geschehen könnte. Nein.«

»Ich glaube, du wärst eine gute Mutter. Du würdest auf dein Kind achtgeben. Es mit viel Liebe großziehen und wie eine Löwin jedem die Augen auskratzen und ausweiden, der nur daran denkt ihm zu schaden.«

Sie gab ein leichtes nasales Lachen von sich, wegen dieser Aussage. Das er weiterhin so ein gutes Bild von ihr hatte, gab ihr ein wohliges Gefühl. Selbst wenn sie sich nicht so sah. Aber das er es tat, war für sie um einiges mehr wert.

Wieso?! Das wusste sie nicht.

»Danke.« , sagte sie nur.

Nachdem alle rauskamen, reihte sie sich mit Vincent wieder als Schlusslicht ein. Dabei zeigte sie sich jedoch zuerst abermals ihren Eltern.

Bald war es geschafft.

Als sie den Sarg in die dafür vorgesehene Grabung gaben, standen die zwei wieder abseits und Vincent brachte sie mit irgendwelchen Anekdoten auf andere Gedanken. Kurz zuvor war ihr nämlich in den Sinn gekommen, wenn sie nicht die Einzige gewesen war. Wenn er das nach ihr auch anderen angetan hatte.

Die Schuldgefühle, das sie es vielleicht hätte verhindern können, gesetzt den Fall, dass sie sich einem anvertraut hätte, plagten sie.

Vincent wollte nicht, dass sie so dachte. Sie hatte im Leben schon genug mitgemacht und musste nicht noch von Schuld zerfressen sein.

Katja war nicht der Täter, und so sollte sie auch nicht weiterleben.

Dass ihre Mutter ihn weiterhin immer wieder beobachtete, fiel ihm jedoch von Mal zu Mal mehr auf.

Es war kein böswilliger Blick, eher ... Neugier.

»Lass uns gehen.« , sagte Katja und zog an ihm, als es endlich vorbei war. Eine Menge der Menschen versammelten sich um die trauernde Witwe.

Der Blick, den sie ihr kurz davor zugeworfen hatte, war ihr mehr als vertraut gewesen.

Sie wusste es.

Sie wusste es damals, so wie heute.

Ob Katja es bis dato verdrängt hatte, wusste sie nicht, aber ihr jetziger Blick brachte auch die Erinnerung zurück.

Sie erinnerte sich, dass der Balkon direkt vom Schlafzimmerfenster sichtbar war. Und auch wenn das Rouleau unten war, wusste sie, das Beate dort ihr Kippchen rauchte, während das junge Mädchen, das Katja damals war, in ihrem Bett lag und angefasst wurde.

Vincent fasste ihre Hand.

Sie spürte regelrecht, wie beschützt sie sich dadurch vorkam.

Es war etwas, was sie nie wollte und dennoch hatte er es geschafft, das ihr dieses Gefühl wohltat.

Sie fühlte sich geborgen, zuhause und zugleich ... so unbeschreiblich frei.

Doch sagen wollte sie es ihm nicht.

»Lass uns trinken gehen. Ich brauche Alkohol.« , gab sie stattdessen von sich.

Das Leben war voll einfach Mann, als ich Mädchen noch Scheisse fandNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ