𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟟𝟞

64 12 4
                                    

Vincent ließ sich dazu überreden mit den anderen in die Bar zu gehen.

Die meiste Zeit hatte er in den paar Tagen, seit Katjas Abwesenheit, mit Hannah verbracht, wenn diese mal nicht bei ihrem derzeitigen Freund war. Da Dag und Isabelle eine Wohnungsbesichtigung nach der anderen hatten, waren die beiden natürlich mehr mit sich selbst beschäftigt.

Freie Wohnungen gab es. Das war nicht das Problem. Eher das Preisleistungsverhältnis.

Bei Isabelle konnte Vincent das Thema Katja abhaken. Sie war immer noch enttäuscht von ihrer Entscheidung.

Hannah hörte ihm dahingegen zu und äußerte auch ihre Meinung, dass sie nicht glaubte, dass Katja aus Liebe heraus Pierre gefolgt wäre.

Doch die Blondine hatte sich nicht mal richtig verabschiedet. Geschweige denn gemeldet oder ein Gespräch mit irgendeinem ihrer Freunde vor ihrer Abreise gesucht.

Vincent selbst hatte gelegentlich den Drang, sich bei ihr zu melden, aber dann dachte er daran, dass sie gegangen war.

Angenommen, dass sie Kontakt hätte haben wollen, würde sie anrufen. Sie würde ihm texten. Irgendwas. Aber ... sie hatte sich schon davor seltsam verhalten.

Auch wenn Hannah etwas anderes behauptete, war sich Vincent mittlerweile sicher, das sie Pierre gewählt hatte.

Sie hatte sich entschieden.

Das war es. Nicht mehr und nicht weniger.

Dabei war er innerlich irgendwie am Werk gewesen, dem Gefühl, was er verspürte endlich einen Namen geben zu wollen. Und das lag nur daran, weil er auf irgendeine Art und Weise dachte, sie würde dasselbe fühlen.

Wie sehr er sich doch geirrt hatte.

Egal, was sie je gesagt hatte ... ihre Aktion hatte etwas anderes bewiesen.

Allerdings konnte er nur daran denken, wie entscheidend sie in seinem Leben fehlte ... und fehlen würde.

»Willst du jetzt nur blöd rumsitzen?« , fragte Hannah ihn.

»Was soll ich machen? Wir sind in einer Bar.« , erklärte er.

»Ich weiß, das es schwer für dich ist ... und nicht nur ... sie ist deine beste Freundin, aber ...«

»Heut nicht. Ich hab echt keine Lust, jetzt Tag für Tag darüber nachzudenken, was mein Fehler gewesen war.« Auch wenn er sonst immer mit dem Thema angefangen hatte, war es ihm irgendwie im Augenblick zu viel.

Bevor er hier erschienen war, hatte er sich die Bilder von Hiddensee angesehen. Insbesondere das Eine, wo sie geschlafen hatte und von dem sie keine Ahnung hatte, dass dies überhaupt existierte.

Ihm war klar, dass sie keine Beziehung geführt hatten, aber wieso tat es nun so weh?

Nur Freunde ... diese Worte hörten sich schlecht an.

Von seiner Seite war da dieses Gefühl gewesen und das konnte man nicht in Schwarz-Weiß einstufen. Genauso war ihre freundschaftliche intime Beziehung. Das, was beide gehabt hatten, war kein Standard für diese Konstellation. Aber seien wir mal ehrlich. Das Herz fragt nicht, welche Bindung man gerade eingegangen ist. Es fühlt einfach.

Es war keine Beziehung im Richtlinien-Sinn und doch würde Vincent behaupten, Katja war das Beste, was in seinem Leben je passiert war.

Er hatte jedes Gespräch mit ihr genossen. Jedes gemeinsame Lachen sowie jeden Moment, den sie zusammen verbracht hatten.

Doch nichts davon würde je wieder geschehen.

»Es spielt keine Rolle, was wir waren oder eher nicht waren. Ich war einfach nur glücklich mit ihr.« , sagte er, trotz des selbstauferlegten Katja-Rede-Verbotes.

»Vielleicht hättest du ihr sagen sollen, was du fühlst.« , meinte Hannah und legte kurz ihre Hand auf seine.

»Hätte hätte Fahrradkette.« , sprach er und stand auf.

Er steuerte die Bar an und bestellte bei Andi ein Bier, das er direkt wegexte, ehe er sich umdrehte und Dag und Isabelle an der Bühne sah.

Sein bester Freund saß darauf, während dessen Freundin zwischen seinen Beinen stand und seinen Nacken kraulte. Dag gab Playback den gerade gespielten Song derweil zum Besten.

Das, was sie hatten, war einfach.

Zu so einem Punkt würde er nie kommen. Da war er sich sicher.

Jedes Mädchen vor Katja hatte ihn irgendwie nur ... genervt. Es fehlte einiges bis sehr viel.

Diese quirlige Blondine hatte sein Leben, das eigentlich nie beschissen war, dennoch ... besser gemacht.

Vielleicht hätte er doch mit ihr reden sollen. Wenigstens eine Erklärung abliefern sollen, was in ihm vorging. Auch wenn er es nicht komplett verstand, aber die Beschreibung dessen hätte sie möglicherweise auf den Stand gebracht zu wissen, wie viel sie ihm bedeutete.

Er bestellte noch ein Bier und nippte dieses Mal daran.

Egal was hätte sein können, es war nicht so. Vincent würde sie nie wiedersehen.

Warum gehst du fort ...

Allein dieser Satz hätte doch ausgereicht. Sie war doch nicht blöd.

Ich werde dich vermissen ...

Auch diese Wörter wären Ansatz genug gewesen.

Doch im Grunde war er nur feige. Feige davor, dass sie ihn trotzdem nicht gewählt hätte.

Er war nun der Idiot dieses Dreier-Klimbims. Er musste lernen, über jemanden hinwegzukommen, obwohl die Person ihm zu keinem Zeitpunkt gehört hatte.

Es tat keineswegs weniger weh, nur weil sie nie in einer offiziellen Beziehung waren. Irgendwie machte es allein diese Tatsache noch schmerzhafter ... und trauriger.

Das Potenzial war doch da gewesen, oder nicht?

Sie hätten etwas sein können.

»Hi.« , erklang eine Stimme vor ihm.

Erst jetzt nahm Vincent zur Kenntnis, das er so tief in seinen Gedanken versunken gewesen war, dass er nicht mal bemerkt hatte, dass plötzlich ein erdbeerblondes Mädchen vor ihm stand und ihn anlächelte.

»Ehm ... Hi.« , gab er von sich, nachdem er erstmal seine nähere Umgebung checkte, ob er überhaupt gemeint war.

»Ich bin Cora.«

»Ehm ...« , startete er erneut. »... Vincent.«

»Hi Vincent.« Sie strahlte ihn an.

Sollte er sie jetzt wiederholt grüßen?

Er trank an seinem Bier.

»Hast du eine Freundin?« Ihr Strahlen blieb, als sie ihn fragte.

»Ehm ... nee. Gerade nich'.«

Ihr Lächeln wurde breiter.

Was soll's ...

Dachte er so bei sich.

Ablenkung war immer die bessere Variante. 

Das Leben war voll einfach Mann, als ich Mädchen noch Scheisse fandWhere stories live. Discover now