𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟠𝟝

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Vincent klingelte bei Dag. Nachdem er beide zum Frauenarzt gefahren und später auch wieder abgeholt hatte, war er noch kurz etwas Erledigen und stand nun aufs Neue vor der Türe seines besten Freundes. »Wo ist Isabelle?« , fragte er, weil ihm direkt auffiel, dass keine Schuhe, wie üblich, von ihr im Flur herumlagen.

Dag tappte voraus ins Wohnzimmer, wo er sich auch ohne Umweg wieder auf die Couch schmiss. »Keine Ahnung. Vielleicht mit Hannah?!«

»Ah okay. Und was ist mit dir?« Er setzte sich ebenfalls hin.

»Irgendwie ... weißt du Vince, ich hätte mich irgendwie schon gefreut, wenn sie schwanger gewesen wäre.«

Natürlich hatte Vincent das nicht nur nach dem negativen Schwangerschaftstest zu Hause bemerkt. Auch als Dag mit hängendem Kopf ins Auto stieg, nachdem der Arzt meinte, es wäre nur eine Zyste, die Isabelle da hatte, bestärkte seine Annahme, das sein bester Freund wohl gerne Vater sein würde. »Na ja, darauf könntet ihr ja jetzt hinarbeiten.« , sprach er deswegen.

»Du hast sie doch gehört. Sie hat Panik, dass wir das Kind gar nicht ernähren könnten.«

»Vielleicht war das auch einfach nur ein Impuls. Ihr erster Gedanke. Ich glaube, wenn sie wirklich schwanger sein sollte, würde sie sich definitiv darüber freuen.«

»Ich weiß nicht.« Dag zuckte fast schleichend mit den Schultern. »Für mich wäre das irgendwie der nächste Schritt, aber sie ... sie ist seltsam geworden in letzter Zeit. Zurückhaltender.«

»Was meinst du?«

»Ja, keine Ahnung. Ich kann das schlecht erklären, aber ich hab das Gefühl ... sie ist sich nicht mehr sicher mit uns.« Er setzte sich in einen Schneidersitz. »Sie fragt mich ständig so seltsame Sachen wie, ob ich glücklich bin ... oder ob ich sie noch liebe.«

»Und das tust du?!«

»Was fragst du da? Natürlich liebe ich sie und natürlich bin ich glücklich. Ohne sie kann ich mir mein Leben gar nicht ausmalen. Ich will gar nicht daran denken, das ich ohne sie leben müsste, aber ...«

»Aber ...?«

»Ich glaube, sie denkt darüber nach, mich zu verlassen.«

»Quatsch, das bildest du dir nur ein. Isabelle würde dich niemals verlassen. Da müsstest du schon richtige Scheiße angestellt haben. Aber einfach so, ohne Grund ... niemals.« Sofort redete er ihm Mut zu, denn wie sehr sein Freund lediglich von dem Gedanken verängstigt war, bemerkte Vincent frei von jeden Zweifel.

»Und warum fragt sie mich dann so etwas?«

»Vielleicht ... nur vielleicht, zeigst du ihr das in letzter Zeit nicht so.« Er glaubte selbst nicht daran, aber ihm fiel gerade nichts Besseres ein, was er hätte sagen können.

»Was laberst du?« Dag wurde lauter.

»Ich meine nur ... früher in der WG und als sie noch in der Band war, da hingen wir alle nur beieinander, doch mittlerweile ... sie hat einen anderen Job, du hängst hinter der Theke, machst Musik mit mir ... sie bleibt da ein wenig ... außen vor.« Vincent versuchte, die richtigen Worte zu finden, um seinen Freund ersichtlich zu machen, was Isabelle dazu veranlassen konnte.

»Du meinst also, das ich sie vernachlässige?«

»Nein, das würde ich nicht behaupten, aber ich weiß ja nicht wie Weiber so ticken. Wenn du wirklich wissen willst, was sie empfindet, rede mit ihr.« Wiederholt musste er daran denken, wie seltsam Mädchen den Tatsachen entsprechend manchmal handelten.

»Weil sie ja so offen ist.«, gab Dag im ironischen Ton von sich.

»Dann musst du halt weiterfragen, bis sie es sagt.« Vincents innere Stimme erklang in seinen Kopf.

Hättest du vielleicht auch mal besser getan. In diesem Fall wäre dir wahrscheinlich auch Katjas Nicht-Schwangerschaft damals aufgefallen.

»Und was mache ich, wenn sie es wirklich beenden will? Ey Vince, ich mein' das Ernst ... ich sterbe, wenn ich sie verliere.«

»Hey. Hey. Hey. Hey. Hey. Jetzt fahr ma' runter. So weit wird es gar nicht kommen. Sie liebt dich abgöttisch.«

»Ja und was soll ich jetzt tun?«

»Seh' ich aus wie der Ratgeber schlechthin? Im Grunde verstehe ich euer Problem nicht. Ihr seid zusammen. Ihr lebt zusammen. Du planst innerlich, schon eine Familie mit ihr zu gründen.«

»Du meinst also, ich sollte ihr sagen, das ich diesen Schritt mit ihr wagen will?« , horchte Dag nach.

»Na ja, sie ist ja ein sehr großer Bestandteil davon, also sollte sie es auch wissen.«

»Und wenn sie Angst davor hat?«

»Dann nimmst du ihr die Angst.«

Dag atmete tief ein. »Ich will das wirklich Vince. Ich will den nächsten Schritt mit ihr gehen.«

»Dann red' mit ihr und leg sie flach.« , scherzte Vincent.

»Haha. Wie verpackt man denn so etwas? Ich kann ja schlecht sagen, hey Isy lass die Pille weg.«

»Nicht?«

»Nein.«

Vincent wurde plötzlich still. Der Gedanke daran, das er vielleicht auch schon so weit hätte sein können, verschwand einfach nicht. »Denkst du ... wenn Katja schwanger gewesen wäre, sie hätte es behalten?«

»Ich weiß nicht.«

»War damals schon 'ne coole Zeit, nicht?«

Dag nickte. »Ja. Weißt du noch nachts im Freibad? Damals habe ich irgendwie gedacht, wie cool es wäre, wenn du und Katja zusammenkommen würdet. Ich hab mir das bildlich vorgestellt, wie wir vier als alte Leute noch zusammen Party machen. Ein gemeinsames Leben führen ...«

»Katja war schon ...« Vincent stoppte ab. »Na ja gegen Pierre kam ich wohl nicht an.«

»Oder du hättest es ihr sagen müssen, das du dir mehr hättest vorstellen können.«

Vincents Schultern hoben sich leicht an. »Ich wusste damals nicht, was ich wollte.«

Dafür wusste er es jetzt umso mehr.

»Damals ist gut. So lange ist es auch nicht her.«

»Trotzdem ... ich wollte Spaß, aber ...« Erst hatte er vor Dag alles zu erzählen, was sonst so in ihm vorging. Doch der hatte schließlich seine eigenen Probleme und Vincent wollte ihn nicht mit seinen zusätzlich nerven. »... als Isabelle das mit Katja erzählt hat ... ich weiß nicht ... wenn es so gewesen wäre, ich hätte ihr auf jeden Fall beigestanden. Aber ich glaube, sie dachte, sie hätte das alleine meistern müssen.«

»Kann gut möglich sein. Und du kennst Katja, sie war schon immer so eine starke Persönlichkeit.«

»Seien wir doch mal ehrlich ... Pierre war im Grunde ein Arsch. Wir haben oft genug gesehen, mit welchen Weibern er verschwunden ist, aber damals hab ich gar nicht so großartig an ihre Gefühle gedacht, sondern eher, geil Vince, die streiten sich wieder, dann liegt vor dir 'ne heiße Nacht.« , log er. Denn das er zu der Zeit schon anders dachte, aber zu blöd für irgendwas war, wollte er nicht zugeben.

»Machst du dir Vorwürfe?«

Er nickte. »Ja. Vielleicht wäre sie auch hiergeblieben, wenn ich anders gedacht hätte.«

»Ich glaub', Isy vermisst sie auch sehr. Und sie bereut es, dass sie sich nie mit ihr versöhnt hat.«

»Ja, das denke ich auch.«

»Sie hat sich aber auch bei keinem von uns mehr gemeldet gehabt, nachdem sie ging.«

»Irgendwie kann man es verstehen. Du bist mit Isabelle zusammen. Ich, dein bester Freund. Da dachte sie wohl ... sie schließt besser komplett mit ab.«

»Idiotisch. Ich denke, wenn sie Kontakt gehalten hätte, dann hätte sich das auch mit Isy wieder eingerenkt.«

»Kann gut möglich sein. Ich weiß es nicht. Wir werden es nie erfahren, weil es halt anders abgelaufen ist.« Vincent stellte sich hin. Es nützte eh nichts mehr. Die Vergangenheit konnte man nicht umfunktionieren. »Du musst dich langsam fertig machen. Die Arbeit ruft.«

Das Leben war voll einfach Mann, als ich Mädchen noch Scheisse fandWhere stories live. Discover now