𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟟

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Vincent hatte Dag nichts von dem Treffen mit Isabelle gesagt. Schließlich war es ja auch kein Zufälliges. Er hatte schlichtweg keine Lust mehr, sich das Gejammer seines besten Freundes reinzuziehen, weil dieser einfach zu feige war, das Mädchen seiner Träume anzusprechen.

Er hatte morgens absichtlich vor dem Haus gewartet und als sie runterkam, hatte er auch direkt die Chance ergriffen und sie angesprochen. Zeitgleich hatte er durch die Blumen geäußert, das er dies jedoch nicht für sich, sondern für seinen Freund machen würde.

Vincent hoffte, dass Dag ihm das nicht übel nehmen würde.

Aber eventuell könnte er dies ja auch schön verpacken und die Wahrheit damit ein klein wenig umgehen.

Er zuckte für sich mit den Schultern und sah das Wohnhaus hinauf. Dag war wie so oft mal wieder zu spät dran. Vincent war jedoch mit Absicht nicht raufgegangen, denn dann würde der werte Herr noch langsamer in die Puschen kommen.

Lässig lehnte er sich an den Stromkasten, als die Haustüre unten aufging und Dag mit einem strahlenden Lächeln rauskam. »Ey Vinne. Ich hab nachgedacht. Heut mach ich es. Heut sprech' ich sie an.«

»Ah okay. Ja dann.«

»Du glaubst mir nich'?! Wart ab. Ich bekomm das hin.«

Vincent überlegte, ob er ihm sagen sollte, dass er bereits für ein Treffen gesorgt hatte, aber entschied sich dann doch dagegen.

Desto näher sie jedoch Andis Bar kamen, umso angespannter wirkte Dag. Das Grinsen wechselte zu Falten auf der Stirn.

Vincent übernahm unbedacht dieselbe Mimik, weil er sich Gedanken machte, ob es seinem besten Freund eventuell helfen würde, zu wissen, dass alles schon geregelt war. Aber er wollte des Weiteren nicht, dass dieser dachte, er würde ohne ihn nichts auf die Reihe bekommen.

Er verstand eh nicht, wieso Dag so war. Vor diesem Mädchen hatte er doch auch keine Probleme gehabt, Weiber anzusprechen.

»So, auf ein Neues.« , sprach er und wies galant Dag ins Innere des Gebäudes einzutreten.

»Und was, wenn sie nein sagt? Was, wenn sie mich ignoriert. Stell dir mal vor, ich red' mit ihr und sie schaut mich nur an und geht weg.«

»Dag, bitte. Es wird nichts, dergleichen gescheh'n. Vertrau' mir.«

Er haderte mit sich selbst. Das hatte er schon den Abend davor gemacht, als er den Song ausgesucht hatte und anschließend abgehauen war, weil er dann doch Bammel bekam.

Sogar da hatte Vincent versucht, mit Engelszungen auf ihn einzureden, weshalb er danach ja auch den Entschluss gefasst hatte, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.

Er schüttelte den Kopf. »Komm mit, oder lass es.« , sprach er und ging hinein, öffnete anschließend die Türe zur Bar und sah zurück.

Dag kam schon angedackelt. »Bin ja da.«

»Dann beweg' dein'n Arsch da rein.«

Vincents Blick fiel direkt auf die Blondine der Band, die auf ihren Plätzen mit einem Bein auf einem Hocker gelehnt mit Pierre dem Barkeeper sprach.

»Sollen wir woanders platznehmen?« , fragte er Dag.

»Was? Nein, wieso? Die geht doch jetzt bestimmt auf die Bühne. Ansonsten bitten wir sie drum.«

Vincent verstand nicht, weshalb Dag keine Scheu hatte die Blondine anzusprechen. Er selbst hatte es nämlich, da ebendiese immer diesen Blick draufhatte, als würde sie nebenbei noch als Auftragskillerin ihr Geld verdienen.

Jene drehte sich um und lächelte unerwartet in seine Richtung.

Sie stand auf und zeigte Vincent präsentierend die zwei Hocker, ehe sie zur Bühne flanierte.

Dag bekam davon nichts mit, denn sein Blick war bereits gen Podium gerichtet.

Vincent zog ihn mit sich. Sie setzten sich auf die Plätze und Dag bestellte für jeden einen Whiskey mit Cola.

»Fangen wir jetzt direkt hart an, wa.« , musste er von sich geben.

»Klar.« Dag exte sein Getränk sofort leer.

Isabelle, die von der Blonden angestupst wurde, sah nun rüber und winkte dezent.

Leicht unbeholfen nickte Vincent in ihre Richtung.

»Was soll das?« , wollte Dag direkt wissen.

»Was meinst'n du?«

»Was meinst'n du?!« , imitierte er ihn. »Ich mein die Begrüßung.«

»Sie hat gewunken, da dachte ich, wink mal zurück.« Vincent hatte nicht mal gewunken, aber ihm fiel auf die Schnelle nichts anderes ein, was er sagen könnte, ohne sich selbst zu verraten.

»Klar doch.« Dag bestellte sich erneut einen Whiskey.

»Ich dachte, du wolltest sie heut ansprechen?! Möchtest du ihr deine Fahne direkt entgegenhauchen?«

»Ich weiß noch gar nicht, ob ich sie heut anspreche.«

Vincent rollte mit den Augen und stand auf. »Ich geh pinkeln, bevor es anfängt.«

Katja sah ihm nach und stupste Isabelle abermals an. »Hast du die Sache mit dem Großen abgeklärt?«

»Nein, noch nicht.«

»Dann mach. Beeil dich. Besser jetzt, als danach. Sonst fühlt der andere sich noch überrumpelt.«

»Meinst du?«

»Mach schon. Sascha und so wissen doch auch Bescheid.«

Isabelle bekam abermals einen Schubser von ihrer Freundin und wartete danach wie bestellt und nicht abgeholt vor der Türe, da Vincent durch diese hindurch verschwunden war.

Katja beobachtete sie genau, ehe sie wieder zur Theke sah, wo dieser Dag das Nesthäkchen ebenfalls nicht aus den Augen ließ.

Pierre, der sich hinter ihm befand, winkte ihr zu. Sie gab ein künstliches Lächeln wieder und achtete auf Isabelle und Vincent.

Der Große sah immer so aus, als ... sie konnte es nicht erklären ... als hätte er irgendwie Heidenangst vor ihr, oder so. Auf die eine oder andere Weise fand sie das jedoch niedlich. Das musste sie zugeben. Keine Ahnung wieso, aber in ihr kam der Drang auf ihn zu ärgern. Ein bisschen aus der Reserve locken.

Sie beobachtete wie ihre Freundin anschließend siegessicher zurück auf die Bühne kam.

Isabelle befand sich bereits im siebten Himmel, ohne je ein Wort mit diesem Typen gewechselt zu haben.

Dabei wusste Katja, dass so etwas wie Liebe gar nicht richtig existieren konnte. Diese ständige Suche nach jemanden, der dieses Gefühl in einem auslösen könnte ... Gequirlte Scheiße.

Im Grunde waren das nur Hormone, die auf äußere Reize reagierten, mehr nicht.

Dennoch wollte sie Isabelle nicht die Illusion rauben, an so etwas wie Liebe auf den ersten Blick festzuhalten. Manche Menschen benötigten halt diesen Irrglauben.

Das Leben war voll einfach Mann, als ich Mädchen noch Scheisse fandWhere stories live. Discover now