𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟛𝟘

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2003

Vor acht Monaten hatte Tina entschieden, die Band zu verlassen. Sie bekam ihr Studium und die Auftritte nicht mehr zusammen gedeichselt. Ihren Platz nahm daher Leas kleiner Bruder Lars von dem Zeitpunkt an ein.

Vincent schlief derweil öfters mal in diesem Zimmer ... wenn er nicht bei Katja nächtigte oder sie ihm bei Dunkelheit einen Besuch abstattete.

Davon ahnte jedoch niemand etwas. Denn das hielten beide geheim. Nicht nur, weil sie vorrangig mit Pierre wieder zusammen war. Katja bestand einfach darauf und Vincent willigte ein, dass kein Mensch und keine Seele wissen sollte, was sich dort hinter verschlossenen Türen so abspielte.

Irgendwie lag es bei Katja auch daran, dass sie Angst hatte, die anderen würden es ihr madig reden, weil es einfach kein netter Schachzug war ... dabei wusste niemand, mit was sie sich in ihrer Beziehung herumquälte.

Natürlich war Lana nicht die Einzige, mit der Pierre mal ein Auswärtsspiel seither hatte. Immer wieder kam mal eine dazu und zu jedem Zeitpunkt entschuldigte er sich.

Das Problem war, das er bei ihrer Familie ein Muster-Schwiegersohn abgeliefert hatte und sie seitdem nichts anderes mehr von allen hörte, wie perfekt er doch war und das jede Beziehung harte Arbeit wäre, die sie bloß nicht versemmeln sollte.

Letzteres kam zur Sprache, weil Katja versuchte es ins Rollen zu bringen, das jede Beziehungskiste mal zu Ende gehen würde, woraufhin ihre Mutter anfing, das es eine Schwäche war, ein Liebesverhältnis hinzuschmeißen.

Katja wies ihr weibliches Elternteil dann darauf hin, das diese selbst geschieden war ... damit startete sie unabsichtlich eine kleine Diskussion, wozu auch noch ihr Vater anwesend sein musste, um der lieben Katja zu erklären, wieso sich ein Paar nach etlichen Jahren doch trennen könnte und das lag nicht an jugendlicher Einfältigkeit. Wie es ihr so oft vorgeworfen wurde.

Ihr blieb also nichts anderes übrig, als diesen Scheiß weiter durchzuziehen.

Vincent war dabei ihre einzige Flucht ... die Momente, wo sie keinem etwas beweisen musste, geschweige denn vorspielen. Ob es der Sex war ... oder ihre Freundschaft generell. Schließlich hatten sie nicht nur Körperliches, wenn sie alleine waren.

Vorhin hatte sie sich wiederholt mit Pierre gestritten, der abermals die Nummer eines Mädchens eingesteckt hatte. Sie war nicht eifersüchtig. Es ging ihr um das komplette Paket, denn jeder wusste, das beide in einer Beziehung steckten.

Etwas beruhigter kam sie die Stufen wieder hinab, nachdem sie sich oben nochmal abreagieren musste.

Dieses Mal war sie entschlossen, auf ihre Familie zu scheißen. Resultierend daraus hatte sie vorhin alles aufs Neue Revue passieren lassen und kam zu dem Entschluss, die jetzige Trennung sollte etwas Ewiges sein. 

Mit einem Lächeln auf den Lippen betrat sie wieder die Bar.

Vincent und Isabelle standen sturzbetrunken auf der Bühne und trällerten einen x-beliebigen Song mit der neuen Karaoke-Maschine, die Andi seit kurzem besaß.

Auf irgendeine Weise war das zu ihrem Ding geworden. Aber auch nur, wenn sie einen zu viel hinter die Binde gekippt hatten.

Schlimmer war es jedoch, wenn sie irgendwelche Schlager zum Besten gaben.

Sobald Katja mit ihm alleine war, ärgerte sie Vincent stets damit, indem sie dann zusätzlich beliebige Evergreens trällerte.

Er hasste es. Oder auch nicht, denn meist lachte er unter dem Umstand und war nicht tödlich beleidigt.

Ihr Blick fiel kurz zur Theke, wo Pierre wieder seiner Tätigkeit nachging.

Erhobenen Hauptes und Arsch wackelnd flanierte sie zum Tisch, wo Sascha und Dag saßen. Während der Lockenkopf wütend dreinblickte, stand Sascha auf und verließ den Tisch.

»Was ist denn hier geschehen?«

»Ach. Hier war gerade so ein Spinner. Der meinte Isy als geile Sau zu betiteln.« , beschwerte Dag sich.

»Ist sie das denn nicht?«

»Das ist nicht witzig Katja. Ich mag das nicht, wenn andere ihr hinterhergeiern.«

»Sei mal nicht so besitzergreifend, du Gorilla.«

»Wie hast du mich gerade genannt?«

Katja überging die Frage. »Scheiß drauf, was andere wollen. Sie ist deine Freundin und so sehr, wie sie dich liebt, wird sich das auch nicht ändern.«

»Mir geht es doch nicht darum, das ich Angst habe, sie würde mich ersetzen. Es geht mit einzig und allein, um so eine Aussage.«

»Ach, deine Probleme hätte ich gerne.«

Dag sah sie nun an. »Du hast wieder Krach mit Pierre, oder?«

»Der ist Geschichte.«

»Na ja. Ist ja immer ein heftiges Hin und Her bei euch.«

»Wird nicht mehr.«

»Okay. Du hast Besseres verdient. Also damit meinte ich jetzt nicht, dass Pierre nicht der Beste vielleicht wäre. Keine Ahnung. Ich erlebe euch nicht viel zusammen, aber hierbei wollte ich zum Ausdruck bringen, das du eine stabile Beziehung verdient hättest.«

»Nett von dir.« Sie wuschelte durch sein Haar. »Aber ich will keine. Ich bin so besser dran.«

»Solang du nicht wieder meinen besten Freund, so wie damals, in dein Zimmer entführst.« , lachte er.

Katja schmunzelte. »Wäre das denn so schlimm?«

»Nö. Eigentlich nicht. Solang du ihn nicht ausnutzt.«

Sie sah zur Bühne, wo Vincent gerade Isabelle fleißig bei einem Song unterstützte, indem er lallend den Refrain übernahm.

Fühlte er sich vielleicht ausgenutzt?

Er hatte nie irgendwas in der Art erwähnt. Und sie wollte auch nicht, dass er eventuell so etwas empfand.

»Hat er sowas gesagt?« , fragte sie Dag schließlich.

»Was? Nein.«

Katja blickte wieder zur Bühne und nahm sich vor, trotzdem mit Vincent darüber zu reden.

Das Leben war voll einfach Mann, als ich Mädchen noch Scheisse fandWhere stories live. Discover now