𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟡𝟞

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Katja saß mit Isabelle im Auto. »Bist du sicher, dass du das machen willst?« , fragte sie ihre Freundin.

Sie nickte und sah zu dem Wohnhaus. »Er ist nicht da. Ich kann nur jetzt rein und meine Sachen holen.«

»Aber hältst du es nicht für ... überstürzt.«

»Du hast das Video gesehen.«

»Ja. Natürlich und ... ich verstehe dich in der Hinsicht ja Isabelle. Du bist verletzt. Es tut weh einen Menschen, den man liebt mit einer anderen Person zu sehen, aber Hannah hat dir auch gesagt, dass Dag unter Drogen gesetzt wurde.« Katja sah sie an. »Es war nicht dein Freund in dem kleinen Filmchen.«

»Ich weiß.« Sie sprach so leise, dass die Blondine den Schmerz regelrecht spüren konnte.

»Dann lass es. Ich kenn dich Süße. Du wirst es bereuen.«

»Das tue ich. Ich bereue es ja schon, das ich ihn in der Pizzeria hab sitzen lassen. Ich bereue es, dass ich ihm meinen Ring gegeben habe. Ich fühle mich so ... unvollständig ohne ihn. Ohne den Ring und ohne ... Dag.«

»Es ist doch nicht zu spät.«

»Doch. Er weiß nicht, dass wir ein Kind bekommen.«

»Das wirst du ihm doch noch sagen, oder?« Katja sah sie ein wenig verständnislos an.

Nun drehte Isabelle sich in ihre Richtung. »Hättest du es Vincent gesagt? Wenn du schwanger gewesen wärst.«

Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. »Das ist etwas vollkommen anderes. Und es war ja nicht so. Ich kann hier kein Was-wäre-wenn-Spiel simulieren. Ich bin nicht in deiner Situation gewesen.«

»Hättest du?« , hakte Isabelle weiterhin nach.

»Ich weiß es nicht. Vincent und ich ... wir waren nie, du und Dag. Ich ... ich hätte damit wahrscheinlich seine Zukunft versaut.«

»Du weißt, dass das nicht stimmt.«

»Wir waren kein Paar.«

»Du warst mit ihm schon immer mehr ein Pärchen als mit Pierre. Selbst bevor ihr in der Kiste gelandet seid.«

»Isabelle, du bist gerade dabei die Beziehung mit dem Mann zu beenden, den du über alles liebst. Also bitte versuch jetzt nicht, auf mich zu lenken, nur weil du weißt, dass du einen Riesenfehler begehst.«

»Kommst du mit rein und hilfst mir?« , fragte diese, statt auf das Gesagte einzugehen.

Katja nickte und stieg aus, nachdem Isabelle es bereits getan hatte.

Stumm folgte sie ihr und betrat kurz nach ihr die Wohnung. Sofort sah sie sich um. Ein Bild von Dag und Vincent stand neben dem Fernseher.

Katja nahm den Bilderrahmen in die Hand. Beide zogen darauf Grimassen. Das waren schon zwei Idioten.

Sie stellte das Bild zurück und sah Isabelle hinterher, die vor einem Raum stehenblieb. »Ist alles okay?« , fragte sie.

Ihre Freundin schüttelte den Kopf. »Ich kann da nicht rein. Wenn ich das Bett sehe, dann ... ich kann das nicht.«

»Hast du einen Koffer, oder so?«

Sie nickte. »Unsere Koffer sind auf dem Schrank. Meiner ist dunkelblau.«

Katja griff nach der Klinke. »Soll ich alles einpacken?«

Isabelle nickte abermals. »Meine Unterwäsche ist links in der Kommode.«

Die Blondine ging hinein und schloss die Türe hinter sich. Sie nahm den Stuhl am Schminktisch zur Hilfe, um den Koffer von oben nach unten zu bekommen, und begann auch schnell und unkompliziert die Sachen von Isabelle, die eh kaum gefaltet im Schrank lagen, hineinzuwerfen.

Heute verliebt, morgen vergessen ...

Falls Isabelle sich das wahrlich so einfach vorstellte, würde sie noch merken, dass sie eine Person nicht in aller Selbstverständlichkeit so aus ihrem Leben löschen konnte. Obwohl Katja sehr daran zweifelte, dass ihre Freundin das überhaupt vorhatte. Ihr Vorhaben zeigte nur, wie kopflos sie Dinge entschied.

Dag und Isabelle würden Eltern werden. Und Katja war sich sicher, dass sie ihm das nicht auf ewig verheimlichen würde.

Sie sollte nicht den leichteren Fluchtweg, so wie sie selbst damals, wählen. Es war falsch.

Es war schließlich kein typischer Seitensprung und jeder wusste, wie sehr der Lockenkopf seine Freundin liebte.

Jede Beziehung hat Krisen.

Ihr jetziger Grund, dies hier durchzuziehen, war verzeihbar. Sie sollte realistisch bleiben.

Das Gefühl war noch da.

Dieses warme, weiche, wichtigste Gefühl.

Katja hatte es auch verspürt, als sie eben Vincent auf diesem Foto gesehen hatte.

Vielleicht sollte sie ihre eigenen Ratschläge ebenso in die Tat umsetzen?!

Doch das war wieder eine vollkommen andere Sache. Denn da war immer noch dieses Mädchen, das er anscheinend traf. Je nachdem sogar seine Freundin.

Möglicherweise war Vincent extrem glücklich mit ihr. Es lag im Bereich des Möglichen, das er auch so etwas wie eine kleine Familie plante.

Wertvolle Menschen im Leben sollte man festhalten. Denn sonst würde es irgendwann zu spät sein.

... so wie bei ihr.

Diese Neue würde alles bekommen, was sie sich tief im Innern gewünscht hatte. Und vielleicht hatte sie es auch verdient.

Katja schloss den Koffer und rollte ihn nach draußen. »Ich glaube, ich habe alles.«

»Danke.« Isabelle nahm ihn entgegen.

»Bist du sicher, dass du ...« Sie wollte das Richtige sagen, entschied sich dennoch dagegen. »... dass du das hier willst?«

Isabelle schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich muss das tun. Er wird mir niemals verzeihen und ich ... ich kann ihn nicht ansehen, ohne an sie zu denken.«

»Was soll er dir nicht verzeihen?«

»Ich habe die Gelegenheit verpasst, ihm zu sagen, das er Vater wird.«

Am liebsten hätte Katja sie in dem Moment gerüttelt und geschüttelt. Sie hätte sie angeschrien, dass sie dabei wäre ihre Chance zu verpassen.

Sie hätte ihr gerne von ihren Gefühlen für Vincent erzählt und wie sie davongelaufen war und mittlerweile ... damit leben musste, dass es keine weitere Aussicht mehr auf Glück für sie gab. Doch sie sah diese Angst in Isabelles Augen.

Die Herzensangst, dass der andere sie fallen lassen würde.

Die Panik zu wissen, dass man dies nicht überleben könnte.

»Komm. Lass uns zu mir gehen.« , sagte sie und nahm den Koffer, welchen sie neben sich rollte.

Isabelle sah sich nochmal um, zog die Lippen ein und folgte ihr in Schweigen gehüllt.

Das Leben war voll einfach Mann, als ich Mädchen noch Scheisse fandWhere stories live. Discover now