𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟙𝟘𝟛

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Vincent ließ den Finger auf Dags Klingel, da dieser die Türe nicht öffnete. Das surrende Geräusch nervte sogar ihn, aber sein Freund war seit Isabelles letzten Anruf nicht mehr in der Lage gewesen seine Wohnung zu verlassen.

Den Alkohol hatte er ja eigenhändig entsorgt, somit war dieses Problem beseitigt und dennoch suhlte Dag sich in Mitleid, denn ein weiteres Telefonat blieb seitdem aus.

Isoliert betrachtet hatte Vincent sich das bereits gedacht.

Für ihn hieß das mehr Arbeit, denn er musste nicht nur Dag im Auge behalten, damit dieser wahrlich keinen Alkohol mehr anpackte, nein, er musste parallel dazu immer noch versuchen, Katja ausfindig zu machen. Was gar nicht so glatt lief, trotz des richtigen Namens, den er mittlerweile von Andi in Erfahrung gebracht hatte.

Mit seiner Faust schlug er weiter gegen Dags Türe, bis dieser nach längerem Warten die Eingangstüre öffnete und ihn mit zusammengekniffenen Augen ansah. »Höh.« , gab er von sich.

»Boah du stinkst Alter, wann warst du das letzte Mal unter der Dusche?« , fragte Vincent und stiefelte an ihm vorbei in die dunkel gehaltene Wohnung.

»Keine Ahnung.« Dag überholte ihn und schlurfte Richtung Couch.

»Nee nee. Nix da. Ab ins Badezimmer. Los. Beweg deinen Arsch.« Er packte ihn an seinem dreckigen Shirt und bewegte ihn in den angegebenen Raum hinein.

»Wieso?« , meckerte Dag.

»Weil heut der nächste Gig ansteht.«

»Dann sag ab. Ich hab eh keinen Bock darauf.«

»Das interessiert mich nicht. Der Termin steht seit Monaten und bezahlt wurden wir im Voraus. Jetzt schwing deinen Arsch da rein.« Vincent schloss die Türe und wartete darauf, dass Dag die Dusche anschmiss, erst dann zog er ins Schlafzimmer und holte ihm saubere Kleidung heraus.

Sorgfältig gefaltet legte er diese auf die Couch und setzte sich hin. Folgend versuchte er, Hannah an die Strippe zu bekommen. Diese war nämlich seit dem letzten Anruf von Isabelle auch nicht mehr erreichbar. Umso unerwarteter war es für ihn, als sie dieses Mal ranging.

»Ehm Hannah? Hannah? Ehm, ich bin's Vincent.«

»Ja ich weiß.« , sagte sie flüsternd.

»Wo ... wo bist du?«

»Ich kann gerade nicht so reden.«

»Hannah, du musst mir endlich sagen, wo Isabelle ist.«

»Ich weiß nicht, ob das jetzt gut wäre.« Sie flüsterte mehr. »Ich warte gerade draußen auf sie. Sie musste über Nacht ins Krankenhaus, weil sie ... Weil es ihr nicht gut ging.«

»Was? Was hat sie?«

»Sie darf sich momentan nicht aufregen und muss sich schonen. Sie hatte ... diese Nicole getroffen und irgendwie kam dann alles wieder bei ihr hoch.«

»Aber er hat doch nichts getan.«

»Trotzdem ist es schlimm für sie. Das musst du auch verstehen.«

»Hat sie was getan? Ich meine Nicole.«

»Nein. Sie hat Isabelle gar nicht gesehen ... aber Vincent, ich bin derselben Meinung wie du. Die zwei müssen wieder zusammenfinden. Auch Katja weiß das, und redet wie blöde auf sie ein.«

Er machte eine kurze Pause, ehe er weitersprach. »Du weißt, das ich von Katja weiß?«

»Ja. Du warst sogar einmal richtig.«

»Wie? Was meinst du?«

»Hör zu, ich kann dir nicht genau sagen, wo, aber ich werde dir einen Tipp geben. Du hast alle schon auf deiner Liste abgeklappert und bei einer warst du richtig. Statt nur nach dem Aussehen zu gehen, erkundige dich, ob diese Person noch eine Katja kennt, okay?!«

»Häh? Was meinst du?«

Schon wieder. Frauen waren definitiv andere Wesen. Sie sprachen in Rätsel und wollten dann, dass Männer sie verstehen.

»Ihr habt heute den Auftritt, oder?« , erkundigte sie sich prompt weiter und Vincent fragte sich, was das mit ihrer vorherigen Aussage zu tun hatte.

»Ja.«

»Katja kommt mit Isabelle, ich muss jetzt aufhören.«

»Nein. Nein. Nein. Nein. Hannah wo soll ich hin? Wo finde ich sie?« , sprach er in Windeseile.

»Geh' zu allen nochmal hin und frag explizit nach Katja. Dann findest du sie.« Blitzartig legte sie auf.

Toll. Schlauer war er dadurch jetzt auch nicht. Warum sagte sie nicht einfach, Katja wohnt in der Bla-Bla-Bla Straße Nummer Haste-nicht-geseh'n.

Sollte nochmal einer erwähnen, Männer wären kompliziert. Dem hätte er zig Beispiele nennen können, dass es genau andersrum war.

Dag erschien paar Minuten später mit einem Handtuch um den Hüften. »Ich hab echt keinen Bock.« , sagte er und schlurfte in die Küche, um sich einen Saft zu holen.

Wie ein Sack Kartoffeln ließ er sich danach auf die Couch fallen.

»Du musst fit sein. Wenigstens auf der Bühne musst du versuchen 'ne Maske zu tragen.«

»Is' ja jut.«

»Ey Dag, meinst du, mir gefällt das? Nein. Ich würde auch gerne wieder mit dir auf der Bühne stehen und so lachen wie früher.«

Dag setzte sich mehr auf und schnappte sich eine Packung Taschentücher, wo er sich eins herausholte und vorsichtig eine Lage löste, die er darauffolgend zerriss. Mit einem kleinen Rest davon stand er auf und steuerte seine Kommode an. Er legte es dort ab und öffnete eine Schublade.

»Was machst du?« , wollte Vincent wissen.

»Fit für dich sein.« , antwortete er und holte eine kleinformatige Verpackung raus, in der sich weiß-gelbliches Pulver befand. Ein wenig davon gab er auf das einlagige kleine Stück Taschentuch. Er verknüllte es und schluckte dieses im Anschluss. Leicht verzog er sein Gesicht und griff nach der Saftflasche, aus der er sofort trank.

Vincent sprang auf. »Sach ma' bist du bescheuert? Was ist das?« Er rannte hin und nahm ihm die Verpackung weg. »Was ist das Dag?« , schrie er ihn an.

»Ich hab's als Bömbchen genommen, also fahr' ma' runter.«

»Wat für Bömbchen? Was hast du geschluckt, du Idiot?«

»Pep.« , antwortete er seelenruhig.

»Pep? Von wem hast du das?« Vincent blieb im Vergleich dazu nicht so locker und schrie ihn an.

»Von Peppi.«

»Pep von Peppi. Auffälliger geht's wohl nicht.« Er riss die Schublade auf und fand noch mehr von dem Zeug. »Vom Alk auf das?! Wow Junge ich bin stolz auf dich.« Er nahm alle Plastikpäckchen heraus und stampfte wütend ins Badezimmer.

»Ey was machst du?« Dag folgte ihm.

»Entsorgen.«

»Das hat Geld gekostet.« Er versuchte Vincent alles zu entreißen, doch dieser war schneller und ließ sämtliches in die Kloschüssel fallen.

»Wat meinste, wat mich das interessiert?!« , schrie er Dag weiterhin an. »Komm ma' auf dein Leben klar. Ja ich weiß, momentan ist alles scheiße. Aber du bist nicht der einzige Mensch, bei dem es mal richtig bergab geht. Reiß dich verdammt nochmal am Riemen.«

Cholerisch riss Dag einige Utensilien, die auf dem Badezimmerschrank standen hinunter und ließ sich dann deprimiert auf den Boden fallen. »Ich will das doch nicht machen.«

»Ich weiß.« Vincent hockte sich neben seinen besten Freund. »Ich weiß Dag.«

Ihm war klar, er musste dringend Isabelle finden. Sonst würde das kein gutes Ende nehmen.

Das Leben war voll einfach Mann, als ich Mädchen noch Scheisse fandWhere stories live. Discover now