𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟟𝟡

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2005

Katja wurde mit schlimmen Kopfschmerzen wach.

Der Alkohol letzte Nacht war eindeutig zu viel gewesen. Im Grunde hatte sie sich gut im Griff gehabt, aber der gestrige Tag war wiederkehrend einer dieser Tage, wo sie an die Vergangenheit erinnert wurde, als sie Andi mal wieder über dem Weg gelaufen war.

Er hatte sie bereits einmal gesehen und sie hatte auf der Stelle drum gebeten, dass er das bitte für sich behalten sollte.

Dieses Mal war sie ihm nicht direkt über den Weg gelaufen, sondern hatte ihn zusammen mit seiner Frau aus der Ferne erspäht.

Doch dieser Moment hatte sie postwendend in eine Reise zurück gebracht.

Daraufhin hatte sie sich mit Bekannten getroffen und abends buchstäblich die Sau rausgelassen.

Oder besser gesagt, sie hatte sich unter aller Sau verhalten.

Sie schaute neben sich ... auf die zwei nackten Typen, die dort schliefen.

Anschließend schweifte ihr Blick in dem Raum umher. Sie war nicht zu Hause.

Leise und ebenso textilfrei stand sie auf, suchte ihre Kleidung auf dem Boden zusammen und zog diese in Windeseile an, ehe sie fix aus dem Zimmer trat.

»Guten Morgen.« , sagte eine junge Frau mit feuerrotem Bob und prostete Katja ihre Kaffeetasse zu.

»Morgen.« , antwortete sie mit einem minimalen Lächeln.

»Der Morgen danach. Ich kenn' sowas.« , sprach sie freundlich und schüttete noch eine Tasse Kaffee ein, den sie der Blondine herüberreichte. »Milch? Zucker? Süßstoff?«

Sie zeigte wahllos in irgendeine Richtung. »Ich sollte besser gehen.«

»Keine Sorge. Die zwei stehen schon ohne Alkoholeinfluss erst nachmittags immer auf.«

»Ein wenig Milch bitte.«

Katja sah ihr dabei zu, wie sie an den Kühlschrank ging, um ihr im weiteren Verlauf das fertige Getränk auszuhändigen.

Zudem gab sie ihr eine Tablette. »Gegen die Kopfschmerzen, die du bestimmt haben wirst.«

»Danke.« Katja checkte diese erst, ehe sie diese nahm.

»Wir haben uns übrigens gestern kennengelernt, aber das weißt du, glaube ich, deinem verwirrten Blick zu Urteilen nicht mehr.«

»Sorry.« Sie blickte zu der Türe, aus der sie gekommen war. »Ich hatte einiges intus.«

Das Mädchen lächelte immer noch freundlich. »Du wirst allen Anschein nach also ... nicht wiederkommen?«

»Also eine Wiederholung wird es nicht geben. Das weiß ich.«

Das hoffte sie.

»Heiko und Dirk schleppen öfters mal eine gemeinsam ab. Nicht das du nochmal in ihre Fänge gerätst.« Sie reichte ihr aus einer Dose einen Keks rüber, den Katja jedoch ablehnte. »Das meine ich natürlich nicht abwertend. Ich mag deine ... Offenheit.«

»Schon okay. Selbst wenn. Mir macht es nichts aus, was andere denken.« Sie versuchte, rückblickend nachzudenken, wie sie obendrein in diese Situation verwickelt werden konnte.

Katja konnte sich nicht mal erinnern, wie die zwei, die dort noch in ihr Kissen sabberten, überhaupt ausgesehen hatten.

Hatte sie die beiden angegraben oder war sie einfach willenlos an die Angel gesprungen?

»Aber wenn du keine Lust mehr auf die Zwei hättest, mein Angebot von der Nacht steht.« Sie zwinkerte ihr zu.

Ein wenig derangiert starrte sie die Rothaarige an. Sie konnte sich an ihrer Mimik vorstellen, um was es sich handelte. Sie lächelte und lehnte dann dankend ab. Dem Alkohol schob sie es währenddessen in die Schuhe und entschuldigte sich dementsprechend, falls sie ihr falsche Signale gesendet hatte.

Dann trank Katja den Kaffee leer.

Es nützte nichts, darüber nachzudenken. Sie hatte mit beiden Typen anscheinend geschlafen und dem Mädchen im Bunde schöne Augen gemacht. Ende.

»Ich sollte jetzt los.« , gab sie von sich und reichte ihr die leere Tasse wieder.

»Natürlich. Es war nett, dich kennenzulernen, Katja.«

Sie ließ sich von der womöglichen Bewohnerin des Gebäudeteils zur Türe bringen und verließ dann ohne zeitliche Verzögerung das Wohnhaus.

In was für einer bumsfidelen WG war sie denn da wach geworden?

Jeder mit jedem und alles wird brüderlich und schwesterlich geteilt oder was?!

Sie sah auf die Uhr.

Scheiße, ihre Schicht begann in zehn Minuten und sie war ... Sie sah sich um ... circa eine Stunde entfernt von Köpenick, wo die Bäckerei ihrer Oma, wo sie mittlerweile halbtags jobbte ... und auch wohnte.

Aus der Wohnung, die sie ihr angeboten hatte, war zwischenzeitig ihr zu Hause geworden.

Ihre Eltern hatten sich ein wenig beruhigt, obwohl sie das flatterhafte Leben von ihr nun umso mehr als Sünde betrachteten.

Es war nicht so, dass Katja ihnen irgendwas berichtete, doch das sie keinen potenziellen Schwiegersohn vorstellte, genügte.

Bald würde sie nicht mehr vermittelbar sein, falls sie das überhaupt je gewesen wäre.

Tick tack tick tack tick tack ...

Was wohl für eine Reaktion eingetreten wäre, wenn sie mit Klein Ruben in XXL-Ausgabe alleinerziehend vor der Matte gestanden hätte?

Das wäre mit Sicherheit der Antichrist, der auf die Erde geschickt wurde, um die letzte Stunde einzuläuten.

Da war es wieder.

Diese scheiß Erinnerung an Vincent.

Sie hatte echt gedacht, dass nach einer längeren Zeit endlich Schluss damit sei, jedoch wuselte er immer wieder durch ihr Hirn. Wie ein ... Parasit.

Die Gefühle für ihn hatten sich kein bisschen verändert.

Öffne dein Herz für eine neue Liebe ...

Hatte ihre Oma ihr geraten, der sie sich anvertraut hatte.

Doch das wollte Katja nicht. Sie hatte es nie gewollt und wollte noch weniger einen Ersatz für ihn.

In ihr steckte weiterhin der Wunsch, in die Vergangenheit zu reisen, zu ihren Gefühlen zu stehen und nicht mit Pierre abzuhauen.

Katja konnte sich nicht verzeihen, diesen Riesenfehler in ihrem Leben begangen zu haben.

Doch dann rief sie sich ins Gedächtnis, das alles mit Sicherheit nur einseitig war. Ihr Wunsch, das da mehr hätte sein können, während er einfach nur die Willigkeit ihrerseits genossen hatte.

Unter Umständen hatte er bereits die große Liebe getroffen und turtelte im Vierer-Pack mit Dag und Isabelle gemeinsam.

Happy ever After.

... nur nicht für Katja.

Das Leben war voll einfach Mann, als ich Mädchen noch Scheisse fandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt