𝕂𝕒𝕡𝕚𝕥𝕖𝕝 𝟝𝟝

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»Hoch stand der Sanddorn am Strand von Hiddensee. Vinnie, mein Vinnie, und alles tat so weh. Dass die Kaninchen scheu schauten aus dem Bau. So laut entlud sich mein Leid ins Himmelblau.« , trällerte Katja, als sie in einem weißen Sommerkleidchen im Sand vor Vincent tanzte und sich im Kreise drehte, während der Wind ihr blondes Haar in alle Richtungen wehte, und er Fotos von ihr schoss.

»Warum wolltest du Bilder am Strand?« , fragte er sie im Kontrast dazu. »Und nenn' mich bitte nie wieder Vinnie.«

»Weil ich die jedem zeigen kann. Sogar deinen Eltern könntest du die präsentieren.«

Er nahm die Kamera runter. »Aber nicht die, die wir im Zimmer gemacht haben, oder?«

Katja schmunzelte. »Wenn du mich so deinen Eltern vorstellen willst.« Sie ließ ihre Augenbrauen auf und abhüpfen.

Die Fotos, die Vincent von ihr in ihrer derzeitigen Behausung gemacht hatte, waren mehr für den privaten Gebrauch, wenn man das so sagen konnte.

Dennoch hatte er sehr darauf geachtet, dass diese ästhetisch rüberkamen und ohne sie in den Händen zu halten, wusste er, dass diese gut geworden waren ... was auch an dem Model lag.

Katja war extrem fotogen. Ob angezogen ... oder nicht.

Nun schmunzelte er, während er zurückdachte, als diese Fotos vor drei Tagen entstanden waren.

Sie hatten sich für die günstigste Absteige hier entschieden, obwohl er ihr irgendwie gerne mehr geboten hätte. Doch Katja wollte bezahlen und war damit zufrieden.

Sie hatten ein kleines Zimmer und dachten einleitend, es würde nur aus einem Wohnzimmer mit anliegender Mini-Küche bestehen. Sowie einem Badezimmer, wo sie zu zweit Nase an Nase standen. Von einem Schlafzimmer fehlte jede Spur und er sah sich schon mit ihr auf der Zweier Couch mümmeln ... bis sie einen Schrank öffnete und darin ein Bett war. Nichts anderes. Nicht viel Unterbringungsmöglichkeit. Einfach ein Wandschrank, der nur Platz für ein Nachtlager hergab.

»Ich könnte nicht mal die Schwarz-Weiß-Bilder zeigen.« , lachte er.

»Du machst zwei Varianten?« , fragte sie und ließ sich mit den Knien in den Sand fallen.

Automatisch setzte sich Vincent zu ihr. »Ja normale Fotografien und schwarz-weiß.«

»Und welche behältst du?«

»Die Schwarz-Weißen.« , sagte er und zog die Lippen verlegen ein, weil er gar nicht wusste, ob sie das überhaupt wollte. »Ich meine, wenn dir das Recht ist, das ich Fotos von dir ... also in diesen Posen ... ehm ... behalte.«

Sie rutschte näher und lehnte sich an ihn. »Natürlich darfst du welche behalten.«

Vincent lächelte. Er war froh, dass sie ihn nicht als Perversen ansah, der sich höchstwahrscheinlich auf solche Bilder einen runterholen würde.

Oder doch?

»Also ich will die Fotos nur so gern behalten, nicht um ... na ja, du weißt schon.«

Sie griff nach seiner Hand und verhakte sich mit dieser. »Vincent habe ich je schlecht von dir gedacht?«

»Nein, ich ... ich glaube nicht.«

»Wäre es nicht toll, wenn wir die Zeit anhalten könnten?«

»Ja.« , sagte er. Vincent war klar, wieso sie so sprach. Er hatte gestern heimlich ihr kurzes Telefonat mit Pierre mitbekommen. Der sie wütend angeschrien hatte, warum sie ohne seine Erlaubnis die Stadt verlassen hatte. Katja hatte daraufhin gelogen und meinte, sie müsste für ihre Oma etwas erledigen.

So klein sah Vincent sie nicht gerne, weil er wusste, dass sie im Grunde nicht so war.

Dafür verabscheute er Pierre umso mehr.

Er drückte sie ein wenig intensiver an sich. Auf der Zunge hatte er wie so oft den Satz liegen, dass sie sich trennen soll. Doch er wusste mittlerweile wie empfindlich sie auf dieses Thema reagierte, weshalb er auch schwieg.

Katja war sich jedoch im Klaren darüber, was in ihm momentan vorging und hielt seine Hand umso fester.

Sie genoss diese Zeit mit ihm und irgendwie ahnte sie, wieso ihre Oma Besagtes für eine gute Idee gehalten hatte. Den Anruf von Pierre mal beiseitegelassen, war dies die bisher schönste Gegebenheit in ihrem Leben.

Kein Druck von außen. Kein verstellen. Sie war glücklich. Sie fühlte sich frei.

Katja drehte ihr Gesicht zu ihm hin. »Danke.« , sagte sie und küsste ihn.

»Für?«

»Das du hier mit mir bist.«

»Wenn du willst, könnten wir das öfters machen.«

Sie nickte. »Ich will noch ein Bild von uns beiden.«

»Nein. Ich bin nicht fotogen.«

»Klar. Komm mach.«

»Das wird nichts.« , sagte er und hielt die Kamera ein wenig weg von ihnen. »Ich seh' doch jetzt gar nicht, wie wir aussehen.«

»Das ist egal. Spontane sind am besten.«

Er stimmte ihr zu und fühlte sich ein wenig schlecht. Denn er hatte morgens, als sie noch geschlafen hatte, Fotos von ihr geschossen, als sie nackt mit der Decke um ihren Körper schlummerte. Man sah dementsprechend nicht viel, aber er fand sie in diesem Moment wunderschön. Ihr jedoch diese Erklärung zu geben, fehlte ihm der Mut. Weshalb er auch abermals schwieg und ihr nichts von den Bildern berichtete.

Er schoss zwei drei Fotos von ihnen, wo es unvermeidbar war, dass sie verschwommen sein würden und mit Sicherheit nur halb drauf. Dann drehte sie seinen Kopf und küsste ihn, als er das nächste Bild machen wollte. »Das werden die schönsten Erinnerungen in meinem Leben werden.« , sagte sie und stand auf.

Das war es wohl, worauf ihre Oma sie hinweisen wollte. Eine schöne Zeit mit der richtigen Person verbringen.

Richtige Person ...

Sie drehte sich nicht um, sondern sah mit einem seltsamen Gefühl in der Magengegend auf die Ostsee.

Eine richtige Person konnte auch eine Freundschaft sein. Sie sollte sich nicht verurteilen, wenn sie so über Vincent dachte. Er war eine richtige Person in ihrem Leben. Richtig sowie wichtig.

Sie waren auf einer Wellenlänge.

Er konnte mit ihren Macken und Eigenheiten umgehen und akzeptierte sie.

Beide teilten den gleichen Humor.

Die Kommunikation der zwei fand auf Augenhöhe statt.

Er ging ihr zuliebe Kompromisse ein.

Vincent half ihr ungefragt und ohne das er dafür eine Gegenleistung erwartete.

Und er war aufmerksam und bemerkte sogar, wenn es ihr schlecht ging.

Richtiger ging es nicht. So etwas besaßen manche nicht mal in einer Liebesbeziehung.

Sie schloss die Augen und lächelte, als ein wenig Wind ihr entgegenkam.

»Was tust du?« , fragte Vincent, als er ebenso aufstand und bemerkte, wie sie ihr Kleid auszog und kurz darauf ihren Slip.

»Das ist ein FKK-Abschnitt. Nu komm ma aus'm Knick!« Lachend ging sie ein paar Schritte voraus.

»Meine Kamera?!« Er wedelte mit dem Teil leicht in der Luft herum.

»Verstau' sie wieder in die Tasche, zieh' dich aus und komm mit mir schwimmen.«

Vincent hob ihr Kleid und ihre Unterwäsche auf und folgte ihr, um die Sachen wenigstens in Sichtweite haben zu können. Dann entkleidete er sich und sah ihr nach, wie sie bereits mit den Füßen im Wasser stand und sich abermals zu ihm umdrehte.

Den Drang, noch ein Foto von ihr zu schießen, verwarf er. Obwohl er fand, das sie mit dem Licht, dem Wind ... das Drumherum, einfach perfekt aussah.

Das Leben war voll einfach Mann, als ich Mädchen noch Scheisse fandWhere stories live. Discover now