12. Gefährlicher Rückschlag

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„Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich einige Tage hier bei dir und dem Jungen bleibe?", fragte Loredana gerade und lenkte Luzifer's Aufmerksamkeit automatisch wieder auf sich.

„Oh, nein. Es wäre mir eine ausgesprochene Ehre und würde mich wirklich freuen!", brachte Luzifer etwas erstaunt hervor. Er rief einen seiner Diener und ließ die entsprechenden Zimmer herrichten.

Loredana gab ihrem Heiler Sedan ebenfalls Anweisungen und schickte ihn zurück in ihr Reich, um dort Bescheid zu geben und auch Santana würde erst einmal ins Elbenreich gehen, um einiges für Loredanas Patenkind vorzubereiten und auch noch Tränke zu brauen.

Heilerin Isabell und Heiler Zaki würden genau wie Leibwache Mura im Dämonenreich bleiben. Jedenfalls so lange, wie Elbenkönigin Loredana auch da war.


In den nächsten zwei Tagen veränderte sich nicht wirklich viel. Harry wachte nicht auf.

Loredana oder Luzifer waren abwechselnd oder sogar zusammen bei Harry und redeten über sehr viele Dinge, während sie über seinen Schlaf wachten oder beobachteten, wenn der Junge versorgt und mit allerlei Tränken gefüttert wurde. Sie freuten sich, wenn Harry bei den Berührungen nicht zurück zuckte, dass Fieber nicht wieder anstieg und sein allgemeiner Zustand stabil blieb.

Dann musste Loredana ins Elbenreich zurück. Sie hatte sehr wichtige Treffen und Verhandlungen, die sie nicht aufschieben oder jemand anderes schicken konnte.

Harry spürte seinen Körper und registrierte, dass er erwachte.
Er bemerkt sofort das etwas anders war. Etwas das er schon lange nicht mehr erlebt hatte. Er spürte nichts. Er hatte keine Schmerzen und genau dieses Gefühl ließ ihn glauben, dass er jetzt endlich gestorben war. Das er zu seinen Eltern und vor allem zu Sirius konnte, um mit ihnen zusammen zu sein. Nun würde er die Möglichkeit haben, Lily und James Potter richtig kennen zu lernen und viel Zeit mit Siri verbringen können.

Der Schwarzhaarige nahm jetzt auch sein Umfeld wahr und wunderte sich doch leicht. Denn er lag gar nicht auf watteweichen Wolken, wie er es im Himmel vermutet hatte, sondern auf einer Matratze in einem richtigen Bett, wie er nun annahm.

Harry war einfach zu neugierig. Er vergaß all seine Vorsicht und öffnete direkt seine Augen, nur um sie im nächsten Augenblick wieder zu schließen. Es war einfach zu hell und brannte in seinen Augen. Auch mehrmaliges Blinzeln half da erst einmal nicht weiter. Er musste also etwas Geduld haben, bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten.

Gerade in dem Moment wurden die schweren Vorhänge etwas mehr vor die Fenster gezogen und dämmten nun den Raum ein wenig und tauchten ihn in ein schummriges Licht.

Ganz vorsichtig schob sich nun eine Gestalt in Harrys Blickfeld. Auch wenn er sie nicht genau erkennen konnte, wusste Harry das es sich hier um einen Mann handelte.

„Es freut mich, dass du endlich aufgewacht bist. Mein Name ist Illirian und ich bin Heiler. Hast du noch Schmerzen?", wollte er dann auch sofort wissen.

„Nein, gar nicht. Es tut nichts weh.", gab er sehr leise von sich. „Gibt es im Himmel überall Betten?", rutschte es ihm einfach heraus. Er blickte ziemlich geschockt auf den Mann und hoffte, dass dieser ihn deswegen nicht gleich schlagen würde. Und zu Harrys Freude geschah auch nichts. Er bekam für seine frechen Worte keine Schläge.

„Du bist hier doch nicht im Himmel!", erwiderte der Mann leicht schmunzelnd.

„Ich bin nicht im Himmel? Wo bin ich denn hier?", fragte er. Seine Neugierde siegte mal wieder über die Angst vor Schlägen und Strafen.

„Du bist in der Hölle bei Höllenfürst Luzifer. Dies hier sind seine privaten Räume im Höllenpalast.", antwortete der Heiler wahrheitsgemäß. Er konnte ja nicht wissen, was er damit ausgelöst hatte.

Harry war einfach nur noch geschockt und sprachlos. Er wusste nicht was er davon halten soll. Es störte ihn nicht, dass er nicht alleine war. Früher war er auch nie alleine, meistens jedenfalls. Ohne es zu wollen, versank er in seinen doch relativ dunklen Gedanken. 'Wieso? Wie kann das sein? Das verstehe ich nicht. Wie ist das möglich? Ich glaube, mein Leid wird hier weiter gehen. Sie werden mich schlagen, verprügeln und anderweitig bestrafen. Ich habe es vermutlich verdient und muss bis in die Ewigkeit leiden und für alles büßen.', dachte er nur. Schließlich wurde ihm jahrelang eingetrichtert und eingeprügelt, dass er eine Missgeburt, ein Freak usw. sei. Er hätte es gar nicht verdient zu leben, weil er überhaupt nichts wert sei. Das alles hatte sich enorm fest in Harrys Seele eingebrannt.

Jetzt war Harry davon überzeugt, dass er seine Eltern und Sirius niemals wiedersehen würde und war einfach nur noch verzweifelt. Er hatte jede Hoffnung verloren. Der Schwarzhaarige stellte sich schlafend, horcht aber auf jedes noch so kleine Geräusch. Er war total misstrauisch und völlig in seinen dunklen Gedanken gefangen.

Illirian überprüfte die Werte des Jungen und trug sie ein. Dieser war wieder ruhig und atmete gleichmäßig, so dass er glaubte, der Junge sei wieder eingeschlafen. Der Heiler machte sich auf den Weg zum Konferenzraum, um seinem Fürsten mitzuteilen, dass der Junge endlich aufgewacht war.

Harry hörte, dass der Mann den Raum verließ und verharrte noch einen Moment in dieser Position, um auch ganz sicher zu gehen. Dann erhob er sich und sah sich in dem hellen und freundlichen Zimmer um und entdeckte ein Glas. Er nahm es in die Hand, schaute kurz darauf und ließ es dann auf den Boden fallen. Er warf sich davor auf die Knie und registrierte nicht mal, dass er in den Scherben kniete und dadurch Schnittwunden hatte, die auch bluteten. Er sah nur die größeren Scherben und nahm ganz vorsichtig eine davon in die Hand.
Ohne groß darüber nachzudenken, drückte er die Scherbe sehr tief in seine Haut und fuhr damit über sein Handgelenk und schnitt sich sehr tief die rechte Pulsader auf. Dann blickte er wirklich sehr fasziniert auf den Schnitt und beobachtete seinen roten Lebenssaft, der regelrecht aus der Wunde herausquoll.

Es dauerte nicht lange und sein Pyjama und sogar der Teppich auf dem Boden färbten sich rot. Dann bemerkte er, dass ihm enorm kalt wurde und fing an mit den Zähnen zu klappern. Er fühlte sich schon richtig leicht und befreit. Er bekam auch nicht mehr mit, wie die Tür geöffnet wurde und Luzifer sowie Illirian im Raum erschienen.

Beide Dämonen waren einfach nur geschockt, als sie in den Raum kamen und Harry dort in seinem eigenen Blut hockte, kalkweiß war, mit den Zähnen klapperte und durch den hohen Blutverlust schon weggetreten war und dann das Bewusstsein verlor.

Illirian stoppte sofort die Blutung, packte den Jungen und brachte ihn zum Bett, um mit der Versorgung zu beginnen. „Mylord, rufen sie bitte Meran oder Herak dazu, damit wir den Jungen optimal versorgen können".

Luzifer hatte einen Moment gebraucht. Er sah immer noch das Bild von seinem Kleinen und das viele Blut. Dann eilte er zum Kamin und befahl beiden Heilern sofort herzukommen, da Harry gerade versucht hatte sich umzubringen.

Es dauerte keine zwei Minuten und die zwei Heiler eilten ins Zimmer und auch ihnen sah man den Schreck an. Damit hatte wirklich keiner von ihnen gerechnet. Es zeigte aber im Grunde nur, dass der Junge wirklich am Ende war und nicht mehr leben wollte. Und genau das bereitete Luzifer Angst. Ja, Luzifer hatte richtige Angst. Angst, seinen Gefährten zu verlieren, wo er ihn doch gerade erst gefunden hatte und jetzt schon so sehr liebte.

Auch als die Heiler fertig waren und Harry nicht mehr in akuter Gefahr schwebte, blickte Luzifer auf seinen Gefährten und war völlig fertig. Er zitterte sogar, was bei einem Dämon wirklich sehr selten vor kam. Er konnte einfach nicht verstehen, warum dieser so reagierte, obwohl er doch jetzt nicht mehr alleine war und der Bindung zugestimmt hatte. 'Vermutlich hat er es in seiner Panik und Verzweiflung völlig vergessen', schoss es dem Höllenfürsten durch den Kopf.

Luzifer überlässt es sogar Meran, der Elbenkönigin eine Nachricht zukommen zu lassen, um ihr mitzuteilen, dass Harry versucht hatte sich selber umzubringen.

Tag und Nacht wacht er an Harrys Bett. Er ließ sich nicht von dem Bett seines Gefährten weglocken. Er verließ das Zimmer immer nur kurz, um ins Bad zu gehen. Aber auch nur dann, wenn noch jemand im Raum war und auch dablieb, damit Harry nicht nochmals was passierte. Die Bilder von Harry in seinem Blut, sah er immer noch vor sich, wurde sie einfach nicht los.


Es waren schon drei Tage vergangen.

Loredana war noch am gleichen Tag gekommen, als sie die Nachricht bekommen hatte und auch sie war erst einmal geschockt gewesen und nun froh, dass sie ihn noch retten konnten.

Luzifer hatte weder geschlafen noch gegessen. Er saß einfach nur da und wachte über den Schlaf seines Kleinen. Doch an diesem Abend brach er weinend zusammen. Er war selbst fertig und konnte nicht mehr. Luzifer hatte sehr große Angst, ihn jetzt doch noch zu verlieren. Denn Harry wachte einfach nicht mehr auf. Luzifer lag halb zusammengesunken auf dem Bett und sprach wirklich sehr leise. „Oh, mein Kleiner. Warum hast du das denn nur getan? Warum willst du mich hier alleine lassen? Bitte Harry, du musst wieder aufwachen. Ich brauche dich doch. Ja ich liebe dich, sehr sogar. Trotzdem tut es mir unendlich leid, dass ich dich an mich gebunden habe, ohne dir genügend Zeit zum Nachdenken zu geben.", hauchte der Höllenfürst.

Er bemerkte nicht einmal, dass Harry aufgewacht war und alles mitbekam. Der Schwarzhaarige wunderte sich schon, dass da jemand war, der um ihn weinte. Er öffnete kurz die Augen und entdeckte Luzifer an seinem Bett. Irritiert schloss er die Augen wieder und versucht seinen Worten zu lauschen. Harry hatte die Bindung mitbekommen und gespürt, erinnerte sich plötzlich wieder daran. Deshalb war er nicht überrascht und es machte ihm auch nichts aus.

Aber dann hört er Luzifers Liebesgeständnis und war vollkommen irritiert. Er kann es nicht verstehen. Er ist doch nur eine Missgeburt und ein Freak und deshalb konnte ihn auch niemand lieben, oder? Genau das hatten sie ihm doch immer und immer wieder gesagt. Also musste es doch stimmen.

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