111. Unverfroren und dreist

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Und das war auch wohl nötig, denn die kommenden Tage wurden für alle mehr als anstrengend. Jeder von ihnen hatte ziemlich viel zu tun. Es gab kaum Pausen oder Zeit zum ausruhen und auch die nächtliche Schlafenszeit wurde extrem verkürzt.

Nun merkten die meisten, was die Hauselfen jeden Tag leisteten. ohne das sie es überhaupt registriert oder ihnen angerechnet hatten. Genau diese Erkenntnisse kamen immer häufiger zur Sprache und veränderten die Schüler, machten sie irgendwie erwachsener und selbstbewusster. Dies traf aber leider nicht auf alle Schüler zu. Es gab immer noch welche, die irgendwelche fadenscheinigen Begründungen und Entschuldigungen für ihre momentane Lage bzw. jede einzelne Situation parat hatten.

Natürlich machte sich diese extreme Doppelbelastung von lernen, Schule, Hausaufgaben auf der einen Seite und Küchendienst, Wäsche waschen, putzen und aufräumen auf der anderen, bei vielen bemerkbar.

Hausaufgaben waren oftmals nicht vollständig oder ausführlich genug bzw. fehlten gänzlich. Jungen und Mädchen jeder Altersstufe schliefen einfach mitten im Unterricht oder am Tisch der Großen Halle ein und verpassten somit das Essen. Außerdem konnte Poppy einen Anstieg bei den Erkrankungen feststellen.

In Hogwarts ging alles seinen gewohnten Gang. Immer wieder fielen Schüler aus, weil sie viel zu erschöpft waren und zusammenbrachen, dann bei Madam Pomfrey auf der Krankenstation landeten um sich ein – zwei Tage auszuruhen.


Minerva war gerade mit einer schwebenden Trage, auf der zwei Hufflepufferstklässler lagen, bei Poppy erschienen. Die Verwandlungslehrerin hatte die Trage heraufbeschworen, nachdem die Zwei in der großen Halle während des Abendessens ohnmächtig von der Bank gerutscht waren.

Nur Augenblicke später betrat Pomona Sprout den Krankenflügel um nach ihren zwei Schülerinnen zu sehen. „Wie geht es Meliana und Sophie? Weißt du schon näheres, Poppy?", wollte die kleine pummelige Professorin sofort von der Medi-Hexe wissen.

„Ich hatte noch keine Gelegenheit. Sie sind ja gerade erst angekommen.", erwiderte die Gefragte und ging automatisch in den Heiler-Modus über. Nach einem kleinen Körpercheck schaute sie die beiden Frauen traurig an. „Es ist das übliche...", erklärte sie Pomona und Minerva, die sie fragend anschauten. „Völlige Erschöpfung, harte körperliche Arbeit und hoher Magieverbrauch. Ich werde sie hier behalten müssen, um sicher zu stellen, dass sie in den nächsten zwei Tagen überhaupt keine Magie benutzen.", meinte Poppy.

„Aber... wieso... das ist doch nicht möglich!", brachte der Hausvorstand von Hufflepuff heraus. „Sie hatten doch heute Nachmittag keinen Dienst, um ihre Hausaufgaben zu machen!", fügte Pomona noch hinzu.

Jetzt sahen auch Poppy und Minerva ungläubig auf die beiden Kinder, die ruhig auf jeweils einem der Krankenbetten lagen.

Gerade in diesem Augenblick betrat Holly den Raum und stutzte sofort. Die personifizierte Seele Hogwarts hatte enorme Langeweile. Holly war eigentlich auf die Krankenstation gekommen, um sich mit der Medi-Hexe zu unterhalten. Doch dann registrierte sie die anderen Frauen, zwei Kinder die anscheinend schlafend in den Betten lagen und eine wirklich mehr als bedrückende Stimmung, obwohl keiner was gesagt oder sich beschwert hatte. Schon seit einigen Tagen verhielt sich Holly mehr als ruhig, trieb keinen Schabernack mit den Schülern und auch Lehrern, da diese einfach immer nur völlig fertig aussahen. So wechselten weder die Treppen unbeabsichtigt die Richtung, verschwanden oder blieben abrupt stehen, noch lösten sie sich einfach in Luft auf, so wie es einige Türen, Wandteppiche oder Gemälde und Geister es taten, weil Holly es so wollte. Auch hatte sie sich einen Spaß daraus gemacht, dass komplette Zimmer zu verändern und den Schülern oder Lehrern den Eindruck zu geben, im völlig falschen Raum zu sein und sich wieder auf den Weg zu machen, um diesen dann aufzusuchen. Hollys bevorzugte Opfer waren eindeutig Gryffindors, da diese sich mehr als einmal richtig daneben benahmen und sich absolut falsch verhielten. Hierbei fielen mehrere Jungen und ein Mädchen extrem unangenehm auf, so das sich Holly sogar ihre Namen merkte. Es waren insgesamt drei Weasleys, nämlich Ron und die Zwillinge Fred & George, Hermine Granger, Neville Longbottom, Luis, Zwillinge Björn & Timo Petrell, Sven Hooch, David Erlenz und Philipp Mandel.
Holly vermutete, dass alle immer so fertig und müde aussahen weil sie kochten, putzten und sogar die Wäsche selber machten. Sie hatte es selber sehr oft gesehen und beobachtet, wurde von diesen nicht mal entdeckt, da sie so beschäftigt und in ihrer Aufgabe vertieft waren.

Minerva und auch Pomona standen mit dem Rücken zur Tür, während Poppy sich genau auf der anderen Seite befand und die Tür direkt im Blick hatte und Holly reinkommen sah.

Die Medi-Hexe versorgte Meliana und Sophie, zauberte ihnen ein Nachthemd an und deckte sie gut zu. Dann scheuchte sie Minerva, Pomona und auch Holly aus dem Raum, damit die Kinder in Ruhe schlafen konnten und sich ihr Magiepegel langsam wieder erhöhte.

Die kleine Gruppe hatte gerade Poppys Büro betreten, diese noch nicht mal die Türe geschlossen, als Holly schon das Wort ergriff. „Was ist denn hier los?", entfuhr es ihr.

„Was meinst du?", konterte Minerva direkt.

„Na das alles. Die ganze Stimmung und das Verhalten der Schüler und auch Lehrer. Liegt es an der neuen Tätigkeit?", wollte Holly schließlich wissen. Sie machte sich unentwegt Gedanken.

Pomona und auch Minerva sahen das geisterhafte Mädchen einfach nur an, sagten nichts.

„Welche Tätigkeit? Was meinst du?", fragte Poppy nach.

„Immer wieder sehe ich Schüler und Lehrer, die in Hogwarts putzen und aufräumen, Holz in den Kaminen schichten und es anzünden. Und auch die Küche scheint in den Händen der Zauberer und Hexen zu liegen. Was ist los?", kam es erneut von Holly, nachdem sie sich erklärt hatte.

Es vergingen einige Minuten, in denen sich die Erwachsenen einfach nur ansahen.

Dann fing Minerva an zu reden. Zuerst kamen die Worte nur zögerlich und stockend, doch irgendwann sprach sie flüssig und die Worte sprudelten regelrecht aus ihrem Mund und erklärten Holly alles ganz genau.

Holly verhielt sich die ganze Zeit ruhig, obwohl es ihr schwer fiel. Denn die Dinge, die sie gerade erfuhr, entsetzten die personifizierte Seele von Hogwarts. Dies lag zum einen daran, dass sie es nicht gewusst hatte und nicht mal annähernd in Erwägung zog. Hinzu kam, dass ihr natürlich jeder einzelne Schüler und auch Lehrer am Herzen lag.

Als Minerva geendet hatte, sah sie fragend auf die Kleine mit den schneeweißen Haaren.

Holly blickte sehr betreten auf die Wand und dachte nach. Kurze Zeit später hatte sie einen Entschluss gefasst. „Ich hatte wirklich keine Ahnung, wie schlimm es tatsächlich ist. Aber so geht das nicht weiter. Ich habe keine Ahnung wie ich es verändern kann, aber ich werde mich darum kümmern.", kam es von Holly.

Wieder war es für einige Augenblicke vollkommen still im Raum.

Holly konnte das Gedankenchaos nur sehr schwer ordnen, doch so nach und nach passte alles zusammen. „Ich werde mich darum kümmern.", sagte Holly ein zweites Mal. „Es tut mir furchtbar leid. Ich habe es nicht bemerkt. Natürlich habe ich gesehen, dass Schüler und Lehrer die Aufgaben der Hauselfen übernommen hatten.", fügte sie hinzu. „Jedoch hatte ich keine Ahnung wie schlimm es wirklich für sie ist!", entfuhr es der Kleinen am Ende. Sie sah die anderen nochmals an, bevor sie mit schnellen Schritten die Krankenstation verließ.

Minerva, Pomona und Poppy sahen ihr kurz hinterher.

„Ich glaube, dass war ein richtiger Schock für sie.", meinte die Medi-Hexe.

„Das kann man wohl sagen. Sie ist richtig weiß geworden, obwohl sie doch kein lebendiges Wesen ist,oder?", entgegnete Pomona.

„Irgendwie tut sie mir leid.", kam es von Minerva und sah kurz auf die zwei Kinder vor ihr. „Ich hoffe wirklich, dass Holly Erfolg hat und die Hauselfen zurück kommen. Schließlich kann es nicht so weiter gehen und von Albus ist keine Hilfe zu erwarten. Ganz im Gegenteil, er hat sich schön aus allem raus gehalten und es auf die vier Hauslehrer abgewälzt.", fügte sie noch hinzu.

„Ja, dies ist wohl wahr.", antwortete Pomona sofort. Sie kämpfte eigentlich immer noch mit der Wut im Bauch und würde dem Schulleiter gerne mal die Meinung über so einige Dinge mitteilen, die nach ihrer Meinung absolut nicht mehr rund liefen, aber irgendwie ging es nicht. Pomona konnte und wollte es dann doch nicht tun. Sie hatte bei Albus momentan kein gutes Gefühl.


~Rückblick~

Drei Stunden früher bei Meliana und Sophie.

Die beiden Erstklässler waren richtig froh, dass sie heute nicht helfen mussten und ihre Hausaufgaben erledigen konnten. Schließlich wollten sie alles zur Zufriedenheit der Lehrer erledigen. Sie kamen aus reinen Zaubererfamilien mit einem gewissen Standard. Sie konnten sich also Hauselfen für die tägliche Arbeit leisten und waren die körperliche Arbeit nicht gewohnt. Aus diesem Grund war es nicht verwunderlich, dass sie von ihrem gestrigen Putzdienst, dem abstauben der Gegenstände wie Gemälde und Kommoden in den Gängen des dritten und vierten Stockwerkes, riesigen Muskelkater und Schmerzen in den Armen zurück behalten hatten.

„Boah! Habe ich einen Muskelkater!", entfuhr es Sophie. Sie spürte den Schmerz, als sie mit dem Arm nach oben ging, um das Buch aus der oberen Reihe des Regals zu greifen. Die beiden Erstklässler befanden sich noch in der Bibliothek, um auch genügend Material für ihren Zauberkunstaufsatz beisammen zu haben.

Ungefähr eine viertel Stunde später waren sie auf dem Weg zu ihrem Gemeinschaftsraum. Sie hatten insgesamt sechs sehr dicke Bücher im Gepäck.


Genau zur gleichen Zeit standen fünf Gryffindors mit roten Gesichtern und enormer Wut im Bauch im fünften Stock und schimpften wirklich wie die Rohrspatzen. Hierbei flogen sogar mehrere Flüche da Fred, George und Ron sich nicht zurückhalten konnten. Die Fünf konnten es immer noch nicht fassen. Sie waren doch tatsächlich von ihrer eigenen Hauslehrerin dazu verdonnert worden, hier im Stockwerk zu putzen, Holz in den Kaminen nachzulegen und sogar den Boden zu wischen.

„Das werde ich garantiert nicht tun. Es reicht schon, dass wir nach unserer Ankunft tatsächlich Kartoffeln schälen mussten!", entfuhr es Ron. Sein Gesicht sah eigentlich nicht so gut aus, es erweckte den Eindruck, als würde es gleich explodieren.

„Da gebe ich dir recht. Sollen sich die Anderen darum scheren. Das ist wahrlich nicht unsere Bestimmung. Wir sind zu höherem auserkoren.", konterte George nur.

Dann verstummten sie und horchten auf. Sie hörten eindeutig Schritte, die direkt auf sie zukamen.

Wenige Augenblicke später sahen Fred, George, Ron, Hermine und Neville zwei kleine Hufflepufferstklässler auf sich zukommen.

Ohne etwas zu sagen, grinsten sich die Zwillinge an. „Das ist die Lösung!", sagten sie wie aus einem Mund.

„Hä?", gab Neville von sich. Er verstand wirklich nicht, was die Zwei meinten.

„Was meint ihr?", wollte Ron wissen, da es ihm genau so wie Neville ging und er keine Ahnung hatte, was seine Brüder meinten.

Ganz im Gegenteil zu Hemine. Sie sah auf die zwei Mädchen, dann auf die Weasleyzwillinge und fing an zu grinsen, als sie die Erkenntnis traf. „Hey! Großartige Idee, das machen wir!", meinte sie.

„Ich versteh nur Bahnhof.", sagte Neville.

Fred, George und auch Hermine sagten nichts mehr. Sie stellten sich nur den zwei Mädchen in den Weg, die gerade an ihnen vorbei gehen wollten.

„Was soll das?", fragte Meliana, während Sophie leicht zusammenzuckte und sich etwas kleiner machte. Meliana war schon immer die Mutigere von ihnen gewesen und wurde deshalb auch von Sophie dafür bewundert.

Jedoch kam ihre Art überhaupt nicht gut bei den Gryffindors an. Sie wollten keine aufmüpfigen Blagen die sich ihnen widersetzten, sondern Ängstliche und Willige, die alles ohne Wiederworte taten, was sie ihnen sagten. Deshalb holte Fred einmal kräftig aus und schlug der aufmüpfigen Blonden fest in den Bauch.

Meliana konnte nicht mehr ausweichen und japste laut auf, als sie der Schlag in den Bauch traf. Tränen schossen ihr regelrecht aus den Augen und sie krümmte sich vor Schmerz.

„Hey, was tut ihr denn? Das dürft ihr nicht!", entfuhr es jetzt Sophie. Sie wollte ihrer Freundin helfen, wurde aber von Ron und Neville festgehalten, die mittlerweile auch geschnallt hatten, was die anderen tun wollten.

„Wer sagt das? Wir werden es euch genau einmal erklären und dann führt ihr das aus, ist das klar!", kam es von George.

„Vergiss es!", spie Meliana ihm entgegen, hatte sich so halbwegs von dem Schlag erholt.

„Willst du frech werden?", fragte Hermine nur.

Fred und George fackelten nicht lange und verpassten dem Mädchen einen weiteren Schlag und auch Sophie wurde schon mal vorsorglich geschlagen, um jeden Widerstand ihrerseits direkt im Keim zu ersticken.

„Also die könnte doch glatt eine Gryffindor sein, oder meint ihr nicht auch?", wollte dann George von den anderen wissen.

„Ja, da könntest du recht haben. Aber auf der anderen Seite auch wieder nicht, da sie zu blöd zu sein scheint, um zu erkennen, wann es besser ist zu tun was von ihr verlangt wird.", konterte Fred und bekam das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht.

Es folgten noch weitere Schläge und vor allem Beschimpfungen und wüste Drohungen, bis auch Meliana aufgab und kapitulierte... bereit war alles zu tun was die fünf Gryffindors von ihnen verlangten.

So wurden sie in den kommenden Stunden von den Gryffindors dazu genötigt all ihre Arbeiten und Aufgaben zu erledigen. Meliana und Sophie waren zwei Erstklässler und mussten das Pensum der fünf schon älteren Schüler übernehmen. Das war eine Tatsache, welche die Zwei am Ende an den Rand ihrer Möglichkeiten brachte. Sie konnten immer wieder nur ihre Magie einsetzen und Zauber ausführen, die sie in ihrem Alter noch nicht wirklich beherrschten und richtig viel Magie verbrauchte.

Als am Schluss erst Meliana und direkt danach auch Sophie vor Erschöpfung und Magieverlust bewusstlos zusammen brachen, schauten Fred, Hermine und die anderen sehr überrascht. Doch sie fassten sich schnell wieder. Sie ließen die Mädchen durch einen Geheimgang in den zweiten Stock schweben und verschwanden mehr als zufrieden, ohne sich um die Bewusstlosen zu kümmern.

Genau hier wurden sie dann kurz darauf von Minerva McGonagall gefunden und zur Krankenstation gebracht.

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