17. Veränderungen

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Loredana hatte den Höllenfürsten zurück in sein Reich gebracht und sich wegen eines sehr wichtigen Treffens sofort von ihm verabschiedet. So war Luzifer alleine in das Zimmer seines Gefährten gegangen und hatte sich an das Bett gesetzt und die zarte Hand des Jungen gegriffen und sie unentwegt gestreichelt. Nun verstand er dessen Verhalten und war einfach nur sauer und wütend, dass er diese Muggel nicht jetzt schon in die Finger bekam, um ihnen ganz deutlich zu zeigen was er von deren Behandlung hielt.

Luzifer hatte es sich in einem Sessel vor dem Bett gemütlich gemacht und auf seinen Kleinen aufgepasst. Er war jedes Mal wach geworden, wenn einer der Heiler erschien um dem schlafenden Jungen die benötigten Tränke zu verabreichen und seine Werte zu prüfen und einzutragen. Aber Luzifer hatte kein einziges Wort verloren. Er lächelte die Dämonenheiler jedes Mal sehr dankbar an. Schließlich waren sie es, die dafür sorgten, dass es seinem Kleinen von Tag zu Tag besser ging. Und das war das Wichtigste für den Höllenfürst.

Meran war gerade erst rausgegangen, als Luzifer bemerkte, dass der Junge unruhig wurde. Sein Kopf bewegte sich hin und her und auch die Augen schienen unter den geschlossenen Lidern sehr aktiv zu sein, denn sie bewegten sich andauernd.

„Bitte... es tut mir leid, Sir. Wollte das wirklich nicht... nicht wieder weh tun...", vernahm Luzifer auf einmal die relativ leise Stimme des Jungen und musste sich beherrschen, den Körper des Kleinen nicht an sich zu reißen, um ihn zu trösten und zu beruhigen. Luzifer hatte sich sehr vorsichtig neben den Jungen auf die Bettdecke gesetzt, ergriff Harrys Hand, begann wieder sehr liebevoll über dessen Handrücken zu streicheln und ihm Nichtigkeiten zu zuflüstern.

Es hatte doch relativ lange gedauert, bis sich Harry beruhigt hatte und ruhig schlief. Luzifer saß neben ihm und betrachtete seinen Gefährten. Er konnte nun, wo er ihm so nahe war nicht verhindern, dass ihn der Schlaf übermannte und ihn ebenfalls ins Traumland gleiten ließ.

Weder Harry noch Luzifer bekamen mit, dass sie sich im Schlaf ganz eng aneinander kuschelten, obwohl die Zudecke noch zwischen ihnen war. Denn Harry lag unter der Decke und Luzifer mittlerweile einfach oben drauf.

Natürlich blieb dies aber nicht verborgen, denn sowohl Meran als auch Herak registrierten dies, als sie Harry die Tränke einflößten und seine Werte überprüften und diese sehr zufrieden eintrugen. Sie konnten mit Gewissheit sagen, dass es Harry schon viel besser ging. Dies war auch der Grund, warum sie Luzifer mitteilen wollten, dass er seinen Gefährten mitnehmen und dieser für zwei Stunden das Bett verlassen durfte.

Harry hingegen fühlte sich einfach nur toll. Er hatte kaum noch Schmerzen, nicht mal unbedachte Bewegungen taten weh und es war einfach herrlich warm. Schon seit einer Ewigkeit hatte er dieses Gefühl von Kälte um sich gespürt und irgendwie immer gefroren. Sogar wenn er in Hogwarts vor dem Kamin gesessen hatte, war ihm kalt. Diese Kälte war einfach da. Sie schien überall zu sein, sogar in seinem tiefsten Inneren und ließ gar nichts Positives oder Schönes zu seinem Geist vordringen. Daran waren natürlich auch die Behandlungen und Worte der Anderen schuld, die Harry zu einem Freak und wertlosen Nichts abgestempelt hatten.

Doch nun lag Harry in diesem weichen Bett und spürte eine Wärmequelle neben sich, an die er wirklich sehr eng angekuschelt lag und im Arm gehalten wurde, denn Harry spürte eine große Hand an seiner rechten Hüfte. Es wunderte ihn schon, dass er nicht längst aufgesprungen war. Aber Harry fand dieses Gefühl unwahrscheinlich schön und hatte überhaupt keine Angst vor diesem Mann, den er für Luzifer hielt.

~Da hast du recht, Harry. Neben dir liegt wirklich Luzifer und du musst auch keine Angst vor ihm haben. Erinnere dich daran. Luzifer hat dich vor dem Tod bewahrt und ist mit dir die Bindung eingegangen. Ihr seid Seelen- und Bindungspartner.~, hörte Harry die Stimme von Dago – seinem dämonischen Ich – in seinem Kopf.

~Hallo Dago.~, begann Harry ihm zu antworten. Aber seine Stimme klang nicht sehr fest und überzeugend. Harry konnte die Angst vor allem und jedem, vor Schlägen und Strafen nicht einfach so ausschalten, dafür saß es einfach zu tief in ihm.

~Hey, es ist alles gut. Schau mal, welche Fortschritte du schon gemacht hast. Du bist noch nicht geflüchtet. Es gefällt dir. Das stimmt doch, oder? Harry, dies ist normal. Du bist mit Luzifer gebunden. Ihr wollt einfach in der Nähe des anderen sein. Auch Luzifer wird deine Nähe suchen und dir alle Wünsche erfüllen, damit du glücklich bist. Außerdem bist du hier bei uns absolut sicher. Ist alles okay?~, wollte Dago wissen.

~Ja!~, war alles was Harry noch erwidern konnte, dann wurde seine Aufmerksamkeit auf den wohl gerade erwachten Höllenfürst gelenkt. Harry fing automatisch an zu zittern. Er konnte einfach noch nicht aus seiner Haut. Obwohl er die Nähe und den Kontakt zu Luzifer von sich aus wollte und es richtiggehend genoss ... 'Das braucht wohl noch etwas, bis ich mich daran gewöhnt habe, denn akzeptieren tue ich bzw. meine inneren Wesen es ja schon, schließlich gefällt es mir außerordentlich gut und fühlt sich absolut richtig an', dachte er.

Luzifer war mit einem irre guten Gefühl aufgewacht und bemerkte, dass er seinen Kleinen liebevoll und eng an sich gekuschelt im Arm hielt und strahlte nun regelrecht. Das gefiel ihm ausgesprochen gut und er hätte nichts dagegen, jeden Morgen mit diesem Gefühl und seinem Kleinen im Arm aufzuwachen. Er hatte immer wieder vor anderen Dämonen beteuert, dass er kein verschmuster und kuschelbedürftiger Dämon sei. Doch wenn er jetzt an dieses Gefühl dachte, musste er wohl zugeben das dies nicht ganz so zutraf. Nun bemerkte er, dass dieser zu zittern begann. „Harry... Schsssch, bleibe ganz ruhig. Es ist alles gut. Du musst vor mir keine Angst haben, ich tue dir nichts!", redete er auf den Schwarzhaarigen ein und strich ihm immer wieder beruhigend über den Rücken.

„Es tut mir leid. Ich weiß nicht wie das passieren konnte, Sir. Entschuldigung. Ich habe keine Ahnung wie...". Harry konnte nicht weiter sprechen, denn Luzifer hatte ihm sanft einen Finger auf die Lippen gelegt.

„Harry. Dir muss überhaupt nichts leid tun und du brauchst dich nicht entschuldigen. Ich fand es so schön. Hat es dir nicht gefallen?", wollte Luzifer dann wissen.

Harry war hin und her gerissen. Ja, es hatte ihm gefallen. Aber er war doch ein Freak, ein Nichts und durfte das nicht. Ihm stand es nicht zu. Jedoch sagten Dago und Luzifer, dass es richtig war und normal, er das also durfte. Doch ihm war immer eingeprügelt worden, dass er es nicht wert sei überhaupt zu leben. Was war denn nun richtig und was nicht? In Harrys Geist herrschte mittlerweile ein derartiges Chaos an Gedanken, dass es den Jungen einfach überrollte und er total überfordert damit war. Obwohl es ihm von seinem Onkel, Dumbledore und sogar seinen Freunden verboten war zu weinen, liefen ihm nun lautlos Tränen seine Wangen herunter.

Der Schwarzhaarige konnte sich nicht mehr zurück halten. Er verlor die Beherrschung und schluchzte wirklich sehr leise vor sich hin. Die Tränen liefen unaufhaltsam die Wangen herunter, ohne das Harry es verhindern konnte.

Immer noch sehr sanft und liebevoll zog Luzifer seinen Kleinen noch näher an sich heran und hielt ihn im Arm, während der Körper des Jungen von einem regelrechten Weinkrampf geschüttelt wurde.

~Das ist gut. Weine dich richtig aus. Das wird dir gut tun und dich erleichtern.~, vernahm Harry die Stimme von Saria in seinem Kopf, war aber nicht in der Lage irgendwas darauf zu antworten.

„Es ist in Ordnung. Weine ruhig. Lass alles raus, denn das tut dir gut. Glaube mir!", sagte nun auch Luzifer während er ununterbrochen über seinen Rücken und die Hüfte strich und ihm nette Worte ins Ohr flüsterte.

Ungefähr eine Stunde hatte es dann gedauert, bis Harry total erschöpft eingeschlafen war. Er hatte sich tatsächlich in den Schlaf geweint. So bekam er natürlich nicht mit, wie Heiler Meran erneut den Raum betrat und ihm verschiedene Tränke einflößte, mehrere Verbände erneuerte und sich besonders um das sehr stark verletzte rechte Handgelenk kümmerte.

Luzifer sah dem wortlos zu und wollte dann von ihm wissen, wie es um den Gesundheitszustand seines Gefährten bestellt war.

„Mylord. Es ist wirklich erstaunlich zu sehen, wie die Kombination von Dämonen- und Elbenheilmagie auf ihren Gefährten gewirkt hat. Alle Brüche sind komplett verheilt, ebenso die Prellungen, Blutergüsse und Striemen. Es besteht keine Blutvergiftung mehr, die innere Blutung ist geheilt, genauso ist es bei den Quetschungen. Sowohl der Magen wie auch die Nieren sind in Ordnung. Die wirklich sehr überstrapazierten Nervenbahnen beginnen sich zu erholen. Gegen die Unterernährung und extremen Mangelerscheinungen konnten wir bis jetzt erfolgreich ankämpfen, Harry hat schon knapp zwei Kilo zugenommen. Es gibt noch mehrere Wunden am Körper, die täglich neu eingecremt und verbunden werden, aber sie sind nicht mehr vereitert oder entzündet und heilen relativ gut. Er hat auch kaum noch Temperatur. Blutdruck und Puls sind ebenfalls im normalen Bereich und bereiten uns keine Sorgen. Anders sieht es da bei seiner Lunge aus. Die gebrochene Rippe, welche gegen die Lunge drückte, verhinderte das sich der rechte Lungenflügel richtig entfalten konnte. Dies führte zu permanenter Atemnot und Atemgeräuschen wie rasseln und pfeifen, welches auch jetzt noch besteht und wirklich genau beobachtet werden muss. Darum sollte es vermieden werden, dass er sich überanstrengt oder aufregt, um seine Gesundheit nicht zu gefährden. Die gleiche Maßnahme trifft auch auf sein rechtes Handgelenk zu. Durch die extrem enge Metallfessel wären fast seine Muskeln und Nervenbahnen im Handgelenk durchtrennt worden. Die Wunde ist noch nicht komplett zu und blutet auch noch leicht. Sie wird deshalb immer sehr stark verbunden, um die Hand relativ ruhig zu stellen. Es wird wohl noch länger dauern, bis es wieder in Ordnung ist. Am meisten Sorge bereitet uns im Augenblick der Schädelbruch. Das könnte noch irgendwelche Spätfolgen nach sich ziehen. Es gäbe da eine Behandlung mit einem Trank. Dieser ist wirklich ekelhaft und muss insgesamt 10 Tage eingenommen werden und bereitet auch Schmerzen. Die Augen wären in der Zeit komplett verbunden und er müsste sich auf Hilfe einlassen und uns vertrauen. Und ich glaube, da liegt im Augenblick noch das Problem.", brachte der Heiler heraus. Er war zum Ende hin etwas leiser geworden.

Auch Luzifer war der gleichen Meinung wie Meran. Im Moment würde Harry dieser Behandlung wohl noch nicht zustimmen. Aber der Höllenfürst war zuversichtlich, dass es ihnen mit vereinten Kräften gelingen würde, den Jungen davon zu überzeugen. Schließlich wollten alle ihr Möglichstes tun um Harry zu helfen.


Der nächste Morgen brach an. Harry erwachte und fühlte sich eigentlich sehr gut. Und genau da lag das Problem. 'Ich verstehe es nicht, kann es nicht begreifen.', schoss es ihm durch den Kopf. 'Bis jetzt hat mich noch niemand geschlagen. Ich habe etwas zu Essen bekommen ohne dafür bis zum umfallen arbeiten zu müssen. Vor allem ist jeder richtig nett zu mir, aber wieso? Ich bin doch nur eine Missgeburt und absolut böse. Ich habe schließlich einen Menschen getötet und verdiene deshalb die Schläge und Strafen!', rotierten seine Gedanken. Und dann glaubte Harry den möglichen Grund gefunden zu haben. „Natürlich. Warum bin ich nicht früher darauf gekommen? Das Verhalten ist eine Falle. Sie wollen mich in Sicherheit wiegen und dann zeigen sie mir ihr wahres Gesicht und machen mich wie alle anderen fertig, ziehen mich runter, schlagen, verprügeln und foltern mich. Aber es ist schließlich ihr Recht und ich muss es hinnehmen.", flüsterte er mehr zu sich selber.


Als Luzifer aus dem Bad kam, war Harry wach und sah ihn mit glanzlosen, fast stumpfen, smaragdgrünen Augen an. „Guten Morgen!", grüßte der Schwarzhaarige den Höllenfürsten und wollte dann ebenfalls aufstehen.

„Guten Morgen, Harry!", grüßte Luzifer zurück und sah seinen Kleinen etwas irritiert an. „Was soll das werden?", fragte er dann und betrachtete immer noch die vergeblichen Versuche des Jungen aufzustehen.

„Ich muss arbeiten, Sir!", war alles was Harry darauf erwiderte.

Luzifer glaubte sich verhört zu haben. Was war denn nun passiert? Wieso verhielt sich der Junge so? Der Höllenfürst war ratlos und konnte sich dieses veränderte Verhalten nicht erklären.

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