26. Der grosse Tag

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Schon am nächsten Tag, es war früher Abend, erschien Levin wieder und brachte seinem Fürst die ersten Ergebnisse. Und Luzifer hatte tatsächlich recht, denn dieser Sirius Black befand sich weder in der Hölle noch im Himmel. Also ein eindeutiger Beweis, dass dieser Mann nicht gestorben war und sich noch irgendwo aufhielt.


Jeden Morgen musste Harry den Trank nehmen und bekam sehr heftige Schmerzen. Er konnte das ein oder andere Mal einen Schmerzensschrei nicht unterdrücken, wimmerte und weinte, obwohl Luzifer an seiner Seite war. Der Höllenfürst stand ihm bei, unterstützte den Kleinen sogar mit seiner Magie, während er ihn fest hielt und den nötigen Halt gab.

Doch es war gerade in den ersten Tagen wirklich kräftezehrend und anstrengend und zwar für alle Beteiligten.

Harrys Hilflosigkeit und das nicht wissen was um ihn herum geschah, überforderte den Schwarzhaarigen absolut.

Vom ersten Augenblick an war Harry so was von anhänglich. Er ließ Luzifer kaum noch los. Er reagierte schon ängstlich oder panisch, wenn sich Luzifer ein kleines Stück zu weit von ihm entfernte. Luzifer wich nicht mehr von Harrys Seite. Er war immer da und beschützte den ängstlichen und leicht verstörten Jungen.

Aber der Höllenfürst empfand es nicht als negativ oder nervig. Ganz im Gegenteil, es gefiel ihm ausgesprochen gut, dass sich Harry, so ohne Sehkraft, als ausgesprochene Klette und schmusebedürftige Katze heraus stellte. Außerdem festigte sich das Band zwischen Luzifer und Harry sehr stark. Es brachte sie einen wirklich großen Schritt weiter, denn Harry vertraute ihm im wahrsten Sinne des Wortes absolut blind.


Auch seine inneren Wesen halfen Harry sehr stark und waren einfach immer für ihn da, wenn er sie gerade am nötigsten brauchte. Sie standen ihm mit Rat und Tat zur Seite und erklärten ihm oft die einfachsten Dinge, welche Magische Kinder eigentlich schon sehr früh lernten, wovon er aber keine Ahnung hatte. Außerdem merkte Harry sehr schnell, dass seine inneren Wesen ihn sogar durch ihre Kräfte beschützten. Sie belogen ihn nicht, sagten die Wahrheit und genau das war bei dem Schwarzhaarigen der richtige Weg.


Die goldene Katze zählte auch zu Harrys Vertrauten und er wollte sich ein Leben ohne seine Tamy nicht mehr vorstellen. Er fühlte sich bei der Magischen Katze wirklich wohl und absolut sicher. Auch bei Loredana, seiner Patentante, war es so, obwohl er das Gefühl hatte das er nicht alles über sie wusste.

Gefährte Luzifer war mittlerweile Harrys wichtigste Bezugsperson. Er zeigte dem Jungen durch seine Anwesenheit und freundliche Art, dass es ihm nur um den Jungen, um Harry, ging. Es machte ihm zu schaffen, dass er sich bei Luzifer so wohl fühlte und wirklich keine Angst in seiner Nähe hatte. Er verstand es einfach nicht. Harry konnte ja nicht ahnen, dass sich Luzifer schon in sein Herz geschlichen hatte, ohne dass er es bemerkte.

Harrys Verhalten zeigte jedem, vor allem Luzifer, wie sehr der Junge seinen Gefährten brauchte und auch schon vertraute.

Nach einigen Tagen wurden Harrys Reaktionen auf seine Umgebung etwas besser, da er sich überhaupt nicht mehr vom Höllenfürsten entfernte, immer direkt bei ihm war.

Luzifer hatte schon seit Tagen überlegt, wann er Harry von dem Treffen des magischen Konzils erzählen sollte und entschied sich dann, es erst am Abend davor zu tun. Dann hatte sein Kleiner nicht so viel Zeit darüber zu grübeln und sich Gedanken zu machen.

Seit Harry den Trank nahm, waren sie nicht einmal draußen gewesen. Sie hatten den Höllenpalast nicht verlassen, besuchten nur jeden Tag den Rosengarten, damit Harry an die frische Luft kam. Aber auch in den Wintergarten ging Luzifer mit seinem Kleinen sehr gerne.

Die Beiden sprachen sehr viel miteinander und Harry traute sich mittlerweile auch dem anderen Fragen zu stellen, ohne Angst vor Strafen zu haben. Und auch mit seinen inneren Wesen sprach Harry nun viel häufiger. Luzifer erklärte seinem Gefährten verschiedene Zusammenhänge und ging natürlich besonders auf Dämonen ein.

Dies tat Loredana, wenn es um spezielle Elbenfragen ging. Sie hatte es tatsächlich geschafft, jeden Tag vorbei zu kommen und ihr Patenkind zu besuchen.

Erstaunt waren sie dann, dass Harry seine anderen Sinne viel intensiver einsetzte und das fehlende Augenlicht dadurch ersetzte. Sein Gehör und auch der Geruchssinn übernahmen die Aufgabe und zeigten Harry deutlich, dass jemand kam und am Geruch bzw. Duft konnte er einzelne Wesen und Personen sogar unterscheiden.

Harry bemerkte schon während des Abendessens das Luzifer ziemlich unruhig wurde, irgendwas beschäftigte den Mann. Aber Harry wollte Luzifer nicht durch seine Frage verärgern und wartete erst einmal ab.

Eine halbe Stunde später, sie waren mit dem Essen fertig und saßen vor dem Kamin, begann Luzifer ein belangloses Gespräch und steuerte dann auf das Morgen bevorstehendes Konziltreffen hin.

Der Höllenfürst wunderte sich nicht, dass Harry keine Bedenken äußerte, aber kurz darauf schon in seine Gedanken zu versinken schien.

Jedoch wäre Luzifer nicht Luzifer, wenn er es nicht schnell geschafft hätte, Harry erfolgreich von seinen Gedanken und Überlegungen abzulenken.

Kurz darauf schlief Harry in den Armen seines Gefährten ein und bekam nicht mal mehr mit, dass sich Heiler Meran um sein Handgelenk kümmerte.

„Mylord, ich hätte da noch eine wichtige Angelegenheit.", begann Luzifers Leibarzt nachdem er mit Harrys Versorgung fertig war.

„Ja?"

„Es gibt in der Muggelwelt viele Therapien und Möglichkeiten, um sich um bestimmte Verletzungen und Gebrechen zu kümmern. Ich habe auf einem Kongress der Heiler jemanden kennen gelernt und vorgestern mit ihm über das Problem des kleinen Masters mit seinem Handgelenk gesprochen. Samuel Dorgas, so heißt er, zeigte mir eine weitere Möglichkeit einer Behandlung, welche Harrys Beeinträchtigungen seiner Hand durch gezielte Tätigkeiten und Übungen weitgehend beheben könnten. Man nennt dies Ergotherapie. Samuel ist Ergotherapeut und bereit ihrem Gefährten zu helfen, wenn dieser damit einverstanden wäre.", gab Meran von sich und schaute seinen Fürst erst mal nur an.

„Ich danke dir für deine Bemühungen. Ich werde es Harry direkt nach unserem Konzilbesuch mitteilen, da ich es auf keinen Fall über seinen Kopf hinweg entscheiden will.", entgegnete Luzifer und bekam ein zustimmendes Nicken des Heilers, bevor dieser den Raum verließ.


Am nächsten Morgen beim Frühstück brachte Luzifer noch einmal das bevorstehende Konziltreffen zur Sprache. Schließlich wollte und musste er Harry noch mitteilen, dass seine Patentante schon 11278 Jahre alt und die momentane Elbenkönigin war. Da er es spätestens während des Treffens erfahren würde und sie ihn nicht damit überrumpeln und schocken wollten.

Während Luzifer also seinem Harry diese Neuigkeiten so schonend wie ihm irgendwie möglich mitteilte, saßen die Vertreter und Abgesandte der einzelnen Magischen Wesen und Rassen am großen Konferenztisch und lauschten der Erklärung ihrer Vorsitzenden Elbenkönigin Loredana. Bei den meisten Magischen Völkern gab es Gefährten und deshalb stieß Loredana bei ihnen auf großes Verständnis und Anteilnahme und sicherten ihr ihre volle Unterstützung zu. Die anschließende Diskussion, die sich ausschließlich um den Gesundheitszustand von Harry drehte, zeigte Loredana das alle wirklich Interesse an dem Elementardämon-Königselb-Mix hatten.

„Es ist vor allem wichtig das ein gewisses Maß an Lautstärke nicht überschritten wird, da der Junge wirklich sehr schreckhaft und ängstlich ist, weil er durch die verbundenen Augen absolut nichts sehen kann.", teilte die Elbenkönigin allen gerade mit, als es an der Tür zum Konferenzraum klopfte.

„Herein!", vernahmen alle die Stimme der Elbenkönigin und schauten wirklich gespannt auf die große Tür, die sich nur wenige Augenblicke später sehr leicht öffnete.

Luzifer betrat etwas zögerlich und langsam den Raum, denn Harry klammerte sich extrem an ihm fest.

Obwohl Harry von Luzifer erfuhr, dass ganz viele Magische Wesen anwesend seien und ihm garantiert nichts tun würden, konnte Harry ein leichtes Zittern nicht verbergen. Er bekam seine Nervosität nicht unter Kontrolle. Er versuchte sich schon bei der Ankunft hinter Luzifer zu verstecken. Sein Verhalten und vor allem Harrys Körper signalisierte den Magischen Wesen, dass er wirklich schüchtern war und große Angst vor ihnen hatte.

Und bei sehr vielen der Anwesenden erwachten die inneren Wesen und der Beschützerinstinkt, ohne das sie einen Einfluss darauf hatten. Außerdem fühlten sich einige von ihnen zu dem schwarzhaarigen Jungen hingezogen.

Luzifer war inzwischen zu seinem Platz getreten und hatte versucht sich hinzusetzen, was aber wegen seines Kleinen nicht gelingen wollte, der halb hinter ihm war und sich inzwischen im Umhang versteckte. „Hey, mein Kleiner! So können wir uns nicht hinsetzen!", sprach der Höllenfürst ganz sanft.

Der ein oder andere sah den Höllenfürst nun schmunzelnd an. Sie hätten ihm ein solches Verhalten nicht zugetraut.

„Tut mir leid. Das wollte ich nicht.", kam es aus Luzifers Umhang. Sehr vorsichtig spähte Harry unter diesem hervor und richtete seine leicht spitzen Ohren auf, um besser hören zu können. Der Kopf des Jungen bewegte sich nun leicht, um alles genau aufzunehmen, da er ja mit verbundenen Augen nichts sehen konnte. Dies war vermutlich der Grund, warum Harry sich so verhielt und übervorsichtig war.

Nun wurde er von Luzifer auf seinen Schoss gehoben und drängte sich ganz eng an seinen Gefährten. „Sie sind alle da, oder? Ich kann auch Loredana spüren.", hauchte Harry Luzifer zu. Ihm war natürlich nicht bewusst, dass es sich bei den Anwesenden um Magische Wesen handelte, die alle sehr gute Ohren hatten und seine Worte vernommen hatten.

„Hallo Harry! Es ist wirklich schön, dass du Luzifer hierher begleitet hast und nun die Anführer oder Vertreter der einzelnen Magischen Rassen und Völker kennen lernst.", begann Loredana. Sie wurde dann von dem Jungen entsetzt unterbrochen.

„Ich muss alle begrüßen und kennen lernen. Ich ... ich kann nicht sehen", entfuhr es Harry und klammerte sich wieder an Luzifer fest. Es war Harry total unangenehm und peinlich so im Mittelpunkt zu stehen und fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Erneut fing er an zu zittern, konnte selbst das enorme Zucken in seinem rechten Arm nicht unterdrücken.

Luzifer flüsterte ihm beruhigende Worte ins Ohr und auch Loredana reagierte sofort. Sie wollte verhindern, dass ihr Patenkind eine Panikattacke bekam, „Harry, beruhige dich. Du musst das nicht tun. Hörst du? Keiner verlangt hier etwas von dir. Du kannst einfach auf Luzifers Schoss sitzen bleiben, während wir die Versammlung abhalten.", erklärte die Elbenkönigin und nickte dem Höllenfürst zu, der seinem Kleinen auch weiterhin etwas zuflüsterte, bis sich der Junge beruhigt hatte und nur still saß und etwas döste. Dann fiel er in einen leichten Schlaf und bekam tatsächlich einen schlimmen Alptraum. Harry wurde unruhig, gab verschiedene Laute von sich und warf seinen Kopf hin und her. Plötzlich fuhr er mit einem Schrei auf und reagierte leicht panisch, da er keinerlei Orientierung hatte und nicht wusste wo er war.

Die Versammlung wurde unterbrochen, da viele der Anwesenden zu Luzifer und dem Jungen schauten.

Harry wimmerte leicht und schluchzte, hauchte immer wieder den Namen Sirius und hielt sich dann bei Luzifer fest, „Lu ... er ist durch den Schleier gefallen. Sirius ist wieder durch den Schleier gefallen", entfuhr es ihm ohne an die magischen Wesen zu denken, die sich ebenfalls im Raum befanden.

„Schssch ...", sagte Luzifer nur und strich dem Schwarzhaarigen mit den schneeweißen Strähnen über den Rücken und auch die Wange, drückte ihn etwas fester an seine Brust, so das Harry seinen regelmäßigen Herzschlag spürte und nebenbei von Luzifers Magie eingelullt wurde.

Nachdem Loredana sich davon überzeugen konnte, dass Harry sich beruhigte bzw. von Luzifers Magie eingelullt worden war, fuhr sie mit der Sitzung fort.

Ungefähr eine Stunde später beendete die Elbenkönigin die Sitzung und lud alle noch zu einem kleinen Snack ein, der von vielen Wesen unterschiedlichster Rassen gereicht wurde.

Auch Luzifer mischte sich unter die Anwesenden, Harry immer an seiner Seite.

Während sich Luzifer mit anderen unterhielt, stand Harry direkt neben ihm, hielt sich an seinem Gefährten fest. Er hörte den Zentauren, der neben ihm erschien. Harry lief nicht weg, verkroch sich auch nicht, denn er wollte nicht unhöflich erscheinen.

Zentaure Asordin hatte sich neben Harry gestellt. Seit der Junge erschienen war überlegte Asordin, wie er dem Höllenfürsten eins auswischen könnte. Denn der Zentaure hatte es immer noch nicht überwunden, dass seine Gefährtin Leyla beim Überfall vor drei Jahren auf ihr Zentaurendorf gefangen genommen und verschleppt worden war. Auch Luzifer und einige Dämonen waren ihnen zu Hilfe geeilt, doch der Höllenfürst verhinderte nicht, dass Leyla weggetrieben wurde. Asordin sie nicht wieder sah.

„Du bist aber ein jämmerliches Würstchen ...", begann Asordin, ignorierte seine innere Stimme, die ihm signalisierte, dass es nicht richtig und wirklich unfair dem Jungen gegenüber war, aber seine Wut und Sehnsucht nach Leyla machte ihn regelrecht blind, „Was mag der Höllenfürst wohl an einer halben Portion wie dir gut finden. Ich denke, dass er sich schon sehr bald nach etwas besserem umschaut. Was ihm wohl keiner übel nehmen wird, denn ich wollte auch nicht mit so etwas wie dir gestraft sein", flüsterte Asordin in Harrys Ohr.

Bei diesen Worten versteifte sich Harry komplett, stand einfach nur wie erstarrt da, „Es tut mir leid. Wollte das nicht ... Ent-entschul-d-di-gung ... Bitte ... wollte doch ...", Harrys Stimme brach stammelnd und zitternd ab.
Harrys Gedanken überschlagen sich, 'Was habe ich ihm denn getan? Warum ist der Zentaure so gemein zu mir. Ich kenne ihn doch gar nicht, oder?', grübelt Harry.

Luzifer und auch die anderen sahen bei seinen Worten sofort zu ihm, schauten auch zu Asordin, der ein Stück hinter Harry stand, verstanden aber nicht was los war.

Niemand der Anwesenden sah Harrys Tränen die mittlerweile seine Wangen herunter liefen. Es konnte ja keiner sehen, da Harrys Augen verbunden waren.

Aber dann bemerkten sie das zucken und beben der Schultern. Luzifer wusste, dass Harry lautlos weinte ...

Der Höllenfürst sah erneut zu dem Zentauren und packt Asordin plötzlich am Hals und schrie ihn an. Seine Aura verdunkelte sich extrem.

Harry zuckte bei dem Geschrei sehr heftig zusammen, spürt die Wut und den Zorn seines Gefährten und schluchzt einmal auf, steht völlig alleine da, fühlt sich verlassen. Seine Hände suchen tastend in der Luft nach Luzifer und treffen zufällig auf die Brust des Zentauren und nehmen sehr unterschiedliche Reize und Gefühle von Asordin wahr, bevor er diesen schnell wieder los lässt. „Luzifer, wo bist du? Du hast es versprochen. Bitte, lass mich nicht alleine. Luzifer?" An dieser Stelle brach Harry ab und ließ sich auf die Knie sinken. Er war total durcheinander und fix und fertig.

Harry wurde aber sofort wieder hoch gehoben und vorsichtig an Luzifers Brust gedrückt, der beruhigend auf ihn einsprach. Nur wenige Augenblicke später verließ Luzifer den Konferenzraum und kehrte mit Harry in den Höllenpalast zurück, immer noch bebend vor Zorn.

Schritte in ein besseres LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt