65. Nur seht knapp entronnen

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Harrys Gedanken zauberten ein kleines Lächeln in sein Gesicht, was aber niemand sah, da Hermine und Ron vor ihm gingen und Merlin sei Dank hinten im Kopf keine Augen hatten. Doch nur Augenblicke später blieb Hermine plötzlich stehen und drehte sich abrupt zu ihm um.

Harry, der nicht damit gerechnet hatte, konnte sich wirklich nur im allerletzten Moment zurückhalten nicht in sie hinein zu laufen. Auch seine Miene veränderte sich in Bruchteilen von Sekunden und er konnte dieses flaue Gefühl im Bauch nicht mehr zurückhalten oder ignorieren.

„Was fällt dir niederträchtige Missgeburt eigentlich ein, von solchem Abschaum wie den Slytherins Hilfe anzunehmen?", zischte sie ihm mehr als leise entgegen und gerade dies ließ es noch bedrohlicher wirken.

Harry sagte nichts. Er starrte sie nur einen Augenblick mit weit aufgerissenen Augen an und senkte sofort seinen Kopf, als sei er es nicht wert den anderen in die Augen zu schauen. Er wollte wirklich stark sein, aber alles hier, Hogwarts, Dumbledore, seine angeblichen Freunde, die Furcht und Angst ließen ihn automatisch in seine früheren Verhaltensmuster übergehen. Er hatte nur einen einzigen Gedanken. Ich muss überleben...


Minerva hatte die Situation in der Großen Halle genau beobachtet. Auf dem Weg zu ihrem Klassenzimmer grübelte sie angestrengt nach. Das was sie am Gryffindortisch gesehen hatte, gefiel ihr nicht wirklich. Schon seit geraumer Zeit registrierte sie dieses merkwürdige und inakzeptable Verhalten ihrer Löwen. Vor allem Miss Granger, die Weasleykinder und zwar alle vier, Fred und George, Ron und Ginny sowie der junge Longbottom benahmen sich eines Gryffindors unwürdig. Dies war ihr schon aufgefallen, als auch Harry Potter noch gelebt hatte und nach Hogwarts zur Schule ging.

Doch was sie da vorhin am Tisch ihrer Löwen beobachtet hatte, veranlasste die Hauslehrerin dazu nicht mehr untätig zuzusehen, so wie es ihr Albus immer wieder vorgeschrieben hatte, wenn sie mit ihren Anliegen zu ihm gekommen war. Sie wollte nach ihrem Unterricht mal zu Poppy gehen und mit ihr darüber reden und um einen wirklichen Rat von ihrer Freundin bitten.


Auch die Slytherins hatten die Aktionen am Gryffindortisch mitbekommen. Sie konnten zwar kein Wort verstehen, aber an Rays Gesichtsausdruck und seiner Körperhaltung sahen sie, dass es nichts positives war.

„Wie sollen wir ihm nur helfen, wenn er in Gryffindor ist und zu ihnen in den Gemeinschaftsraum muss?", entfuhr es Blaise und er schaute seine Freunde und Hauskameraden fragend an.

„Ich weiß es nicht!", sagte Draco nur und musste sich beherrschen das er nicht laut losbrüllte, weil seine Magischen Wesen es wollten. Schließlich war er nur zu 60 Prozent ein Mensch, die anderen 40 Prozent gehörten seinen Magischen Wesen. Da war unter anderem 30 Prozent Dunkelveela und auch noch 10 Prozent Hochelb.

Jeder am Slytherintisch hatte die Gryffindors beobachtet und wieder einmal wurde ihnen klar, dass es nicht mehr mit rechten Dingen zuging und der Schulleiter immer und immer wieder Partei für "seine Gryffindors" ergriff. Diese konnten machen was sie wollten, nie mussten mit negativen Konsequenzen rechnen oder wurden bestraft, weil der Schulleiter seine Hand über sie hielt und alles immer wieder unter den Teppich gekehrt wurde. Die meisten von ihnen kamen aus alten Reinblüterfamilien und wussten Bescheid. Denn auch ihre Eltern, Großeltern und Ur-Großeltern hatten es schon kennen gelernt. Vor allem bei ihnen, den Slytherins, war es so.

Dann waren die Slytherins aufgestanden und hatten die Große Halle verlassen, um zu ihrem Unterricht zu gehen. Die Gryffindors machten noch keine Anstalten es ihnen und den anderen Häusern nach zu tun. So waren die Gryffindors mal wieder die letzten in der Großen Halle, denn auch die Lehrer und der Direktor waren schon alle weg.


Es hatte nun doch ein paar Minuten gedauert, bis Hermine ihre regelrechte Schimpftirade beendete, weil Ron ihr mitgeteilt hatte, dass sie nun wirklich sehr spät dran wären.

So war es nicht verwunderlich das keiner mehr vor dem Klassenzimmer stand als Ron, Hermine und Ray dort ankamen. Ganz im Gegenteil, sie hörten Stimmen aus dem Raum, vor allem die markante Stimme des Tränkemeisters hob sich hervor.

„Verfluchte Scheiße, wir kommen zu spät. Und das nur wegen dir, du Missgeburt!", zischte Hermine erneut.

„Los komm jetzt, sonst wird es nur noch schlimmer!", entgegnete Ron und klopfte an die Klassenzimmertür und wartete bis von drinnen ein „Herein" zu hören war.

Ron öffnete die Türe und trat ein, dicht gefolgt von Hermine und auch Ray, der automatisch seinen Kopf gesenkt hatte und die Schultern hängen ließ.

„Es tut uns furchtbar leid, dass wir zu spät sind, aber der Neue war so langsam und hat rumgetrödelt.", sagte Hermine ohne mit der Wimper zu zucken.

„So so, der Neue.", erwiderte Severus und sah den Jungen einmal kurz an. Er konnte nicht verhindern, dass sich sein Inneres Wesen am liebsten sofort auf ihn gestürzt hätte, um ihn in den Arm zu nehmen und zu beruhigen. Seine momentanen Gedanken brachten Severus dann dazu, die rechte Augenbraue hochzuziehen und die Braunhaarige anzusehen. „Nun gut. Bitte setzen sie sich jetzt hin und schlagen ihr Buch auf Seite 352 auf. Mr. Satall, sie kommen bitte nach vorne zu mir. Ich habe ihnen schon ein Buch hier aufgeschlagen, da sie ja keine Leerbücher besitzen.", meinte der Tränkemeister und deutete auf den leeren Platz direkt vor seinem Lehrerpult.
Natürlich wusste der Meister der Zaubertränke sofort, dass es garantiert nicht Rays Schuld war das die Drei zu spät kamen. Aber wenn er sie nun mit Punktabzug und anderem strafte, würden sie es nur an dem Jungen auslassen und das wollte Severus vermeiden. Auch musste er sich später noch genauer mit seinen Gedanken befassen, denn diese waren nicht nur außerordentlich mysteriös, sondern auch sehr interessant, da sie immer noch keine Ahnung hatten um welches Mix-Wesen es sich bei Ray Satall handelte. Nun gut, er wusste das Lu einen großen Dämonenanteil besaß, aber der Junge... Er hatte einfach überhaupt keine Ahnung und wollte es herausfinden.

Hermine und Ron saßen auf ihren Plätzen in der vorletzten Reihe, während Ray ganz vorne, direkt vor Snapes Nase saß und deshalb auch Ruhe vor den Gryffindors hatte. Doch dies traf nur für die zwei Stunden Zaubertränke zu. Nach dem Klingelzeichen strömten die Gryffindors regelrecht aus dem Raum, vergaßen zum Frust der Slytherins aber nicht Ray mitzunehmen.

Hermine, Ron und die anderen hatten nun "Pflege magischer Geschöpfe" bei Hagrid und begaben sich in die Eingangshalle, um das Schloss zu verlassen und zu Hagrids Hütte zu laufen.

Je weiter sich Ray dann der Portaltüre näherte, desto stärker begann er zu zittern. Die Gryffindors begannen sofort den Jungen anzuschreien, vor allem Ron konnte sich nicht wirklich zurückhalten und schmiss dem Schwarzhaarigen eine Menge wohl eher nicht jugendfreier Ausdrücke an den Kopf. Hermine musste sich einige Male einmischen, um zu verhindern, dass Ron den anderen tatsächlich verfluchte.

Dieser stand nur einfach da und zitterte wie Espenlaub. Es war ihm nicht mal möglich zu sprechen, sich zu äußern, so fest klapperten seine Zähne aufeinander. Sein ganzer Körper wurde geschüttelt oder erbebte. Harrys Herz raste und auch sein Puls überschlug sich fast.

---****---

Poppy hatte gerade dem Vertreter die sehr wichtige Liste überreicht und begleitete diesen noch bis nach draußen, weil sie der Kräuterkundelehrerin einen wichtigen Auftrag erteilen musste. Als sie die Marmortreppe zur Eingangshalle runter lief, hörte sie schon den Tumult und das Wortgefecht zwischen Miss Granger und Mister Weasley. Sie hatte deren Stimmen sofort erkannt. Es dauerte nur wenige Augenblicke bis sie die Zusammenhänge erkannte und sie fast der Schlag traf, als sie begriff das der Junge jetzt tot wäre, wenn er dem drängen der Gryffindors nachgegeben hätte.

„Was ist denn hier los?", fragte die Medi-Hexe in die Runde.

„Das wissen wir auch nicht. Der stellt sich unglaublich an. Ray weigert sich nach draußen zu treten. Er hat sogar nach uns geschlagen, als Dean versucht hat ihn mitzuziehen.", sagte Seamus und sah die Medi-Hexe leicht überfordert an.

„Ich verstehe. Nun gut, dann werden sie alle jetzt zu ihrem Unterricht gehen. ICH nehme den Jungen mit und kläre dies mit dem Schulleiter ab. Mister Dorsey, ich danke ihnen, bis zum nächsten Mal! Sie sehen ja, dass ich hier gerade gebraucht werde.", sagte sie dann.

Der Vertreter nickte ihr noch einmal zu. „Aber natürlich Madam Pomfrey, dass verstehe ich.", entgegnete er und verließ dann sehr eilig das Schloss.

Poppy sah Hermine nur an. „Mister Satall, wenn sie mir bitte folgen würden?", kam es dann von der Medi-Hexe. Sie entfernte sich von den Schülern und achtete darauf das der Angesprochene ihr folgte. In ihrem Kopf begannen sich die Gedanken selbstständig zu machen, schossen kreuz und quer herum, so das sie nicht eindeutig wusste was sie nun machen sollte. 'Vielleicht kann ich kurz mit Severus sprechen und ihm gleichzeitig von dem Bannzauber/Sterbefluch erzählen, den Albus auf Ray gelegt und ihn an Hogwarts gebunden hat.', schoss es ihr gerade durch den Kopf. Poppy hatte schon die Hälfte der Marmortreppe erklommen, als sie sich umdrehte und in Richtung Kerker ging. Immer dicht gefolgt von Ray, der ihr ohne etwas zu sagen hinterher lief.

Natürlich hatte Severus eine Klasse die er unterrichtete, als Poppy an die Klassenzimmertür klopfte, eintrat und Severus kurz um eine Unterredung bat. Ray blieb wie angewurzelt im Flur vor der Klassenzimmertür stehen, während der Tränkemeister kurz zur Medi-Hexe kam. Es folgte eine sehr kurze aber rege Unterhaltung, in der Poppy ihm alles über den Bannzauber usw. berichtete und auch mit Entsetzen verkündete, dass es gerade fast passiert wäre und sie seinen Tod nicht hätten verhindern können.

Severus konnte es nicht fassen, wie konnte Albus so etwas tun? Vor allem diesen Schwachsinn direkt auf das Schloss zu beziehen, obwohl die Schüler doch zu verschiedenen Unterrichtsstunden das Schloss verließen z. B. bei Kräuterkunde, Flugstunde oder eben Pflege magischer Geschöpfe. 'Ja, Poppy hat Recht, da müssen wir wirklich schnell etwas dagegen unternehmen.', dachte der Tränkemeister. „Am besten nimmst du ihn mit zur Krankenstation. Er hatte einfach einen Schwächeanfall. Ich werde dies gleich mit Albus abklären. Ich habe vor dem Mittagessen eine Freistunde und werde mit ihm reden und dafür sorgen das er es auf das Hogwartsgelände ausbreitet, ohne das er erfährt das wir schon von dem Bannfluch wissen.", meinte Severus.

„Wie willst du das machen?", wollte Poppy wissen.

„Da fällt mir schon was ein. Lass mich mal machen. Bring Ray auf die Krankenstation und versuche ihn zu beruhigen.", entgegnete Severus. „Ich muss wieder rein, sonst fliegen gleich noch irgendwelche Tränke bzw. Kessel in die Luft".

„Ja, gut. Wir sehen uns beim Mittagessen!", erwiderte diese.

Severus nickte der Medi-Hexe noch einmal zu und lächelte auch Ray an, bevor er dann in den Klassenraum zurückkehrte.


Ungefähr eine halbe Stunde später war er dann auf dem Weg zum Schulleiterbüro. Er hatte sich schon etwas sehr einfaches, aber effektives überlegt.

Albus saß an seinem Schreibtisch und machte sich verschiedene Notizen, als es an seiner Bürotür klopfte. Etwas verwundert sah er auf, während er „Herein" rief. Denn eigentlich hatten doch alle Lehrer gerade Unterricht und dasselbe galt natürlich auch für alle Schüler.

Severus trat mit eisiger Miene ein. Er durfte dem Schulleiter nicht zeigen, dass er den Grund seines Erscheinens als positiv empfand oder es wollte...

„Oh, Severus!", begann Albus sofort und lächelte ihn über seine Brillengläser blickend an. „Was kann ich denn für dich tun? Hast du nicht gerade Unterricht?", wollte er dann sehr neugierig wissen.

„Ich habe eine Freistunde!", entgegnete der Tränkemeister nur leicht genervt. Er wollte es schnell hinter sich bringen, eine Tatsache die Dumbledore sehr wohl wusste und den Jüngeren deshalb fragend anblickte.

„Poppy Pomfrey hat mich gerade aufgesucht. Der Neue war bei ihr. Sie erzählte mir, dass dieser in der Eingangshalle einen Zwergenaufstand veranstaltet hatte und sich weigerte das Schloss zu verlassen, obwohl die Gryffindors doch jetzt Pflege magischer Geschöpfe haben.", erklärte der Tränkemeister während er den anderen wirklich ganz genau und sehr intensiv fixierte, ohne das dieser es überhaupt bemerkte. So entging Severus natürlich nicht, dass Albus tatsächlich sehr blass wurde, vor allem um die Nase herum.

„Aber das ist ja schlimm... Warum wollte er denn nicht raus gehen?", brachte Albus sehr mühevoll heraus. 'Ich glaube, dies ist wohl gerade noch einmal gut gegangen. Nicht auszudenken, wenn das Magische Wesen des Jungen es nicht gespürt hätte. Ich muss den Bannzauber unbedingt gleich bis zu den Grenzen des Hogwartsgeländes ausweiten und dem Abschaum erklären, dass er die goldene Linie am Boden nicht überschreiten dürfte, wenn er nicht sterben wollte.', schossen Albus die Gedanken durch den Kopf.

Genau diese Gedanken las auch Severus, ohne das der Schulleiter dies mitbekam und war mehr als zufrieden.

„Das kann ich dir nicht sagen. Poppy weiß es auch nicht. Aber er war so fix und fertig... schien extrem angespannt und durch den Wind, so das sie ihn erst mal wieder mit zur Krankenstation genommen hat und ihn zu beruhigen versucht. Ich muss gleich noch Beruhigungstränke für Magische Wesen brauen und sie ihr bringen. Aber wäre es nicht besser gewesen, man hätte ihn gezwungen nach draußen zu gehen? Was ist denn, wenn er sich nun immer weigert? Er ist ein Magisches Wesen und wir wissen nicht mal welches. Doch eins ist sicher, so wie Poppy sagt, Mr. Satall muss raus an die frische Luft, in die Sonne um gesund zu bleiben und seine Magie wieder aufzubauen. Am besten direkt heute noch, hat sie gemeint.", sagte Severus.

„Ach Severus, sei nicht so hart mit dem armen Geschöpf. Er muss sich doch auch erst eingewöhnen. Ich bin davon überzeugt, dass er am Nachmittag auch nach draußen geht. Glaube mir, dann wird alles in Ordnung sein und er sich nicht mehr dagegen sperren. Miss Granger und ihre Freunde werden sich gut um ihn kümmern.", sagte der Schulleiter.

„Hältst du das für eine gute Idee? Mr. Satall ist bestimmt nur darauf aus, Hogwarts und das Gelände zu verlassen. Es wäre wirklich klüger, ihn von einem sehr erfahrenen und guten Zauberer bewachen zu lassen. Natürlich nur für den Anfang, bis er begriffen hat das er durch die Schutzzauber von Hogwarts nicht fliehen kann.", erwiderte Severus. Er wollte den Alten indirekt auf die Idee bringen und dem Jungen die Gryffindors ersparen.

Jetzt blickte Albus seinen Tränkemeister kurz nachdenklich an und begann zu lächeln. Auch Severus musste lächeln, tat dies aber nur innerlich, da er sofort wusste das sein Plan aufgegangen und Albus darauf eingehen würde.

„Oh, dies ist wirklich eine ausgezeichnete Idee!", antwortete Albus gerade.

„Was für eine Idee? Albus, was meinst du?", entgegnete Severus.

„Na, ganz einfach. Du wirst heute Nachmittag mit dem Jungen nach draußen gehen und dafür sorgen, dass er etwas Sonne tankt.", wie die Muggel es immer so schön sagen.", befahl Albus und wollte jeden weiteren Protest unterbinden. „Das ist beschlossene Sache, also richte dich danach. Und nun entschuldige mich. Ich habe noch was sehr Wichtiges zu erledigen!", fügte er sehr bestimmt hinzu. 'Ich muss nun direkt zur Krankenstation, um den Bannzauber zu erweitern!', dachte er noch.

Natürlich hatte Severus auch diesen Gedanken gelesen und verzog einmal kurz sein Gesicht, so dass Albus es sah und rauschte dann mit wehendem Umhang aus dem Büro, um in sein Klassenzimmer zurück zu kehren und die Tränke für die Krankenstation und speziell für Ray aufzusetzen. Er war der festen Überzeugung, dass sie diese noch brauchen würden.

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