24. Es gibt keine andere Möglichkeit

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Marisha stand noch vor Harry und bemerkte die Veränderung. Ganz plötzlich begannen seine Augenlider zu zucken. Es entwich ihm alle Gesichtsfarbe und auch seine Mundwinkel zuckten. Im nächsten Moment griff er sich an den Kopf.

„Junger Herr, was haben sie denn?", entfuhr es der rothaarigen Dämonin.

Viele Dämonen sprangen alarmiert auf und kamen auf Harry zu. Luzifer packte ihn und verhinderte, dass Harry Bekanntschaft mit den Boden machte. Er legte ihn vorsichtig auf den Tisch und wich nicht von seiner Seite.

Auch Loredana war sofort da, machte aber den Heilern Meran und Zaki Platz, die eilige Diagnosezauber sprachen, während das Zucken und Zittern immer mehr zunahm, vor allem in Harrys Gesicht.

Außerdem sah jeder, dass sich trotz der Bewusstlosigkeit seine Finger der linken Hand im Kopf festkrallten. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass er wahnsinnige Schmerzen zu haben schien. Jedoch kam kein Laut über seine Lippen.

Diese Tatsache beunruhigten vor allem Luzifer, Loredana und die Heiler. Aber auch die Ratsmitglieder und anderen Dämonen sahen besorgt und irritiert aus.

„Mylord.", ergriff Meran das Wort und brachte alle sofort zum schweigen. „Es ist ein schwerer Krampf im Kopf. Sollte er nicht sofort operiert werden, lässt sich seine Erblindung nicht mehr verhindern. Aber viel grausamer noch, ein Blutgerinsel drückt permanent auf das Gehirn und verursacht die Zuckungen, die sich immer weiter verschlimmern und zum versagen der inneren Organe und somit zu seinem Tod führen werden.", beendete der Heiler seine Ausführung, während Zaki zu allem nur bestätigend nickte.

In den Gesichtern aller Anwesenden zeigte sich pures Entsetzen und Schock.

Luzifer strich sanft über Harrys Wange, ihm selbst liefen Tränen die Wangen herunter. Der Höllenfürst konnte es einfach nicht verhindern, bekam es noch nicht einmal mit.

Gerade in dem Moment schlug Harry die Augen auf. Er verzog augenblicklich vor Schmerz das Gesicht. „Luzifer?", brachte er heraus und biss sich fest auf die Unterlippe, um nicht vor Schmerz laut zu schreien.

Meran wusste das sie keine Zeit hatten und sein Fürst im Moment wohl keinen klaren Gedanken, geschweige denn eine vernünftige Erklärung für den Jungen zustande bringen würde. Deshalb übernahm er dies. „Harry, ein Blutgerinsel drückt auf dein Gehirn. Wenn wir es nicht entfernen, könntest du sterben. Bist du für eine Operation bereit? Wirst du auch zehn Tage lang den Trank nehmen, damit du nicht erblindest?", wollte Meran nun von ihm wissen.

Harry liefen ebenfalls Tränen aus den Augen. „E-e-nd-li-i-ch s-te-r-be-n. I-c-c-h d-a-rf z-u Si-r-ius...", brachte er unter größter Anstrengung sehr leise und abgehackt heraus.

„NEIN!", schrie Luzifer schon fast und wurde sofort leiser, weil Harry heftig zusammenzuckte. „Bitte Harry. Du musst es einfach erlauben und dem zustimmen. Ich will dich nicht verlieren. Ich kann ohne dich nicht mehr leben. Bleibe bei mir, bitte! Ich werde dich ganz bestimmt nicht alleine lassen. Das verspreche ich dir!", entfuhr es Luzifer während er richtig weinte.

„Nic-h-t wei-n-en, Luzifer.", presste Harry zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „B-i-in ein-verstanden. Nicht all-e-in-e las-se-n, versprochen?", kam es nur noch gehaucht von dem Jungen. Er konnte ein Wimmern und Schluchzen nicht länger unterdrücken und zitterte nun vor Angst.

„Zaki, assistierst du mir? Mylord, nehmen sie den Kleinen und bringen sie ihn sofort zum Behandlungsraum. Blutdruck und Puls sacken rapide ab, genauso wie das Herz. Es wird höchste Zeit!", gab Meran von sich und war in der nächsten Sekunde zusammen mit Zaki verschwunden.

Luzifer hob seinen Kleinen auf. „Entschuldigt uns. Es eilt!", sagte er noch. Dann waren er und der Junge ebenfalls weg.


Alle Vier erschienen im Behandlungsraum. Luzifer legte Harry auf die Liege, blieb rechts stehen und ergriff Harrys Hand.

Meran stabilisierte die Vitalwerte des Jungen, während Zaki ihn durch Geistmagie sehr tief betäubte.

Danach sprachen sich die zwei Heiler nochmals kurz ab und begannen mit ihren Zauberstäben über Harrys Kopf zu fuchteln, ihn hin und her zu bewegen und unentwegt verschiedene Zaubersprüche und Formeln zu rezitieren.

Mehrmals mussten Luzifer und einer der Heiler den Jungen festhalten oder daran hindern, seine Finger im Kopf festzukrallen.

Harry war total unruhig, wimmerte und schluchzte, während ihm Tränen aus den Augen liefen.

Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis sie das Blutgerinsel vollständig entfernt hatten und sich der entstandene Überdruck im Kopf normalisierte.

Nun trat Meran mit einem kleinen Gefäß an die Liege und sah kurz zu Luzifer rüber.

Der Höllenfürst bemerkte den Blick, der auf ihn gerichtet war und sah etwas hoch.

Vor ihm stand Meran mit einem kleinen Kelch in der Hand. 'Das muss der Trank sein, der die Erblindung verhindert und die Augen heilt.', dachte er. „Du kannst ihm den Trank geben!", brachte er heraus.

Genau das tat der Heiler dann auch mit Zakis Hilfe. Sie flößten ihm den ganzen Kelchinhalt ein, massierten mit zwei Fingern die Kehle, damit er es auch komplett schluckte. Jetzt kamen jeweils fünf Pads auf Harrys Augen, danach legten sie einen festen Verband um den Kopf und verdeckten die Augen vollständig.

Anschließend behandelten sie die Wunde am Handgelenk und erneuerten den Verband. Und die Wunde sah zu ihrer eigenen Verwunderung schon etwas besser aus.

Meran verabreichte Harry noch einen Stärkungs- und Aufpäppeltrank, während ihm Zaki einen Energiebrei direkt in den Magen zauberte.

Nachdem sie das erledigt hatten, ließen sie den immer noch sehr tief schlafenden Jungen in das sehr bequeme Krankenbett schweben.

Luzifer setzte sich sofort in den Sessel, der neben dem Bett stand und ergriff Harrys linke Hand und hielt sie fest.

„Mylord...", begann Meran, brach dann jedoch seinen Satz ab.

„Ja?", kam es nur vom Höllenfürst.

„Wir bräuchten wohl die linke Hand des Jungen.", meinte Zaki und sah den Dämonen etwas verlegen an.

„Wie bitte?", entfuhr es Luzifer. Er verstand nicht wirklich, was die Zwei wollten.

„Wir müssen ihm einen Zugang legen damit er mit Flüssigkeit, Medikamenten und krampflösenden Mitteln versorgt werden kann. Im rechten Handgelenk geht es wegen der Wunde nicht.", gab Meran seinem Fürsten Auskunft.

Luzifer verstand, es leuchtete ihm auch ein und so machte er etwas Platz und ließ die Hand des Jungen los.

Zaki nahm sie sofort in seine Hände und hielt sie etwas hoch. Meran desinfizierte eine Stelle, packte die Nadel aus und stach sie sehr vorsichtig durch die Haut, fixierte den Zugang durch einen Verband und schloss direkt einen Beutel mit Kochsalzlösung an, die angereichert war mit verschiedenen Mitteln und Medikamenten.

Wieder sprachen Meran und Zaki miteinander, dann verließ Meran den Raum, während Zaki noch einmal die Werte des Jungen überprüfte.

---****---

Im Gerichtsraum herrschte immer noch Schweigen, obwohl die beiden Heiler, der Höllenfürst und sein Gefährte schon vor fast zwei Stunden aus dem Raum verschwunden waren. Noch nicht einmal der kleine Victor gab einen Ton von sich.

Jeder im Raum war starr und wirklich sprachlos. Sie hatten schon das ein oder andere über den Gefährten des Höllenfürsten gehört und wussten auch, dass es um seine Gesundheit nicht sehr gut stand und das der Junge der Patensohn der Elbenkönigin und ein Elementardämon-Königselb-Mix war. Aber das was sie nun gehört und selbst erlebt hatten, schockte sogar den härtesten Dämon.

Santana versuchte die ganze Zeit ihre Freundin und Königin zu beruhigen, was ihr aber nur mit mäßigem Erfolg gelang. Denn sie musste selbst gegen ihre Nervosität und Sorge ankämpfen.

Die meisten Ratsmitglieder setzten sich an den langen Konferenztisch, der sich im hinteren Teil des Raumes befand. Sie nahmen dankbar Getränke und Gebäck der Diener entgegen, denn keiner wollte gehen ohne zu wissen, ob sie den Jungen retten konnten und wie es ihm ging. Es wurde leise und ruhig miteinander gesprochen.

Sie wussten nicht wie lange sie schon gewartet hatten, aber plötzlich ging die Tür auf und Heiler Meran betrat mit einem mehr oder weniger zufriedenem Gesicht den Gerichtsraum, um alle zu informieren und die beiden Elben zu Harry und Luzifer zu bringen.

„Das war nun wirklich schockierend und kam auch für uns überraschend.", sagte der Dämonenheiler und lächelte Loredana beruhigend an, bevor er fortfuhr. „Der junge Master hat den Eingriff gut überstanden. Das Blutgerinsel wurde vollständig entfernt und auch der Trank verabreicht. Durch ein Blutgerinsel war sein Leben bedroht. Ich möchte nicht näher auf den Gesundheitszustand von Fürst Harry eingehen, da ich weiß, dass es ihm nicht recht wäre. Er möchte weder bemitleidet noch bedauert werden. Aber ich kann ihnen versichern, dass die Lage genauso ernst war, wie sie sich darstellte. Aus diesem Grund hofft Fürst Luzifer auf ihr Verständnis, dass er jetzt erst einmal bei ihm bleibt. Ich soll die Sitzung hiermit beenden und ihnen allen im Namen des Höllenfürsten und seines Gemahls recht herzlich danken."

Als er die Dämonen persönlich verabschiedet hatte, wandte sich Meran an Loredana und Santana. „Wenn sie etwas zur Beruhigung brauchen, sagen sie es mir. Außerdem wünscht Mylord, dass ich sie zu ihm bringe.", sagte der Heiler und lief dann mit ihnen zur Krankenstation.

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