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Annalena

Ich grübelte darüber nach, ob ich ihm jetzt schon antworten sollte und schließlich entschied ich mich dafür.
„Hey Wincent. Danke für deine Nachricht. Ich hoffe, du hattest noch einen schönen Abend. Wenn du das hörst, wünsche ich dir einen guten Morgen und einen tollen Tag. Ach und danke nochmal für den Kaffee. Der Nachmittag war einer der schönsten seit langem."
Dann legte ich das Handy wieder weg, schloss meine Augen und ließ die ganze Zeit mit Wincent im Café nochmal Revue passieren.
Ich musste nochmal eingeschlafen sein, denn ich wurde von Fritz Bellen wieder wach.
„Google, wie spät ist es?", fragte ich.
„Es ist 10 Uhr und 25 Minuten", antwortete mein Handy.
Mist! Das war viel zu spät! Fritz musste raus und um 11 Uhr wollte Lara kommen. Wir mussten noch den Dienstplan für die nächste Woche durchgehen.
Ich stand schnell auf, suchte mir saubere Klamotten aus dem Schrank raus und ging ins Bad. Nachdem ich mich frisch gemacht hatte, zog ich mich an und ging in den Flur. Fritz folgte mir dorthin und ich schlüpfte schnell in Jacke und Schuhe, leinte Fritz an und nahm meinen Schlüssel. Dann gingen wir ins Treppenhaus, ich schloss meine Wohnung ab und dann konnten wir endlich los.
Nach unserer Standard-Gassirunde kam ich gerade Zuhause an, als ein Anruf von Lara reinkam. Ich nahm ihn an, während ich mich auf den Weg nach oben machte.
„Guten Morgen, Anna", begrüßte mich meine beste Freundin.
„Guten Morgen, Lara. Na, was gibt's?"
„Ich wollte nur wissen, ob du schon wach bist."
„Natürlich."
„Ja, ich weiß, dass du eine Frühauftsteherin bist. Aber du warst heute früh das letzte Mal online und das war deutlich vor deiner Aufstehzeit."
Lara bekam auch wirklich alles mit.
„Das stimmt", gab ich zu. „Aber ich bin trotzdem wach. War gerade mit Fritz draußen."
„Schon gefrühstückt?"
„Ne, lass ich heute ausfallen", beschloss ich.
„Wie wäre es, wenn ich Mittag mitbringe?" Lara war einfach die allerbeste Freundin der Welt.
„Oh ja. Das wäre super. Danke."
„Nicht dafür. Dann also in zwanzig Minuten bei dir, ja?"
„Wie abgesprochen."
„Dann bis gleich", verabschiedete sich Lara.
„Bis dann."

Wincent

„Ey du Schlafmütze! Aufstehen!"
„Lass mich pennen", brummelte ich und kuschelte mich tiefer in die Bettdecke.
„Vergiss es!" Mats zog die Decke weg. „Steh auf oder ich hol einen Eimer Wasser."
„Ist ja gut", murmelte ich und öffnete die Augen. „Wie spät ist es eigentlich?"
„9:30 Uhr, aber du musst bald los."
Ich setzte mich auf und fuhr mir mit den Händen durchs Gesicht. Obwohl ich ausnahmsweise mal richtig gut geschlafen hatte, war ich ziemlich müde. Die Aussicht, heute wieder einige Stunden im Auto sitzen zu müssen machte mich nicht wirklich wacher.
„Du kannst duschen gehen, ich mach uns in der Zwischenzeit Kaffee und Katerfrühstück", bot Mats an und ich nickte.
Als er aus dem Zimmer verschwunden war, stand ich auf und schnappte mir frische Klamotten aus dem Rucksack. Dann ging ich ins Bad und genoss eine eiskalte Dusche. Jetzt war ich wenigstens so richtig wach. Fertig angezogen ging ich in die Küche, wo mein Handy noch auf dem Tisch lag und vor sich hin blinkte. Ich setzte mich hin und nahm es zur Hand. Die meisten Nachrichten waren absolut unwichtig, also ignorierte ich sie. Amelie hatte gestern noch geschrieben, das sie gut Zuhause angekommen war. Gut, dass ich es erst jetzt las. Und dann war da noch eine Nachricht, bei der mein Herz direkt schneller zu klopfen begann. Anna hatte geantwortet. Ich sah auf die Uhrzeit, zu der die Nachricht kam, und wunderte mich. Hatte ich sie mit meiner Nachricht geweckt? Oder stand sie immer so früh auf? Vier Uhr morgens war jetzt nicht so meine Lieblingszeit.
„Erde an Wincent", riss mich Mats aus meinen Gedanken und stellte eine Kaffeetasse vor mir auf den Tisch. „Wurde dein Handy von Aliens gehackt oder was ist los?"
„Nichts", antwortete ich und legte das Handy weg. Die Nachricht würde ich mir im Auto anhören.
„Hat Anna dir geschrieben?"
Ich schwieg nur und nahm ein Brötchen.
„Okay, das ist ein ja. Hast wohl Eindruck hinterlassen, was?", grinste Mats und griff ebenfalls nach einem Brötchen.
„Vielleicht. Aber eigentlich hat sie nur auf meine Nachricht von heute Nacht geantwortet", gab ich zu.
„Du hast ihr geschrieben?" Mats sah mich überrascht an. „Wann?"
„Kurz vorm Schlafengehen. Muss so gegen drei gewesen sein."
„Mensch, du überraschst mich. Hoffentlich hört sie nicht, dass du nicht mehr nüchtern warst", lachte Mats.
„Ach, das bisschen Bier und Jägermeister", wank ich ab. „Ist ja kein Release oder Tourabschluss gewesen."
„Auch wieder wahr. Und was hat Anna geschrieben?", wollte er neugierig wissen.
„Keine Ahnung. Aus naheliegenden Gründen schicken wir nur Sprachnachrichten."
„Und die hast du noch nicht angehört", stellte Mats fest.
„Korrekt. Mach ich gleich im Auto."
„Achso. Falls du irgendwann mal herausgefunden hast, ob es die Anna ist, die du seit Wochen suchst, sag Bescheid. Und richte ihr schöne Grüße aus."
„Mach ich." Hatte Mats vielleicht Recht? Sollte ich endlich Anna gefunden haben?

Annalena

„Hey Anna." Lara nahm mich zur Begrüßung in den Arm.
„Hallo. Komm rein."
Ich trat einen Schritt zur Seite und schloss dann die Tür wieder.
Lara kannte sich hier aus, also ging ich direkt in die Küche. Sie folgte mir auch kurze Zeit später. Ich setzte mich an den Tisch und spürte kurze Zeit später, dass Fritz sich neben meine Füße legte. Er lag irgendwie immer dort und ich hatte es nicht übers Herz gebracht ihm das abzugewöhnen.
Ich hörte, wie Lara mit verschiedenen Dingen klapperte und dann roch ich es.
„Du hast Lasagne mitgebracht?", fragte ich freudig überrascht.
„Ja. Für meine beste Freundin mache ich nur zu gern ihr Lieblingsessen", antwortete Lara. „Vor allem, wenn es etwas zu feiern gibt."
„Was hab ich verpasst", fragte ich verwirrt.
„Süße, du hattest ein Date, falls du das vergessen haben solltest."
„Moment. Du willst feiern, weil ich mit einem Mann Kaffeetrinken war?"
„Ganz genau. Ich hatte zwar gehofft, dass das mal passiert, aber irgendwie hast du meine Hoffnung in den letzten Jahren schrumpfen lassen. Naja, wie auch immer. Dieser Wincent gefällt mir jetzt schon."
„Danke für die Erinnerung", murmelte ich. „Und ja, er ist ganz nett." Lara musste auf keinen Fall alles wissen. Sonst saß ich morgen früh noch in einem Kreuzverhör hier am Küchentisch.
„Hier." Ich hörte den Teller auf dem Tisch und der Duft Lasagne ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Ein Stuhl ratschte über den Boden. „Dann guten Appetit", kam es von Lara und wir begannen zu essen.
„Und jetzt nochmal. Er ist ganz nett?" Lara klang nicht sehr überzeugt. „Ich glaube, du untertreibst. So wie du gestern geklungen hast ist er mehr als nur ganz nett."
Verdammt! Wieso musste ich mich immer verraten? Oh je. Jetzt gab es kein anderes Thema mehr.
Natürlich musste ich ihr ausführlich vom gestrigen Nachmittag erzählen, auch wenn ich meine Vermutung bezüglich Wincents Beruf vorerst für mich behielt. Falls ich wirklich richtig lag, musste ich ihr das irgendwie schonend beibringen, denn wenn sie in Ohnmacht fiel, hatte ich ein Problem.
Okay, Themenwechsel. Was sagt der Dienstplan?", fragte ich Lara.

Bin ich für sie blind? Where stories live. Discover now