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Wincent

Ich konnte die Worte einfach nicht aussprechen, die da auf Fabis Display standen. Ich wollte Anna nicht wehtun und wieder einmal konnte ich sie nicht beschützen. Dabei waren wir doch hier in Österreich so entspannt wie nie. Die Zeit war jetzt wohl auch vorbei. Scheiße. Warum kannten Leute dieses simple Wort ‚Privatsphäre' nicht?
Würde es nur um mich gehen, würde ich es einfach abhaken, aber hier hing Anna noch mit drin. Und leider wurden mir Unterstellungen gemacht und sie damit indirekt auch beleidigt. Das konnte und wollte ich nicht einfach so hinnehmen. Allerdings sah ich auch Fabis Punkt, dass ich nichts tun konnte. Vor allem nicht ohne Rücksprache mit meinem Team. Ich sah noch einmal auf das Display und die großen Buchstaben, die über dem bestimmt schon hunderte Male geteilten Artikel der Klatschpresse. Was sie sich da schon wieder zusammenreimten wollte ich gar nicht erst lesen und reichte Fabi sein Handy zurück. Ich wusste, dass wir Anna auf keinen Fall außen vor lassen durften, aber das konnte ich einfach nicht aussprechen. Allein das Lesen löste Übelkeit in mir aus.

Lara

Unruhig lief ich in Mats Wohnzimmer auf und ab. Ich war echt dankbar, dass er angeboten hatte, dass ich vorbeikomme. Zuhause würde ich nur verrückt werden.
„Meinst du, Fabi ist schon da?", fragte ich Mats, ohne stehen zu bleiben.
„Bestimmt. Der wohnt nicht so weit weg, glaube ich", antwortete er.
„Man, wieso meldet sich denn niemand von denen?"
„Lara, jetzt beruhige dich mal", sagte Mats und hielt meine Hand fest, sodass ich gezwungen war stehen zu bleiben. „Fabi ist bei Anna und Wincent. Da wird nichts passieren."
„Woher willst du das wissen?", fragte ich leise.
„Weil Fabi und Wincent verantwortungsbewusst genug sind. Wince kennt das ganze Theater leider schon zu genüge, der weiß, wie man damit umgeht. Und Fabi hält ihn ganz sicher davon ab, sinnlose Sachen zu machen."
„Und Anna?"
„Die hat zwei, nein drei starke Männer an ihrer Seite", antwortete Mats ruhig.
Wie er es schaffte, nicht durchzudrehen, war mir ein Rätsel. Immerhin war Wincent nicht nur sein Chef, sondern auch Freund. Und Anna und Mats verstanden sich auch sehr gut, soweit ich wusste.
„Komm, ich mach uns Tee und dann lenken wir uns ein wenig ab, bis sich jemand von denen meldet", schlug Mats vor und zog mich in die Küche.
„Und wie?", wollte ich wissen, denn ich bezweifelte, dass in meinem Kopf Platz für irgendwas anderes war.
„Du könntest mir ein wenig helfen. Ich muss da noch etwas für einen Job beenden."
„Ich hab aber gar keine Ahnung davon."
„Das glaub ich nicht. Außerdem ist es vielleicht ganz gut, mal einen neuen Blickwinkel zu haben."
„Okay, gut. Wir können es versuchen", gab ich nach, denn mich interessierte es schon, was Mats so machte.
Während er sich um das Teewasser kümmerte, sah ich zum hundertsten Mal auf mein Handy. Noch immer keine Nachricht von Anna, aber dafür umso mehr neue Storys auf Instagram und meine Fangruppen auf WhatsApp explodierten auch. Ich klickte den einen Chat an, damit die Nachrichten auf gelesen standen und wollte eigentlich wieder rausgehen. Allerdings fesselte eine Nachricht meine Aufmerksamkeit. Also scrollte ich nach oben und klickte auf den gesendeten Link.

 Also scrollte ich nach oben und klickte auf den gesendeten Link

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Ich wollte am liebsten kotzen, als ich das so las. Was bildeten sich mache Menschen denn ein? Wieso sollte Wincent denn jemanden betrügen? Die hatten ein ziemliches Aufmerksamkeitsdefizit. Ich verstand noch nie, wieso Leute dachten, dass sie über andere Menschen urteilen konnten.
„Lara? Alles gut?", fragte Mats.
„Ja", brachte ich gerade so heraus.
„Was liest du denn da?"
„Nichts. War nicht wichtig."
Ich schloss den Artikel schnell, als der nächste Link als Nachricht im Chat auftauchte. Kurz zögerte ich, aber irgendwie konnte ich doch nicht widerstehen. Allerdings bereute ich es sofort wieder, diesen Artikel auch noch aufgerufen zu haben.

„Wieso tust du dir das an?"Mats Stimme direkt hinter mir ließ mich erschrocken zusammenzucken

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„Wieso tust du dir das an?"
Mats Stimme direkt hinter mir ließ mich erschrocken zusammenzucken.
„Lara, wirklich. Es bringt nichts, sich die Lügen der Klatschpresse anzuschauen. Davon werden sie nicht wahrer und vor allem gehen sie davon auch nicht weg", redete er mir gut zu.
„Anna ist meine beste Freundin. Ich kann einfach nicht anders", erwiderte ich verzweifelt.
„Hey. Die wissen gar nichts, okay? Und sie werden auch keine Informationen bekommen."
„Mhm."
„Komm her." Er breitete seine Arme aus und kurz vergaß ich, dass er für mein Idol arbeitete.
In diesem Moment war Mats einfach nur ein guter Freund, der mich in den Arm nahm und mich festhielt. Jemand, der mir Mut machte und mich aufbaute. Das war ein so schönes Gefühl. Ich war jetzt nicht wirklich unbeliebt, aber groß war mein Freundeskreis auch nicht. Normalerweise beschrieb ich ihn immer als klein, aber fein. Doch leider hatte er auch einen Nachteil: Es waren alles Wincent-Fans. Abgesehen von Anna, aber um sie ging es ja. Das war doch alles scheiße. Wieso konnten die beiden nicht einmal Ruhe haben? Wenn man Wincent zufällig gesehen hatte, sollte man sich freuen und gut war. Aber doch nicht so.

Wincent

Der Druck in der Brust war immer noch genauso stark wie vorher. Und das, obwohl ich Fabi nur die Schlagzeilen hatte vorlesen lassen. Ich wünschte mir, das hier wäre einfach nur ein Albtraum und ich wachte jeden Moment auf.
„Bin gleich wieder da", sagte Anna und stand auf.
Besorgt sah ich ihr nach. Seit fünf Minuten herrschte hier absolute Stille im Raum. Der Film war zu Ende, aber das hatte keiner von uns so richtig realisiert. Es war, als wäre die Zeit stehen geblieben und alles eingefroren. Anna war die erste, die diese Starre durchbrach. Ich hatte kein gutes Gefühl dabei und wies Fritz an, ihr zu folgen.                  
„Was machen wir jetzt?", fragte ich Fabi, denn mein Kopf war zu nichts zu gebrauchen.
„Ich glaub, erst einmal müssen wir das verdauen und dann... Heute Abend mit Anna quatschen?" Er selbst schien auch nicht ganz zu wissen, was das Richtige war.
Ich bezweifelte, dass es nur eine Lösung gab, die richtig war. Eher hatte ich das Gefühl, dass sich alles in irgendeiner Form als falsch herausstellte. Zudem fühlte es sich nicht richtig an, erst heute Abend mit Anna zu sprechen. Diesen Gedanken teilte ich auch mit Fabi.
„Wince, wir können jetzt eh nichts mehr retten."
„Aber bis heute Abend wurde der doch keine Ahnung wie oft geteilt. Jetzt haben es vielleicht noch nicht so viele gesehen", wand ich ein.
„Sind wir mal realistisch. Das wurde so oft gespeichert und geteilt. Mindestens auf Social Media wird das bleiben. Heute Abend reicht also wirklich aus. Bis dahin haben wir das vielleicht alle ein bisschen verarbeitet."
Die Argumentation von Fabi war ziemlich schlüssig, auch wenn ich nicht begeistert war.
„Wie sieht Insta eigentlich aus?", stellte ich die Frage, die ich bisher vermieden hatte.

Bin ich für sie blind? Onde histórias criam vida. Descubra agora