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Annalena

„Können wir diese Diskussion bitte unterwegs führen?", fragte Mats. „So langsam bekomme ich schon Hunger."
„Okay", kam es von Wincent. „Wollt ihr schon vorfahren und wir treffen uns dort?"
„Klingt gut. Dann bis gleich", verabschiedete sich Lara.
„Bis gleich", sagte Wincent und ich nahm an, dass Mats und Lara uns alleine ließen.
Mein Freund reichte mir ein Handtuch und nachdem ich mich soweit abgetrocknet hatte, zog ich mich um. Wincent tat es mir gleich und dann sammelten wir unsere Sachen zusammen. Wieder im Auto, kam ich dann doch nochmal auf das Pizza-Thema zurück.
„Du isst wirklich Ananas auf Pizza?"
„Ja", antwortete mein Freund und startete den Motor. „Das schmeckt echt gut."
„Ich weiß nicht", gab ich zu bedenken.
„Du magst doch Ananas", entgegnete Wincent. „Ich erinnere dich da nur an ‚Dialog im Dunkeln'."
„Mag ich ja auch. Aber nicht auf Pizza. Das ist ein absolutes ‚No go'. Ananas kannst du einfach so essen oder in Schokolade eingetaucht, aber doch nicht warm und mit Käse überbacken."
„Das schmeckt echt gut", verteidigte Wincent sich.
„Sorry, aber das kann ich mir bei bestem Willen nicht vorstellen."
„Darf ich dich vom Gegenteil überzeugen?"
Ich überlegte kurz. „Du kannst es versuchen."
„Okay."                  
Am Restaurant angekommen, nahm Wincent meine Hand.
„Du kannst Fritz nehmen, wenn du willst", bot ich ihm an.
Wir betraten das Lokal und Wincent schien Mats und Lara schon entdeckt zu haben. Auf jeden Fall führte er mich geradewegs zu einem Tisch.
„Hey, da seid ihr ja", sagte Lara, als wir uns setzten.
„Jap. Habt ihr schon etwas bestellt?", wollte Wincent wissen.
„Nein. Wir wollten auf euch warten", erklärte Mats.
Ich spürte kurz Laras Blick auf mir, aber bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, erklärte mir mein Freund die Karte. Stimmt. Wenn ich mit Lara essen war, hatte sie das auch immer gemacht, doch heute war Wincent da. Irgendwie wurde mir jetzt erst bewusst, wie seltsam die Situation war. Ich saß hier mit meinem Freund, seinem Fotografen und meiner besten Freundin zusammen. Wohlgemerkt war mein Freund gleichzeitig das Idol meiner besten Freundin. Würde jemand von außen diese Situation beschreiben, sähe das bestimmt nach einem Doppeldate aus. Moment! War da etwas zwischen Lara und Mats und sie hatte mir das verschwiegen? Ich musste das auf jeden Fall unauffällig herausfinden. Als Wincent und Mats anfingen, über Wein zu diskutieren, nutzte ich die Chance.
„Lara, findest du nicht, es wäre mal wieder Zeit für einen Mädelsabend?", wandte ich mich an meine beste Freundin.
Sie schien etwas überrascht zu sein. „Ähm, klar."
„Cool. Morgen? Dann kann Wincent nämlich auf Fritz aufpassen", schlug ich vor.
„Was hast du vor?", fragte mich Lara, nun etwas leiser.
„Ich will alles wissen. Wir drehen morgen den Spieß um", antwortete ich genauso leise.     „Bitte, Anna. Da ist nichts."
„Vergiss es. Ich will gar nichts hören."
„Alles gut bei euch?", fragte Wincent.
„Ja", antworteten Lara und ich gleichzeitig.
„Warum schaut Lara dann so gequält?"
Ich suchte kurz nach der passenden Formulierung. „Sie freut sich sehr auf morgen Abend, aber will das nicht zugeben."
„Was ist denn da?", wollte Mats wissen.
„Mädelsabend bei Lara", erklärte ich. „Und Wincent passt auf Fritz auf. Ich hoffe, die Wohnung steht danach noch."

Wincent

Ich überging den letzten Kommentar geflissentlich und sah stattdessen zu Mats. Ich hatte so eine Vermutung, weshalb Lara so gequält drein schaute. Es lag ganz sicher nicht daran, dass sie keine Zeit mit Anna verbringen wollte, aber meine Freundin war ja auch nicht blöd. Da kamen ganz sicher Fragen zu Mats und kurz war ich etwas enttäuscht, dass ich nicht dabei sein konnte. Dann musste ich wohl meinem Fotografen noch ein wenig auf die Nerven gehen. Da musste er jetzt durch, denn das hatte er bei mir und Anna immerhin auch gemacht. Als der Kellner kam, bestellten wir uns alle Getränke und direkt unsere Pizzen. Ich nahm natürlich Hawaii, denn ich wollte Anna ja davon überzeugen, dass das echt lecker war. Während wir warteten, ließen Mats und Lara sich von unserem Urlaub erzählen und irgendwie hatte ich das Gefühl, sie wollten von sich ablenken. Na warte, Mats. So schnell kamst du mir nicht davon. Als wir endlich unsere Pizzen hatten, begannen wir quasi sofort zu essen. Immerhin machte sich der Hunger so langsam bemerkbar. Ich musste zugeben, es hatte zum ersten Mal einen Vorteil, dass Anna nichts sah. So konnte ich ein Stück ihrer Thunfischpizza mit einem von meinen Stücken austauschen. Lara bekam das natürlich mit, aber ich signalisierte ihr, dass sie bloß ihre Klappe halten sollte.
„Ist irgendwas?", fragte Anna irgendwann.
„Nein. Wie kommst du drauf?", fragte ich scheinheilig.
„Irgendwie seid ihr komisch", meinte sie.
Anna hatte einfach ein viel zu gutes Gefühl für Spannungen.
„Alles gut. Iss einfach deine Pizza", beruhigte ich sie.
Sie sah mich noch einmal skeptisch von der Seite an, aber aß schließlich weiter. Ich versuchte unauffällig aufzuatmen. Allerdings funktionierte das nicht so gut, denn im nächsten Moment nahm Anna ein Stück von meiner Pizza. Sie checkte es natürlich auch sofort, dass das nicht ihr originales Stück war. Gespannt beobachtete ich sie.
„Und?", wollte ich neugierig wissen.
„Es ist essbar, aber ich werde wahrscheinlich kein Fan davon", antwortete sie.
„Ehrlich?", kam mir Lara zu Hilfe. „Pizza Hawaii ist super lecker."
„Ich würde das jetzt nicht so unterschreiben, aber gut. Jeder, wie er mag", antwortete Anna.

Annalena

Der restliche Abend wurde dann noch sehr locker, vor allem nachdem die Pizza-Diskussion endlich mal beendet wurde. Nachdem wir alle satt waren, verabschiedeten sich Mats und Lara von uns. Angeblich, weil sie am nächsten Tag wieder arbeiten mussten und echt müde waren. Hallo? Wincent und ich gingen auch arbeiten. Aber ich behielt das lieber für mich und ich würde Lara morgen Abend schon ausquetschen. Ich mochte Mats und soweit ich wusste, war er noch Single. Die beiden verdienten einfach ein Happy End und ich war mir fast sicher, dass sie es für den jeweils anderen sein konnten. Doch das musste ich Lara noch irgendwie verklickern. Wahrscheinlich musste ich sie genauso nerven, wie sie mich bei Wincent.
„Erde an Anna", riss mich genau dieser aus meinen Gedanken.
„Oh, sorry", murmelte ich.
„Wo bist du denn mit deinen Gedanken?"
„Nicht so wichtig", wank ich ab.
„Lass mich raten: Lara und Mats?"
Überrascht blieb ich stehen. „Woher...?"
„Das stand dir quasi fast ins Gesicht geschrieben", antwortete er. „Aber weißt du, ich glaube, die zwei schaffen das schon."

Bin ich für sie blind? Where stories live. Discover now