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Wincent

„Wie schätzt du sie ein?"
„Ganz okay. Haben jetzt nicht irgendwie Handys im Anschlag oder so. Sind auch eher schüchtern."
„Dann ist ja gut." Fabi entspannte sich etwas.
Mir ging es genauso, wenn ich ehrlich war. Allerdings wirkten die beiden echt entspannt und eher zurückhaltend. Das gab mir zumindest nicht direkt das Gefühl, flüchten zu wollen. Wieder sah ich zu ihren rüber und dieses Mal sahen sie gleichzeitig zu mir und zuckten leicht zusammen. Ich lächelte sie beruhigend an, denn es war wirklich okay. Das schien sie zu ermutigen, denn sie standen langsam auf.
„Sie kommen", warnte ich Fabi vor und setzte dann mein Lächeln auf.
„Hey", sagte das eine Mädchen schüchtern.
„Hi", erwiderte ich.
„Wir hoffen, wir stören nicht", kam es vom anderen.
„Alles gut", erwiderte ich.
„Könnt ihr vielleicht ein Autogramm schreiben?"
„Klar. Ähm, ich geh mal einen Stift besorgen", sagte Fabi und stand auf.               Währenddessen tauten die Mädels ein wenig auf und beantworteten bereitwillig meine Fragen. Es ging weniger um meine Musik, sondern mehr um die beiden. Sie waren super nett, kommentierten auch das dritte Glas auf dem Tisch nicht. Fabi kam auch nur wenig später wieder zurück und wir schrieben jeweils für beide Mädels Autogramme. Als ich sah, wie Anna wieder kam, fiel es mir schwer, meine Fassung zu bewahren. Ich wollte nicht, dass aus der Nähe jemand Anna kannte und eventuell in die Öffentlichkeit trug. Allerdings schienen sie zu bemerken, dass ich mich nicht mehr ganz so wohl fühlte. Sie verabschiedeten sich recht schnell und wünschten uns allen dreien alles Gute. Selbst, wenn sie die Artikel gesehen hatten, brachten sie das Thema nicht auf den Tisch. Stattdessen ließen sie mir die Privatsphäre, hier mit meiner Freundin und Fabi zu essen. Ich atmete wirklich erleichtert auf und der Zwerg entspannte sich auch sichtlich.
„Alles okay bei euch?", fragte Anna, die die angespannte Situation zu bemerken schien.
„Ja", antwortete ich.
„Sicher?", hakte sie nach, immerhin war Anna ja nicht blöd.
„Hier waren kurz zwei Fans, aber total lieb und haben auch nichts gefragt. Da machen wir uns wenig Gedanken", erklärte ich ihr.
„Achso. Dann ist ja gut."
„Ich glaube, wir müssen uns da keine Gedanken drüber machen", sagte ich und hoffte, dass es wirklich überzeugend klang.
So ganz sicher war ich nämlich nicht, aber ich wollte mir den Urlaub nicht von ein paar blöden Artikeln der Klatschpresse vermiesen lassen. Das funktionierte auch noch ganz gut und wir genossen das gemeinsame Essen. Wieder zurück im Häuschen, tauschte Fabi Annas Sachen wieder gegen seine eigenen. Anschließend verabschiedete er sich auch von uns, denn seine Familie erwartete ihn. Ich bedankte mich noch einmal bei ihm, dass er Mats Bitte nachgekommen war und Anna und mich informierte. Mein Handy hatte ich leider auch wieder aus dem Flugmodus genommen, denn wir mussten ja noch mit meinem Management reden. Wirklich Lust hatte ich nicht, aber drum herum kam ich auch nicht. Mit meinem Handy in der Hand setzte ich mich neben meine Freundin auf das Sofa. Wir waren beide ein wenig kaputt von der Wanderung, aber es hatte gut getan.
„Bereit?", fragte ich Anna und beobachtete ihre Reaktion.

Annalena   

Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich das wirklich wollte. Was sollte denn Wincents Managerin ändern? Doch ich wusste, dass es für ihn wichtig ist. Daher nickte ich einfach nur und griff nach seiner Hand.
„Okay? Oder sollen wir noch warten?", hakte er nach.
„Ne, alles gut. Wir machen das jetzt", beschloss ich.
Er atmete nochmal durch. Das nächste, was ich hörte, war das Zeichen, dass gewählt wurde. Wir warteten und ich versuchte, ruhig weiter zu atmen.
„Bustorf?", meldete sich eine freundliche Stimme.
„Hey Anna, Wincent hier", sagte mein Freund.
„Hallo Wincent. Gut, dass du dich meldest. Ich geh mal davon aus, dass du es schon mitbekommen hast", sagte sie.
„Fabi hat uns in Kenntnis gesetzt, ja", antwortete Wincent. „Mats hatte ihn darum gebeten, weil unsere Handys im Flugmodus waren."
„Uns? Deine Freundin weiß auch Bescheid?", hakte seine Managerin nach.
„Ja. Anna hört auch mit."
Sie schien kurz verwirrt und mir ging es auch so.
„Hallo Anna. Schade, dass wir uns unter diesen Umständen kennenlernen", wandte sich Wincents Managerin an mich.
„Hey Anna."
Es war ein seltsames Gefühl, jemanden mit meinen eigenen Namen anzusprechen. Wie ging es denn Wincent, wenn er seine Freundin und seine Managerin gleich ansprechen musste?
„Also Anna", setzte Wincent an und brach dann ab. „Ähm, ich mein damit jetzt meine Managerin", fügte er noch hinzu.
„Was ist?", wollte diese von meinem Freund wissen.
„Gibt es irgendwas, was wir tun können oder halten wir einfach die Füße still? Ich meine, lohnt sich eine Löschung noch? Also, falls wir das überhaupt durchbekommen."
Seine Managerin überlegte kurz. „Ich denke, wir können nicht viel machen. So wie ich das gesehen habe, ist es in den sozialen Medien auch schon sehr oft geteilt worden. Wenn du dich dazu auf Instagram äußern willst, kann ich dich nicht davon abhalten. Das musst du beziehungsweise ihr entscheiden. Ich finde, du bist nicht dazu gezwungen, etwas aus deinem Privatleben zu teilen."
Ich dachte über ihre Worte nach. Von den sozialen Medien hatte ich keinerlei Ahnung, doch ich vertraute da auf Wincent und seine Managerin. Ich wusste, dass er halt in der Öffentlichkeit stand und Social Media zu seinem Job dazugehörte. Zumindest so ein wenig.
„Schatz, ich würde sagen, wir besprechen das in Ruhe", sagte Wincent und drückte meine Hand fester.
„Gut, dann melde dich einfach, wenn ihr euch entschieden habt. Und lasst euch ruhig Zeit damit, da müsst ihr nichts übers Knie brechen", erwiderte Wincents Managerin. „Anna, vor allem für dich ist es wichtig, dass du da nichts tun musst. Am Ende entscheidet ihr das und nur weil Wincent sonst fast alles geteilt hat, muss euch das nicht unter Druck setzen. Dinge ändern sich einfach und nach den Dramen mit den letzten Beziehungen, war eigentlich schon öffentlich klar, dass er das ab sofort geheim hielt."
„Okay", sagte ich und nahm mir vor, wirklich gründlich darüber nachzudenken.
„Anna, kannst du schauen, wie Instagram aussieht? Ich will nicht draufgehen und mich da durchkämpfen", gab Wincent zu.
„Ich schau, was ich tun kann. Allerdings kann ich dir bei deinem Account nicht helfen. Vielleicht hebst du das auf, bis du in Berlin bist. Amelie oder ich können das mit dir gemeinsam machen, wenn du willst."
„Das wäre echt gut", erwiderte Wincent.
„Melde dich einfach. Du kannst auch erst einmal wieder in den Flugmodus für den Rest deines Urlaubs. Wir reden dann danach in Ruhe, okay?", schlug Anna vor.
„Machen wir so."
„Wincent? Versuch noch ein wenig abzuschalten. Wir behalten die ganzen Sachen hier im Auge", versprach sie.
„Danke Anna", sagte ich ehrlich, denn Wincent schien wirklich etwas ruhiger zu sein.
„Ich mach nur meinen Job. Sagt einfach Bescheid, wenn etwas sein sollte und ansonsten sehen und hören wir uns nach eurem Urlaub. Habt noch eine tolle Zeit zusammen."
„Bis dann, Anna", kam es von Wincent.
„Bis dann, ihr zwei", verabschiedete sie sich.

Bin ich für sie blind? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt