#3 - 'in einer halben Stunde'

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Ich sah ihn nur an und wusste nicht, was ich sagen sollte.

Er strich mir mit seiner warmen Hand eine Haarsträhne zur Seite, die der Wind mir ins Gesicht geblasen hatte. Mir lief ein warmer Schauer von meiner Schläfe bis hinunter in meinen kleinen Zeh. Wow, ich wusste nicht, dass eine so kurze Berührung ein so starkes Gefühl auslösen konnte.

„Wie darf ich das wunderschöne Mädchen, das vor mir steht, eigentlich nennen?", fragte er lächelnd.

Ups. Stimmt.

Ich hatte ihm noch nicht mal gesagt, wie ich hieß. Dazu waren wir bisher irgendwie...noch nicht gekommen. Wir waren wohl eher damit beschäftigt, uns gegenseitig anzustarren.

„Sam. Ich heiße Sam", sagte ich leise und erwiderte seinen Blick.

Er sah mich nur an und lächelte. „Sam...", wiederholte er sanft und ließ meinen Namen wie Musik klingen.

„HARRY STYLES, VERDAMMT NOCHMAL, ICH BIN NICHT DEIN KINDERMÄDCHEN!!!!!"

Wir zuckten beide zusammen.

„Geh, Harry", sagte ich und schluckte. Ich wandte meinen Blick ab.

Und jetzt??..

Er fasste mir sanft unters Kinn und drehte meinen Kopf zu ihm, sodass ich wieder in seine grünen Augen blickte.

Er sah mich an und stellte sich wohl gerade dieselbe Frage.

Was jetzt.

Plötzlich kam er noch näher, was ja eigentlich kaum möglich war, drückte seinen Körper gegen meinen und sagte atemlos: „Sam, warte am Osteingang auf mich, ich komme in einer halben Stunde dorthin!"

Mit diesen Worten löste er sich blitzschnell von mir, striff mit seinen Lippen federleicht über meine Stirn, drehte sich um und lief davon. – Und gab mir somit keine Möglichkeit, noch irgendetwas zu antworten.

Hm, normalerweise war ich ja nicht so eine, die sich so behandeln ließ. Aber das war ja gerade nicht böse gemeint gewesen, Harry musste los und schließlich hatte er sich von mir verabschiedet.

„Bis dann, Harry", flüsterte ich leise. Meine Finger wanderten zu meiner Stirn und strichen über sie. Die Berührung war so vorsichtig gewesen, als wäre ich etwas Kostbares und Verletzliches, was er berührt hatte.

Ich weiß nicht, wie lange ich dort noch herumstand und an ihn dachte, doch irgendwann holte mich mein heiß geliebtes Handy wieder auf den Boden der Realität. Ich seufzte und sah auf mein Display:

‚Samboy, bist du in Ohnmacht gefallen, weil die Superhelden jetzt da sind?! Komm schon, bitte ruf mich endlich an!'

Ouhhh, jetzt fiel mir erst wieder ein, wieso ich überhaupt hier stand! Mist, ich wählte schnell Manus Nummer und telefonierte ein paar Minuten mit ihm, während ich in Richtung Osteingang lief. Wie ich vorausgesagt hatte, ging es nur um sein Picknick-Kino-Spazieren-gehen-Hundebabys-besuchen-undweißwasichnochalles-Date zum Einjährigen mit seinem Schatz.

Ich konnte mich nur leider nicht auf das Telefonat und sein Problem konzentrieren, da ich nur den grünäugigen Kerl mit braunen Locken in meinem Kopf hatte.

„Sam, hörst du mir überhaupt zu?!", kam es nun genervt aus dem Lautsprecher meines Handys.

„Ähm, was hast du gerade gesagt?", fragte ich etwas peinlich berührt.

Seufzend wiederholte er alles und wir fanden gemeinsam eine einigermaßen passable Lösung. Naja, eigentlich fand ich sie, aber sowas würde mein lieber Cousin ja niemals zugeben.

Als ich aufgelegt hatte, schrieb ich Jana schnell eine Nachricht:

‚Schnucki, ich geh Richtung Auto, also Richtung Osteingang. Ruf mich an, wenn sie da waren und dann treffen wir uns irgendwo :*'

Ich wollte ihr lieber persönlich erzählen, was vorhin passiert war. Per Nachricht käme das wohl doch ziemlich abgedreht rüber, wenn ich schreiben würde: „Hey, stell dir vor, Harry Styles ist in mich hineingerannt und das war echt Liebe auf den ersten Blick bei uns beiden."

Hm, ja. Dezent gruselig. – Aber es war wahr. Ich konnte es selber nicht richtig fassen.

Ich lief weiter in Richtung Osteingang und kam an hunderten von Fans vorbei. Viele sahen so aus, als wären sie schon seit mehreren Tagen hier. Ich weiß ja nicht, aber ich finde das dann doch etwas übertrieben.

Ich fing an, mich zu fragen, wie Harry sich am Osteingang mit mir treffen wollte. Er würde eine Massenhysterie auslösen, wenn er seine braunen Locken hier irgendwo zeigen würde. Bestimmt sind sie unterirdisch bis in die Halle hineingefahren, weswegen ich ihn wohl auch am Anfang dieser Tiefgarage getroffen hatte, und kamen so bequem an den Fans vorbei. Ich hatte zwar oft genug gelesen, dass die Jungs es sehr schade fanden, dass sie so selten Kontakt zu ihren Fans hatten – aber da konnten sie ja nichts dafür, schließlich flippten ja die Fans aus und nicht die Jungs. Und es ging nur um die allgemeine Sicherheit von allen Beteiligten.

Nun stand ich also vor dem Osteingang der Olympiahalle.

Ich sah mich um, alles voller Fans. Hm. Da bin ich ja gespannt, Harry.

Ich drehte mich zur Tür und versuchte etwas zu erkennen, doch alles war mit Security-Leuten umstellt und ich mit meinen 1,65m konnte leider nicht an den breiten, 2m großen Sicherheitsleuten vorbeischauen.

Ich seufzte und sah auf meine Uhr.

Vor 23 Minuten habe ich Manu angerufen, also hat Harry vor 24 Minuten zu mir gesagt, dass wir uns hier in einer halben Stunde treffen.

Mal sehen, wie viel Verspätung unser Herr Popstar haben wird, dachte ich verschmitzt. Stars sind ja bekanntlich nicht so die Pünktlichen.

Während ich dies dachte und ein wenig lachen musste, hörte ich plötzlich Schreie und quietschende Autoreifen.

Panisch drehte ich mich um und erstarrte.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt