#10 - Nervensäge.

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Er lächelte sein wunderschönes Lächeln und die bekannten Harry-Grübchen erschienen auf seinen Wangen.

„Ich hab dich gefunden! Ich kann es gar nicht glauben!", flüsterte er und beugte sich mir entgegen.

Mein Herz fing an, noch wilder zu klopfen und mein Blick wanderte zu seinen perfekten Lippen.

Ich streckte meine Hand aus, um seine Wange zu berühren.

Als meine Hand eigentlich sein Gesicht berühren sollte – war er plötzlich verschwunden!

Und ich schreckte hoch.

Ich sah mich hektisch atmend und mit weit aufgerissenen Augen in meinem taghellen Zimmer um.

Nach ein paar Sekunden ließ ich mich zurück auf mein Kissen fallen und stöhnte auf.

Nur ein Traum.

Ich hatte alles nur geträumt.

Harry war nie hier gewesen.

Wahrscheinlich hatte er nach seinen beiden Tweets nicht einmal mehr einen Gedanken an mich verschwendet.

Und wahrscheinlich hatte er gestern Party ohne Ende gemacht und konnte sich nun nicht einmal mehr an mich erinnern.

Ich vergrub meinen Kopf in meinem Kopfkissen.

Wieso ging ich eigentlich auch davon aus, dass da irgendetwas zwischen uns war??  Vielleicht machte er das ja in jeder Stadt. Fand ein Mädchen, fragte sie, ob sie ‚es auch spürte', nutzte sie aus – und brach ihr das Herz.

Ich schloss die Augen und versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken, das sich nun in einen Schluckauf verwandelte.

Wütend schlug ich die Augen wieder auf und hob mühevoll mein Gesicht aus meinem Kissen.

Was ging denn schon wieder in mir vor, Mensch.

Ich musste ihn irgendwie aus meinem Kopf kriegen!

Um mich abzulenken, drehte ich mich auf die Seite und griff nach meinem Handy.

Dreizehn entgangene Anrufe.

Holla die Waldfee!

Ich tippte auf das kleine Symbol des Telefons und seufzte. Dreimal dürft ihr raten, wer mich dreizehnmal angerufen hat.

Ich verdrehte die Augen. Wehe, sie kam mir jetzt mit irgendeinem Plan, wie wir das Hotel finden konnten, in dem One Direction nun hauste.

Doch haargenau damit kam sie.

Ich wollte sie eigentlich gerade anrufen, doch ich schrak plötzlich so heftig zusammen, dass mein Handy im hohen Bogen durch mein Zimmer flog.

Sie stand jetzt nämlich breit grinsend live und in Farbe vor mir, nachdem sie die Tür genauso zugeknallt hatte, wie sie sie aufgerissen hatte.

„Jana! Spinnst du?! Du hast mich zu Tode erschreckt!", fuhr ich sie schnaufend an.

Das war wirklich zu viel für mein Herz an einem Morgen. Nach dem gestrigen Tag war es eh nicht mehr in sonderlich guter Verfassung. Erst Harry, dann der Amoklauf, dazu noch der ganze Liebeskummer – und nun dieser Schock.

„Guten Morgen!", strahlte sie mich an und ließ sich einfach auf mich drauf plumpsen.

Wir hatten nun also wieder einmal so einen Tag, an dem ihre Laune durch nichts erschüttert werden konnte. Na das konnte ja heiter werden.

„Gut geschlafen?", fragte sie mich und rollte sich auf den Bauch.

Ich hatte immer noch nicht kapiert, wieso sie Sonntagmorgen um halb zehn bei mir aufkreuzte, ohne vorher Bescheid zu sagen.

„Was hat dich hierher verschlagen?", fragte ich zurück, ohne ihre Frage zu beantworten. Ich schälte mich aus meiner Bettdecke und stand auf. Nachdem ich mich gestreckt hatte, schlug ich den Weg Richtung Badezimmer ein.

Jana hüpfte mir hinterher wie ein frisch geschlüpftes, aufgeregtes Küken.

„Ich hab dich ein paar Mal angerufen..." – „Die Untertreibung des Jahrhunderts", unterbrach ich sie grummelnd, doch sie ließ sich nicht beirren, „...aber du bist nicht hingegangen, also dachte ich mir, komm ich doch einfach gleich selbst vorbei!"

Ich nahm meine Zahnbürste aus dem Zahnputzbecher und sagte nichts.

Sie würde eh gleich damit rausrücken, es war nur die Frage von ein paar Sekunden, also musste ich mir keine Mühe machen.

Sie setzte sich auf den Klodeckel und sah mir beim Zähneputzen zu.

Und schwieg dabei.

Okay, dachte ich seufzend, sie wollte also, dass ich nachfragte. Den Gefallen würde ich ihr aber nicht tun, ich hatte so ein Gefühl, dass ich eh schon wusste, worum es ging.

Und sie hatte es einfach nicht verstanden. Ich wollte nicht nach ihm suchen. Ich wollte nicht einmal, dass er mich fand. Und, noch dazu kam auch, dass ich keine Lust hatte, alle Nobel-Hotels in München abzuklappern. Dazu war mir meine Zeit zu schade. Wir würden ihn eh nicht finden.

Ich sah sie durch den Spiegel mit hochgezogenen Augenbrauen an, doch sie lächelte nur selig zurück.

Ich stöhnte auf und gab nach.

„Jetzt rück schon raus mit der Sprache."

Ihr Grinsen wurde immer breiter und breiter.

Bis sie frohlockte: „Wir gehen heute auf Styles-Jaaaaagd!!!"

„Vergiss es", holte ich sie auf den Badezimmerteppich zurück.

Sie verdrehte die Augen und wischte meine Erwiderung mit einer lässigen Handbewegung weg.

„Pff, nichts da, wir fahren ihn suchen."

„Jana, wir werden ihn nicht finden." Ich betonte jedes einzelne Wort, als würde ich mit einem Kleinkind sprechen.

Sie sah mich aufmüpfig an und meinte: „Ach ja? Was wetten wir, dass wir ihn finden? Hm?"

„Gar nichts", erwiderte ich schroff, „sonst weinst du am Ende, wenn du deine Wettschulden bei mir einlösen musst."

Sie gackerte los und ich sah sie etwas schockiert an. Okay, irgendwas lief hier, von dem ich nichts wusste.

Sie beruhigte sich ein wenig, sah mich an und sagte schlicht: „Ich weiß, in welchem Hotel sie sind. – Was ist, willst du immer noch nicht hinfahren?"

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt