#111 - P1

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„Sam, nicht schlafen", hörte ich eine leise Stimme in mein Ohr wispern und ein Lufthauch strich an meinem Nacken nach unten. Sofort bildete sich eine Gänsehaut an meinem Hals und im nächsten Moment spürte ich, wie sich zwei warme Lippen auf die Gänsehaut drückten.

Ich lächelte, aber hielt die Augen geschlossen und tat so, als würde ich schlafen. Natürlich wusste er, dass ich wach war, aber er spielte sofort mit.

„Saaaam", kam jetzt quengelnd und er strich mit den Lippen an meiner Wange entlang, während er gegen meine Haut sprach. „Du darfst jetzt nicht schlafen. Jetzt habe ich dich endlich gefunden und du bist hier in meinen Armen – und du schläfst einfach ein?!"

Jetzt konnte ich nicht mehr anders und lachte kurz auf.

Ich öffnete die Augen einen Spalt breit und begegnete dem Blick von zwei funkelnden grünen Augen.

„Ich schlafe aber", murmelte ich und schloss die Augen wieder, immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen.

„Na gut, dann gute Nacht", kam jetzt eine theatralisch seufzende Antwort und ich spürte, wie er seinen Arm von meinem Rücken wegzog und mich von sich wegschieben wollte.

„Hey!", gab ich ein wenig entrüstet zurück und lehnte mich wieder an ihn.

„Was denn, du willst doch schlafen?", kam jetzt die lachende Antwort.

„Ja, aber du bist viel bequemer als die Taxikopfstütze", murmelte ich in den Stoff von seinem Pulli und ich spürte seine Brust von seinem Lachen erbeben. Automatisch bogen sich meine Mundwinkel nach oben.

„So, meine lieben Turteltäubchen, jetzt ist das Schlafen eh zu Ende, weil wir da sind", mischte sich der Taxifahrer amüsiert ein und hielt den Wagen an.

Ups, der hatte ja jetzt alles mitgekriegt.

Peinlich.

Naja, den würde ich eh nie wieder in meinem Leben sehen.

Ich stöhnte einmal gespielt auf, aber Harry zog mich grinsend aus dem Taxi heraus.

Wir standen jetzt mitten im Herzen von München. Mitten vor einem Club.

Um genauer zu sein: wir standen direkt vor dem P1. Das ist der Club in München schlechthin. Wenn man irgendwo Promis ausfindig machen wollte, dann hier. Der Münchner Nobelschuppen, ungelogen.

Automatisch, ohne dass ich es wollte, verzog ich das Gesicht.

Nicht weil ich was gegen das P1 hatte – im Gegenteil – nein, ich hatte jetzt einfach wirklich keine Lust, da hinein zu gehen.

Harry schien wohl haargenau das Gleiche zu denken. Mit einer fließenden Handbewegung zog er sich die Kapuze seines Sweatshirts über bis hinunter zur Stirn und senkte den Kopf, damit ihn niemand erkannte.

„Glaub mir", sagte er murmelnd und legte einen Arm um meine Schulter und zog mich zu sich her, „wenn ich nicht müsste, würde ich da jetzt nicht mit dir reingehen. Aber..."

„Klar gehst du rein." Ich knuffte ihn in die Seite. „Ich werde dir kein Klotz am Bein sein. Aber ich muss nicht mitkommen, ich kann auch gehen, wenn dir das lieber i-"

„Sahaaam", kam jetzt genervt zurück und er verdrehte die Augen, obwohl er gleichzeitig grinsen musste und seine Grübchen wieder erschienen. Sein Gesicht war meinem so nahe, dass es mir wieder einmal den Atem verschlug und mein ganzer Körper anfing zu kribbeln. „Im Ernst, du kommst mit und basta. Krieg das mal in deinen hübschen Kopf rein und hör auf zu mosern."

„Na gut", gab ich schlicht zurück und er erwiderte: „Braves Mädchen" und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.

Im nächsten Augenblick – mein Herz hatte noch ein wenig Probleme, sich wieder einzukriegen – zog er mich auch schon zum Eingang des Clubs.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt