#130 - Entscheidung

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Ich stützte mich vorneüber mit den Händen auf dem Boden ab und ließ mich langsam nach unten sinken, bis ich auf dem Boden saß. Ich schlug die Hände vor mein Gesicht.

Okay, atmen, atmen, atmen, Samantha. Ganz ruhig.

Fuck, wie sollte ich da ruhig bleiben.

...komischerweise war ich aber gerade im Moment wirklich ruhig, fiel mir jetzt erst auf, als ich mich selber wie von außen betrachtete. Ich atmete gleichmäßig und mein Herzschlag befand sich ebenfalls wieder in seinem normalen Frequenzbereich.

Ich ließ meine Hände sinken und sie landeten kraftlos in meinem Schoß. Ich lehnte den Rücken an die Wand und schloss die Augen.

„Entscheide dich. Ich brauche endlich Klarheit. Entscheide dich, Sam."

Die Worte hallten in meinem Kopf pausenlos wider. Seine Worte.

Entscheide dich.

Zwei Stunden.

Empire State Building.

Zwei Stunden.

Entscheide dich.

... oh Gott.

Innerhalb der nächsten zwei Stunden musste ich es wissen.

Und wenn ich ja sagte, würde ich zum Empire State Building fahren und ihn dort oben treffen.

Und wenn nicht... dann... dann.... ich wollte nicht an das Danach denken.

„Oh Gott...", stöhnte ich auf und fing an, an meinem Daumennagel zu nagen.

Ich ließ den Kopf in den Nacken sinken und betrachtete mit ausdruckslosen Augen die Decke.

Wieso war ich eigentlich so ruhig?! Das konnte doch nicht wahr sein?! Vor ein paar Minuten hatte ich noch geweint wie ein menschlicher Zimmerbrunnen, bei dem der Aus-Knopf kaputt war, hatte mich nicht mehr auf den Beinen halten können  –  und jetzt saß ich hier und atmete ruhig vor mich hin, als hätte ich alle Zeit der Welt.

Aber die hatte ich nicht!!! Ich musste endlich in die Gänge kommen!

„Verdammt, Samantha Marina Ferroni, was ist los mit dir!?", zischte ich durch meine zusammengebissenen Zähne.

Ich blinzelte ein paar Mal und atmete zitternd ein. Ich spürte, wie ein Schauer nach dem anderen langsam durch mich hindurchjagte.

Ich sah hinunter auf meine Hände, die jetzt zu zittern begannen.

Mein Herzschlag wurde schneller und ich riss panisch die Augen auf.

...nur noch zwei Stunden! Oh Gott!!!

„Na, das klingt doch schon eher nach mir", seufzte ich niedergeschlagen und versuchte, tief durchzuatmen.

Okay, ich brauchte Hilfe.

Ich musste mit Jana oder mit Caro reden.

Umständlich rappelte ich mich auf und wäre beinahe über meine eigenen Füße gestolpert, als ich mich auf die Suche nach dem Telefon machte.

„Wo bist du, wo bist du, wo bist du, komm schon, ich brauche dich...", murmelte ich und brachte das gesamte Wohnzimmer durcheinander, weil ich alles hochhob, was nicht niet- und nagelfest war.

Irgendwann hatte ich plötzlich wieder die Zeitung mit dem Artikel über Harry Styles und das mysteriöse, deutsche Mädchen in der Hand.

„Ach, fuck you", grummelte ich und zerknüllte die Seite mit dem Geschwätz kurzerhand zu einem kleinen Ball und warf ihn wutentbrannt gegen die Wand.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt