#131 - Hochgefühl

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„Ich muss los. Ich muss zu diesem Gebäude."

Trotz dieser Erkenntnis blieb ich ein paar weitere Sekunden unbewegt sitzen und starrte einfach gerade aus.

Ich würde hinfahren.

Hinauffahren.

Zu ihm gehen.

Ihm gegenübertreten.

Ich würde es tun.

Ich musste es tun.

Das Schicksal hatte uns damals in der Tiefgarageneinfahrt zusammengeführt.

Und nicht nur da. – Wir waren uns ständig begegnet. Sowohl gewollt als auch ungewollt.

Ständig.

Wir gehörten zusammen.

Ich sprang wie von der Tarantel gestochen auf.

„Ja, dann GEH ABER AUCH ENDLICH MAL, SAM!!", rief ich und wirbelte durch das Wohnzimmer.

Während ich wie ein aufgescheuchtes Huhn nach meiner Tasche und meinem Geldbeutel suchte, verfluchte ich Harry.

Wieso in Gottes Namen wollte er auf das Empire State Building?!? Was, wenn ich zum Beispiel Höhenangst hatte?! Hatte ich zwar nicht, ich liebte Höhen und Nervenkitzel jeglicher Art, aber das wusste er ja nicht?!

Oder hatte er vielleicht auch schon daran gedacht, dass es mich ein halbes Vermögen kosten würde, wenn ich da hoch wollte?! Der Eintritt war einfach nur übertrieben teuer, ich war dort ja schon oben gewesen. Ich war nun mal leider kein Weltstar, der weiß was ich wie viele Millionen in der Tasche hatte! Ich hatte kaum Geld dabei, verdammt! Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich wirklich genug Geld dabei hatte.

...es würde mich ja nicht wundern, wenn es nur daran scheitern würde. Wenn ich unten an der Kasse stehen würde und nicht genug Geld hatte, und er würde dann denken, dass ich nicht kam, und würde dann gehen.

Super. Wirklich super.

Ich verzog die Mundwinkel und kämpfte gerade mit den Ärmeln meiner Lederjacke.

Fuuuck, ich hatte ja nicht einmal mehr Dollarscheine!!!!

Ich hielt mitten in der Bewegung inne und erstarrte. Ich hatte mir beim Shoppen knapp 100 Euro in einer Touri-Bank wechseln lassen, aber das Geld war ja beim Shoppen draufgegangen!

Oh Gott, Samantha!

Naja, okay, ich musste da jetzt einfach hin, Dollarnoten hin oder her, irgendwas musste mir dann eben einfallen!!

Als ich meine Lederjacke endlich (richtig herum) anhatte, schlüpfte ich in meine Schuhe und zog mit einem Ruck die Tür hinter mir zu.

Ich rannte auf den Aufzug zu und drückte gefühlte dreihundert Mal auf den Knopf.

Als er nach 20 Sekunden immer noch kein Lebzeichen von sich gab, stöhnte ich einmal auf und flitzte zur Treppe hinüber.

Sieben Stockwerke nach unten. Macht ja nichts, wenn man eh schon hyperventilierte.

Gut, dass ich von meinem ausgeprägten Tanztraining eine gute Kondition hatte, sonst wäre ich jetzt zusammengeklappt. Ich konnte ja so schon nicht mehr normal atmen, das Treppenlaufen hätte jedem anderen den Rest gegeben.

Jeder, dem ich begegnete, sah mir verwundert hinterher. Aber das interessierte mich herzlich wenig, ich rauschte immer weiter hinunter gen Erdgeschoss.

Jetzt war ich inzwischen im dritten Stock.

Ich war früh genug dran, ich musste es zeitlich schaffen.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt