#119 - Lebensleer

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Entweder war der Fernseher aus Panzerglas oder so, oder ich hatte einfach keine Kraft im Arm. Meine Hand prallte nämlich wie ein Gummiball am Bildschirm ab und wirbelte wieder nach hinten.

Ich schrie auf, allerdings nicht wegen meiner schmerzenden Hand, sondern wegen meines seelischen Schmerzes.

Ich konnte nicht mehr.

Das Blut war in meinen Adern gefroren und ich hatte mich noch nie so gefühlt, wie ich es gerade tat.

Dafür gab es keine Worte mehr.

Es war unbeschreiblich. Unbeschreiblich schrecklich und schmerzhaft.

...wie gesagt, es gab keine Worte dafür...

Im nächsten Moment umklammerten mich zwei starke Arme von hinten und hielten mich davon ab, wie ein nasser Sack auf den Boden zu sinken. Ich schluchzte immer lauter und bekam keine Luft mehr.

Ich beugte mich vorneüber und starrte mit verschwommenem Blick auf den Boden.

„Schhh, schhh, Sam...", murmelte die Stimme von meinem Bruder in mein Ohr und ich weinte nur noch mehr.

Er umklammerte mich, weil meine Knie unter mir nachgaben.

Ich will sterben, bitte.. lasst mich sterben...

Er zog mich mühsam wieder zurück auf die Couch, wo ich in seine Armen niedersank und ...

... plötzlich ...... alles ........... schwarz ............... wurde ..........

~~~

Als ich wieder zu mir kam, lag ich in meinem Bett.

Im ersten Moment fühlte ich mich schwerelos.

Bis mir alles wie auf einen Schlag wieder in den Sinn kam. Ich schnappte nach Luft und gab einen erstickenden Laut von mir.

Der Schmerz überrollte mich und ich würde am liebsten wieder einschlafen.

Ich hatte es nicht geträumt. Es war wahr. Es war wirklich wahr...

Irgendwo war eine kleine Hoffnung in mir gewesen, dass das alles nur ein Alptraum war... aber ich war jetzt wach und ich wusste, dass es stimmte.

Es war die Realität.

Kein Traum.

Ich öffnete langsam meine tränenverklebten Augen und starrte an die Decke und dachte .... – an rein gar nichts.

Neben mir hörte ich jemanden atmen, aber es war mir vollkommen egal, wer dort lag, saß oder sonst etwas machte.

Mir war es egal.

Mir war alles egal.

Alles.

Ich würde hier einfach liegen bleiben, bis ich an Schwindsucht sterben würde. Oder ich würde mir einfach wünschen, dass mein Herz stehen bleiben würde. Vielleicht hatte das Schicksal ja jetzt einmal Mitleid mit mir und erwies mir diese Gnade.

Aber darauf konnte ich lange hoffen, das war mir eh schon klar.

Selbst jetzt, wo der Sinn meines Lebens verschwunden war, wie eine Kerze ausgepustet, konnte sie mir doch diesen Gefallen tun...

Zitternd drehte ich mich auf die Seite und schloss wieder meine Augen.

Ich wusste ohne hingeschaut zu haben, wer hier bei mir im Bett lag.

„Wie bist du hier vorhin reingekommen? Ich hatte doch abgesperrt...", wisperte ich mit heiserer Stimme und räusperte mich erst einmal.

Super, Sam, du hast ja sonst keine Sorgen, außer wie deine Cousine durch deine abgesperrte Zimmertür gekommen ist, schimpfte ich mich überraschenderweise selber in Gedanken und gab mir mental eine Kopfnuss.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt