#4 - Panik.

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Und plötzlich geschahen sämtliche Sachen auf einmal – doch für mich war alles in Slow Motion.

Ich sah die Fans auseinander springen, jeder schrie, keiner wusste, was geschah. Ich sah einen schwarzen Van mit getönten Scheiben vom Gelände aus auf den Osteingang zurasen. Ich rannte ebenfalls zur Seite, genau rechtzeitig, sonst hätte er mich wohl platt gemacht. Ich stieß heftig mit einem anderen Mädchen zusammen, doch bevor ich etwas sagen konnte, rappelte sie sich auf und lief schluchzend davon.

Ich war wie gelähmt.

Was passierte hier??!

Auf einmal hörte ich eine Stimme durch alle Lautsprecher auf dem Olympiagelände, die einem durch Mark und Bein fuhr:

‚DIES IST KEIN SCHERZ!! BITTE VERLASSEN SIE ALLE UMGEHEND DAS GELÄNDE!! ICH WIEDERHOLE: BITTE VERLASSEN SIE ALLE UMGEHEND UND OHNE ZU ZÖGERN DAS GELÄNDE!!! DAS IST KEIN SCHERZ, BITTE FOLGEN SIE MEINER ANWEISUNG SOFORT!!!!!'

Was? Oh mein Gott, was geschah hier?? Das hörte sich verdammt gefährlich und lebensbedrohlich an!!!!!!!

Meine Panik stieg und stieg.

Jana.

Oh Gott.

JANA!!!

Ich drehte mich gehetzt um die eigene Achse. Ich war versunken im Chaos und hatte absolut die Orientierung verloren. Ich war die einzige, die noch stand, jeder andere um mich herum war irgendwie in Bewegung. Doch ich konnte keinen Muskel rühren, ich war wie eine Salzsäule, komplett erstarrt.

Plötzlich flog die Tür des Osteingangs auf und es rannten Leute hinaus auf den Van zu, der mit quietschenden Reifen vor dem Eingang stehen geblieben war. Meine Augen versuchten, sich scharf zu stellen. Die vordersten und die hinteren Personen, die hinausrannten, kannte ich nicht. Doch die mittleren, ja, die kannte ich sehr gut.

Vorne weg Liam, direkt hinter ihm Louis mit Niall, dann Zayn – und als letztes Harry.

Sie sprinteten alle mit gehetzten, panischen und ängstlichen Gesichtsausdrücken auf den Van zu. Weder die Fans nahmen die Jungs wahr noch nahmen die Jungs irgendwen wahr.

Mein Herz zersprang in tausend Stücke. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich es zuvor in den Händen gehalten und es war nun mit einem lauten, spektakulären Knall auf den Boden gefallen.

Plötzlich drehte Harry seinen Kopf in meine Richtung, als hätte er den Aufschlag meines Herzens auf dem Asphalt gehört.

Und sah mich an.

Sein Blick schlitzte mich von innen auf und ich hätte aufgeschrien, wenn ich nicht wie versteinert dagestanden hätte.

Er wollte seine Richtung wechseln und auf mich zulaufen, doch der Mann hinter ihm griff nach seinem Arm und zog ihn die letzten Meter zum Auto und bugsierte ihn nach innen.

Kurz bevor die Tür zuschlug, im allerletzten Moment, konnte ich sein Gesicht nochmal sehen.

Er blickte mich an.

Ich konnte seinen Gesichtsausdruck gar nicht in Worte fassen.

Die Tür schlug zu, der Wagen setzte sich mit durchdrehenden Reifen in Bewegung und schoss davon.

Weg.

Nahm ihn mir weg.

Ich beugte mich vorne über und sank auf meine Knie. Ich hatte das Gefühl, als würde mich irgendetwas von innen auffressen.

Ich wusste nicht, dass Liebe körperlich wehtun konnte.

Dass man denkt, man erstickt. Man schnappt nach Luft, doch alles wird schwarz. Man drückt sich beide Hände aufs Brustbein, doch der Schmerz lässt nicht nach. Er wird immer schlimmer. Immer, immer schlimmer.

Nein, ich durfte jetzt nicht zusammenbrechen, ich musste Jana finden!

Ich schnellte in die Höhe und war auf eine krankhafte Weise dankbar, dass die Sorge um meine Cousine meinen Schmerz zur Seite drängte.

Ich rannte los.

Plötzlich wusste ich wieder, wo ich entlang musste.

Ich rannte und rannte und rannte. Ich stieß mit unzähligen Leuten zusammen, doch ich ließ mich nicht von meinem Weg abbringen.

Ich rannte und rannte und rannte.

Im Rennen zog ich mein Handy aus meiner Tasche und drückte auf die Kurzwahlnummer vier, dort war meine Kleine eingespeichert.

Ich presste mir das Handy ans Ohr, ohne mein Tempo zu drosseln.

‚Der Teilnehmer ist momentan nicht erreichbar. Bitte vers...'

Verdammt! Ich legte auf und zog mein Tempo an. Das Adrenalin in meinen Adern ließ mich immer schneller laufen, ich war nicht einmal aus der Puste.

Endlich war ich bei dem Eingang, bei dem wir anfangs gestanden hatten.

Bevor ich Manu anrufen sollte.

Bevor ich auf der Rampe der Tiefgarage stand.

Bevor ein Junge mit grünen Aug... - halt, nein!! Ich musste mich jetzt auf Jana konzentrieren!!

Ich drehte mich um die eigene Achse und versuchte, in dem Getümmel meine Cousine zu entdecken.

Ich wurde immer verzweifelter. Ich fing an zu schluchzen und die Tränen begannen, mir übers Gesicht zu laufen. Sie raubten mir die Sicht, also wischte ich sie unwirsch weg.

Plötzlich ertönte wieder die Stimme. Ich zuckte so stark zusammen, dass ich beinahe hinfiel, da der Lautsprecher sich direkt über meinem Kopf befand.

‚BITTE BEEILEN SIE SICH UND VERLASSEN SIE DAS GESAMTE OLYMPIAGELÄNDE!!! SIE SCHWEBEN IN SEHR GROSSER GEFAHR BEZIEHUNGSWEISE IN LEBENSGEFAHR, WENN SIE NICHT UNVERZÜGLICH DAS GELÄNDE VERLASSEN!!!"

Was war hier los??

Und dann bekam ich die Antwort.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt