#95 - Meine verrückte Familie

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Es war kurz nach zehn, als ich verschlafen in die Küche tapste.

Mir schwirrte der Kopf von all dem, was heute Nacht passiert war. Während ich mir die Augen rieb und durch die Küchentür trat, überlegte ich gerade, was ich jetzt frühstücken wollte.

„Guten Morgen, Schatz", erschreckte mich eine Stimme so sehr, dass ich beinahe aus meinen Kuschelsocken gekippt wäre.

„Mom, Himmel! Erschreck mich doch nicht so!", keuchte und ich fasste mir mit der Hand ans Herz. Solche Schrecken am Morgen waren mir ja am liebsten.

„Sorry", entschuldigte sie sich lachend und grinste mich über den Rand ihrer Kaffeetasse an.

„Was machst du eigentlich noch hier?", fragte ich, während ich mir mein Frühstück zusammensuchte.

„Ich habe mir heute freeei genommen", antwortete sie begeistert und ich lächelte. Ich ließ mich gegenüber von ihr nieder und schüttete mir Cornflakes in meine Schüssel.

„Ist ja cool", kommentierte ich, als ich die Milch drüber kippte. „Und was machst du dann an deinem freien Tag?"

„Hmmm, also ich dachte, ich könnte vielleicht mal wieder mit meiner Tochter shoppen gehen?"

„Oh ja!", antwortete ich begeistert und strahlte sie jetzt an, während mein Löffel voller Cornflakes in der Luft schwebte und die Milch heruntertropfte, aber das war mir egal.

Ich liebte es, mit Mom shoppen zu gehen. Mit niemandem war es entspannter und witziger. Caro war die größte Chaosqueen, die mir je begegnet war, mit ihr war Shoppen gehen die reinste Tortur  –  aber mit Mom war es immer wieder ein einmaliges, total spaßiges Erlebnis.

„Und weißt du was?" Sie grinste mich verschmitzt an. „Wir gehen heute auf meine Kosten shoppen."

„Ne, Mom, das will ich nicht, ich hab doch grad Geld verdie-"

„Nichts da", unterbrach sie mich mit erhobener Hand und sah mich gespielt streng an. „Du steckst bis zum Hals im Liebeskummer und ich war kein einziges Mal richtig für dich da in der Zeit, weil ich so viel arbeiten musste."

„Ja, aber da kannst du doch nichts daf-"

„Doch, kann ich wohl", unterbrach sie mich schon wieder. Ich klappte den Mund zu und zog eine Schnute. Ich hatte eh keine Chance gegen sie. Bei Mom musste sogar Dickschädel Sam einpacken.

„Na gut", gab ich trotzdem erfreut zurück, „ich brauche eh mal wieder neue Klamotten, ich glaube, das letzte, was ich mir gekauft habe... hm, ich kann mich gar nicht mehr erinnern, was ich mir als letztes gekauft habe", stellte ich stirnrunzelnd fest.

„Siehst du! Genau mein Reden! Deswegen gehen wir shoppeeeen!", rief Mom erfreut, und genau in dem Moment betrat ein ziemlich zerzaust aussehender Leo, bekleidet nur in Boxershorts und Jogginghose, die Küche. Als er Moms Ausruf hörte, grummelte er nur: „Ich komme aber nicht mit."

„Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, mein Süßer!" Ich lachte laut auf, als ich Leos Blick sah, den er Mom zuwarf. Doch sie ließ sich davon nicht beirren. „Wieso eigentlich nicht? Das ist die Idee! Du brauchst eh eine neue Jeans und neue Schuhe!", entgegnete Mom euphorisch. Wenn sie einmal loslegte, war sie nicht mehr zu bremsen. Oh oh, armer Leo, dachte ich schadenfroh grinsend.

Er stöhnte natürlich sofort auf und meinte nur: „Mom, im Ernst, das kann ich auch mal alleine machen..."

„Dann musst du es aber selber zahlen. Wenn du jetzt mit Sam und mir mitkommst, zahle ich", nahm sie ihm den Wind aus den Segeln und Leo stöhnte nur noch lauter auf, was mich schon wieder in lautes Gelächter ausbrechen ließ.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt