#84 - Flashback.

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Ohne ihr eine Antwort zu geben, öffnete ich die Fahrertür und stieg aus, nachdem ich mir meine Tasche vom Rücksitz genommen hatte.

Jana stieg ebenfalls aus. Sie war immer noch verwirrt und ich konnte ihr das nicht verübeln.

Ihr Blick wanderte zu mir, dann hinunter zu meiner Tasche und sie fragte misstrauisch und gleichzeitig neugierig: „Was ist da drinnen?"

Ich antwortete wieder nicht, sondern drückte auf meinen Autoschlüssel, um das Auto abzusperren.

„Sam, was-"

„Schnucki, kannst du mal für zehn Minuten deine süße, vorlaute Klappe halten? Bitte?"

Sie sah mich nur an und spürte, dass ich es ernst (aber nicht böse) meinte. Sie nickte nur kurz und lief dann neben mir her.

Ich atmete die klare, regennasse Luft ein und sah vor mich.

Bei diesem wolkenverhangenen Wetter sah die Olympiahalle trostlos aus. Wir liefen den gleichen Weg entlang, den ich in der letzten Woche zweimal entlanggegangen war.

Beim ersten Mal hatte ich noch nicht gewusst, was mich erwarten würde. Wie dieser Schotterweg mein Leben verändern würde.

Beim zweiten Mal hatte ich ebenso wenig gewusst, was mich erwarten würde. Beziehungsweise ich hatte mit dem, was passiert war, nicht gerechnet.

Meine Gesichtszüge verdunkelten sich, als ich an den Abend zurückdachte. Wie ich hier verzweifelt nach Harry gesucht und ihn nicht gefunden hatte. Wie er den Tweet gelöscht hatte. Und wie mich die vier unheimlichen Kerle verfolgt hatten. Wenn ich nur daran dachte, beschleunigte sich mein Herzschlag schmerzhaft, und ich konnte die Panik von damals auf der Zunge schmecken.

Okay, denk nicht dran, Sam, du bist damals heil davon gekommen.

„Ich platze gleich, wenn du mir nicht endlich sagst, was du hier willst", informierte mich Jana mit leiser, klagender Stimme.

„Ich möchte jetzt nicht reden", antwortete ich ihr murmelnd, „du siehst es schon."

„Wieso hast du mich überhaupt mitgenommen?"

„Weil ich nicht alleine sein wollte. Ich könnte das ebenso alleine machen, aber ich brauche dich bei mir", gab ich schlicht zurück.

Wir blieben stehen und drehten uns um. Jetzt standen wir exakt vor dem Eingang, an dem alles begonnen hatte.

Hier war ich gestanden, als Manu, mein Cousin, mir geschrieben hatte und ich ihn dann anrufen wollte.

Hier war ich dann weggegangen und auf der Tiefgarageneinfahrt gelandet.

Die Tiefgarageneinfahrt, auf der mich jemand zusammengerannt hatte.

Und seitdem war alles anders.

VERDAMMT, hör auf, Samantha!!!

Ich musste aufhören, die Szenen immer und immer wieder in meinem Kopf Revue passieren zu lassen. Das machte alles nur noch schlimmer.

Genau das war der Grund, wieso ich Jana dabei haben wollte. Alleine wäre ich hier verrückt geworden und hätte den Verstand verloren, ich wäre zusammengebrochen und nie wieder aufgestanden. Die ganze Sache fühlte sich wie ein Trauma an. Ein Trauma, das von einem bestimmten Ort aus losging, an den ich jetzt zurückgekehrt war.

Langsam lief ich los. Ich versuchte, mich zu erinnern. Jetzt im Hellen war es einfacher, eine Tiefgarageneinfahrt auszumachen.

Jana lief zwei Schritte hinter mir. Sie spürte, ohne dass ich es gesagt hatte, dass sie mich jetzt nicht stören oder ansprechen durfte. Und sie respektierte das.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt