#110 - Keine Widerrede

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 „Nein, das kommt nicht in Frage", erwiderte ich und schüttelte den Kopf.

„Wieso nicht?" Harry sah mich erstaunt an.

„Weil ich da nichts zu suchen habe?", gab ich ein wenig verwirrt zurück. „Ich kenne da niemanden und ich-"

„Oh glaub mir, du wirst da bestimmt genug Leute kennen. Ich werde da niemanden kennen, weil ich die ganzen deutschen Promis nicht kenne", unterbrach er mich und sah mich mit einem Hundeblick an.

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und zog meine rechte Augenbraue in die Höhe.

„Komm mir jetzt nicht mit dem Hundeblick, Styles, der zieht bei mir nicht", sagte ich mit erhobenem Zeigefinger und er lachte.

Ich liebte es, wenn er lachte.

Wenn er so sehr lachte, dass er die Augen zusammenkniff und den Kopf in den Nacken legte.

Ich versuchte, das Grinsen, das sich auf mein Gesicht stehlen wollte, zu unterdrücken, aber das war unmöglich.

„Ne, im Ernst, Harry", versuchte ich es jetzt wieder, „danke für das Angebot, aber ich komme nicht m-"

„Pfff, was du willst und was du nicht willst, ist mir egal", sagte er grinsend und zog mich am Unterarm, sodass mir nicht anderes übrig blieb, als ihm hinterherzulaufen.

„Haaarry, lass mich los, Mensch!", quengelte ich, aber er lachte nur noch mehr.

„Dir bleibt nichts Anderes übrig, Sam", eröffnete er mir und seine grünen Augen blitzten mich schalkhaft an, „entweder läufst du brav neben mir her – oder ich trage dich." Er zuckte mit den Schultern und sah mich unschuldig an. „Aber du wirst so oder so mitkommen, denn ohne dich gehe ich nicht."

Ich verzog gespielt genervt den Mund und entwand ihm meinen Arm. Mein Magen fuhr natürlich Achterbahn bei seinen Worten, aber das überspielte ich jetzt geflissentlich.

„Na gut", erwiderte ich, streckte das Kinn in die Höhe und lief an ihm vorbei.

Ich hörte ihn in sich hineinlachen und im nächsten Moment spürte ich, wie sich eine Hand um meine legte und seine Finger sich mit meinen verflocht.

„Du bist ein kleiner Sturkopf", stellte er grinsend fest und ich verdrehte die Augen und konnte mir nur mit Mühe ein Lachen verkneifen.

„Jep, gut erkannt", gab ich knapp zurück und stolperte im nächsten Moment, weil er mich leicht mit der Schulter anrempelte.

„Ey!" Empört sah ich ihn an, aber Harry grinste nur, während er mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.

„Jetzt lach doch mal wieder", schmollte er und sah mich wieder mit seinem Hundeblick an.

Meine Mundwinkel bogen sich automatisch nach oben und meine hellgrünen Augen fingen an zu leuchten.

„Das ist doch schon viel besser", stellte er fest und zog mich sanft weiter.

Ich lächelte vor mich hin und nahm gar nicht wahr, wo wir hingingen.

Ich war wirklich hier. Hier neben Harry mit meiner Hand in seiner Hand.

Allerdings... ich runzelte die Stirn. Das war mir bisher noch gar nicht aufgefallen. Er hatte mich noch gar nicht wieder geküsst, seit ich zurückgekehrt war.

... Oh.

Hieß das wohl, dass er bemerkt hat, dass er doch keine Gefühle für mich hatte?

Mein Herz sank in meine Hose und mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen.

Oh Gott! Ja, das wird es wohl sein...

Mit einer fließenden Bewegung wand ich meine Hand beklommen aus seiner und vergrub sie in meiner Hosentasche.

Ich spürte, wie Harry mich verwirrt ansah – naja, ob er verwirrt aussah, wusste ich nicht, da ich weiterhin auf den Boden starrte. Zumindest sah er mich an, aber weil ich seinen Blick nicht erwiderte, richtete er ihn jetzt wieder nach vorne.

„Wo ist diese After-Tour-Party denn?", fragte ich, um von meiner Hand, die sich nicht mehr in seiner befand, abzulenken.

„Keine Ahnung, ehrlich gesagt", antwortete er und ich sah ihn erstaunt an.

„Da vorne steht ein Taxi und wartet auf uns. Das bringt uns dann da hin." Er deutete nach vorne und ich konnte ein Auto auf einem kleinen Platz ausmachen. „Am besten lässt du dein Auto stehen und ich bringe dich dann wieder hierher, wenn du nach Hause fährst, okay?"

Ich nickte nur. Ich hatte jetzt nämlich eine ganz andere Sorge, die mir gerade erst in den Sinn gekommen ist.

„Ich sehe dafür gar nicht gut genug aus für diese After-Tour-Party", sagte ich nervös und kaute auf meiner Unterlippe. „Ich wusste doch nicht, dass du irgendwo hin musst, am besten ist, ich fahre wieder nach Ha-"

„Sam", unterbrach er mich sanft und berührte mich am Arm. (Zackbumm, Gänsehaut, aber das brauche ich ja nicht erwähnen.)

Er blieb stehen und wartete, bis ich meinen Blick hob und ihm in die Augen sah.

Ich ließ allerdings ein wenig auf mich warten, weil ich mal wieder einen inneren Konflikt austrug. Ich wusste gerade schon wieder nicht, was ich denken sollte.

Wieso hatte er mich nicht geküsst?

Wieso wollte er, dass ich unbedingt mitkam?

Ich verzog leicht den Mund und überlegte fieberhaft, aber ich wurde einfach nicht schlau daraus.

Es machte (mal wieder) keinen Sinn. – Wann macht in meinem Leben eigentlich überhaupt einmal etwas Sinn?!

Ach ja, richtig.... Nie.

Super.

Langsam hob ich dann doch den Blick, da er ja immer noch darauf wartete, dass ich ihn ansah.

Na gut, dann tue ich ihm eben den Gefallen.

... und sofort verlor ich mich in der Schönheit seiner Augen und vergaß beinahe zu atmen.

„Du bist wunderschön", sagte er leise und lächelte mich an. „Egal, was du anhast oder wo wir jetzt hingehen. Bleib einfach bei mir, okay?"

„Okay", hauchte ich. Das war das Einzige, das ich jetzt herausbekam.

Meine Knie waren butterweich und mein Herz flatterte wie verrückt.

Das war das Schönste, was ich in meinem Leben bisher gehört hatte.

Du bist wunderschön.

Ich atmete tief durch und versuchte, mich zu beruhigen.

Bleib einfach bei mir, okay? ... Dieser Satz ließ mich nicht los. Und verwirrte mich gleichzeitig noch mehr.

Harry hielt mir die Tür des Taxis auf und ich rutschte auf die Rücksitzbank. Einen Augenblick später saß er neben mir und rutschte ganz dicht zu mir. Er legte mir den Arm um die Schulter und zog mich an sich ran.

Ich konnte sein Herz durch seinen Pulli pochen spüren und die Wärme seiner Haut strahlte mir verführerisch entgegen.

Ich konnte nicht anders, mein Arm schlang sich von ganz alleine um seine Mitte und ich ließ den Kopf gegen seine Schulter sinken. Ich spürte, wie er seine Lippen auf meinen Scheitel drückte und mich überlief mal wieder eine Gänsehaut.

Er zog mich noch dichter an sich und ich schloss die Augen.

Konnten wir nicht einfach so die ganze Nacht herumfahren? Einfach hier sitzen und von nichts und niemandem konfrontiert werden.

Ich atmete seinen einzigartigen Duft und fühlte mich einfach  wohl.

Geborgen.

Zu Hause.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt