#79 - B*tch-Fight

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Verdammt, ich musste aufhören, daran zu denken.

Jetzt war ich wirklich an dem Punkt angekommen, an dem es kein kleines Hintertürchen mehr gab, durch das ich hinausschlüpfen konnte. Ich hatte mir schon zwanzigtausendmal vorgenommen, mit ihm abzuschließen, aber jedes Mal war etwas dazwischen gekommen oder er hatte mich wieder überzeugt, dass er es doch ernst meinte.

Aber das war jetzt vorbei.

Jetzt war Schluss mit lustig.

Mein Herz ist kein Spielplatz.

Die nächsten zwei Stunden gingen ereignislos vorüber. Ich sah weder einen von One Direction noch die blonde Country-Sängerin nochmal, und ich dachte inzwischen schon gar nicht mehr daran, was sich noch vor kurzem vor meinen Augen abgespielt hatte. Jetzt war es inzwischen halb zwei und ich spürte doch langsam die Müdigkeit in meinen Knochen.

„Hiiiii", hörte ich plötzlich eine aufgedrehte, hohe Stimme vor mir, als ich neue Gläser in den unteren Teil der Bar stellte. Ich blickte auf – und hätte am liebsten losgekotzt.

Taylor Alison Swift höchstpersönlich stand vor mir und schenkte mir ihr dämlichstes Lächeln. – Okay, wahrscheinlich war es das schönste Lächeln, das sie auf Lager hatte, aber für mich sah sie einfach nur strohdoof aus.

Sorry nochmal an alle Fans.

„Hallo", antwortete ich ihr schlicht und richtete mich auf. Mein Blick wanderte wieder weg von ihrem Gesicht (ich konnte sie einfach nicht länger als eine halbe Sekunde ansehen) und ich sah zum Rand der Tanzfläche.

Wo ich sofort Niall, Louis ... und Harry entdeckte, die alle in meine Richtung sahen. Oder sahen sie zu Taylor?

Als sie bemerkten, dass ich sie beim Starren ertappt hatte, drehten sich Niall und Louis sofort weg und zu Harry, der mich – oder Taylor? – weiterhin ansah.

Verflixt, wen sah er bitte an von uns beiden?!

Naja, eigentlich eine dumme Frage. Wen von uns hatte er geküsst? ... Hm ach ja, richtig, ICH war es nicht gewesen.

Ich verspürte gerade das Bedürfnis, irgendetwas kaputt zu schlagen. – Blöd, das das Erste, was mir vor Augen kam, Swifts Gesicht war.

Nein, nein, keine Angst, ich würde hier niemanden verprügeln. Stattdessen fragte ich sie zuckersüß: „Was möchtest du trinken?"

„Einen Kiss Me Quick, bitte", zwitscherte sie zurück und ich musste mich so sehr zusammenreißen, dass ich mein Versprechen von eben nicht brach.

Was. Für. Eine. Ironie.

Ich drehte mich lächelnd um und mixte ihr ihren Cocktail. Waaah, ich hasse Kiss Me Quick, der schmeckt einfach nur total ekelig.

Als ich mich wieder zu ihr drehte und ihr das Glas hinstellte, sah ich, dass sie sich seitlich in einer ziemlich aufreizenden Pose an die Theke gelehnt hatte und in eine Richtung starrte.

Klar, zu Harry. Wohin sonst.

„Hier ist dein Kiss me Bitch... äh Quick", sagte ich bissig lächelnd und knallte ihr den Cocktail vor die Nase, sodass ein paar Spritzer auf ihrem schrecklich geschmacklosen Glitzerkleidchen landeten.

„Oh nein, das tut mir wirklich äußerst Leid, der ist mir jetzt echt ausgekommen", sagte ich gespielt erschrocken und ließ sie dann einfach stehen und ging in den hinteren Teil der Bar, um neue Strohhalme zu holen. Und um mich abzureagieren.

Die Wut kochte in mir hoch und ich zerquetschte einen Strohhalm in meiner Hand.

Neinneinnein, Sam, behalt deine Emotionen gut verpackt in deinem Inneren, ermahnte ich mich selber. Ich wollte unbedingt meine Krallen ausfahren und einen Bitch-Fight starten (den ich sowieso gewinnen würde, aber okay, lassen wir es lieber).

Ich spürte, dass das Fass meiner Emotionen fast überlief und ich bald explodieren würde, wenn es so weiterging.

Ich blieb mit dem Rücken zur Tanzfläche stehen und schloss die Augen. Ich atmete ein paar Mal tief durch. Immer schön die Nerven bewahren.

Ich drehte mich wieder um, setzte mein strahlendstes Lächeln auf und arbeitete weiter.

Ich würde nicht zusammenbrechen, oh nein. Und ich würde auch nicht die Beherrschung verlieren und ihr all ihre blonden Löckchen ausreißen, auch wenn mir gerade danach war.

Als ich wieder vom hinteren Bereich nach vorne kam, als ich auf Mikes Befehl hin neue Orangen geholt hatte, und wieder aufschaute, stand plötzlich Liam vor meiner Nase.

„Hey, was kann ich dir bringen?", sagte ich freundlich und lächelte ihn leicht an. Er konnte ja nichts dafür, was sein Bandkollege abzog.

„Eine Cola, bitte", antwortete er und ich griff nach einer der Flaschen in den Kästen zu meinen Füßen.

„Wie geht's dir? Macht's Spaß?", erkundigte er sich, als ich die Cola in ein Glas kippte.

„Ja, ist echt megacool hier", sagte ich und reichte ihm sein Getränk.

„Du, hör mal, Sam...", fing er an und ich wusste sofort, worauf er hinauswollte. War ja mehr als klar.

„Liam", unterbrach ich ihn, „falls du mit mir über Harry reden willst oder von ihm geschickt wurdest – vergiss es, das kannst du dir sparen." Mein Tonfall war ein wenig schärfer, als ich es beabsichtigt hatte, aber das störte mich herzlich wenig, denn sie konnten alle miteinander ruhig wissen, dass ich kein Superstar-Spielzeug war. Weder für einen Justin Bieber, der mich den ganzen Abend von der Tanzfläche aus schon anstarrte, noch für einen Harry Styles, der mir mein Herz geklaut hatte, aber hey, was soll's.

Liam öffnete den Mund, um was zu sagen, aber ich sah ihn aus funkelnden grünen Hexenaugen (wie Caro immer sagte) an, sodass ihm wohl die Worte im Hals stecken blieben.

Plötzlich ertönte eine andere Stimme neben Liam. „Hast du den Zettel gelesen?", fragte Louis und stützte sich mit den Ellbogen auf dem Tresen ab.

Ich seufzte genervt und raunzte ihn an: „Nein, und das werde ich wahrscheinlich auch nicht."

„Hä?", sagten die beiden gleichzeitig und sahen mich ganz schön verwirrt an.

Jetzt kam mir erst, dass sie den Kuss ja gar nicht gesehen hatten. Wahrscheinlich hatte Harry ihnen bisher noch nicht einmal erzählt, dass zwischen ihm und dem Country-Blondchen wieder was lief.

Na, das wurde ja immer schöner.

„Vergesst es, und jetzt wärt ihr bitte so nett und würdet Platz machen, hinter euch warten Leute darauf, dass sie sich hier etwas zu trinken holen können", wies ich sie freundlich, aber mit einer Spur Biss in der Stimme, daraufhin, dass sie die Bar blockierten.

Verwirrt gingen sie davon und gesellten sich zu Harry und Niall, die ein Stück abseits an einer Wand lehnten.

Ich wandte den Blick von ihnen ab und widmete mich den Stars, die bei mir die besagten Getränke holen wollten.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt