#5 - Love sucks.

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Während ich mich abermals drehte und das Getümmel mit meinen Augen absuchte, waren ein lautes Quietschen und ein Streit durch die Lautsprecher zu hören.

Auf einmal ertönte eine schrille Frauenstimme:

‚VERDAMMTE SCHEISSE, JETZT MACHT, DASS IHR HIER WEGKOMMT!!!!! HIER IST EIN AMOKLÄUFER MIT WAFFE UNTERWEGS, DER SCHON EINE BOMBE IN EINEM BÜRORAUM GELEGT HAT!!!! LAUFT ENDLICH!!!!!!!'

Und dann brach erst so richtig Panik aus. Im Nachhinein musste man auch echt sagen, dass diese Frau ganz schön einen Knall hatte. Man machte es ja normalerweise nicht umsonst so, dass man versuchte, nicht zu veröffentlichen, was los war, wenn in einem so großen Gebäude etwas so Schlimmes passierte – ich konnte hier ja bestens sehen, was ihr Statement angestellt hatte. Wenn man den Leuten sagte, dass so etwas passierte, dann fütterte man ihre Angst und Panik.

Verdammt. Was jetzt??

Mir liefen die Tränen ununterbrochen über die Wangen. Ich konnte nicht mehr, ich bekam keine Luft mehr, ich hatte Jana verloren und ich wusste nicht, was ich machen sollte.

Plötzlich flog etwas mit Vollkaracho gegen meine Brust, sodass ich mehrere Schritte nach hinten stolperte.

Ich war wieder in meine Starre verfallen, doch ich merkte, dass dieses Etwas ein Mensch war.

Ein Mensch, der sich mit aller Kraft an mich klammerte.

Ein Mensch, der meinen Namen halb schrie, halb schluchzte.

Gott. Sei. Dank.

Ich löste mich von Jana und sah sie an. Sie sah genauso schrecklich verweint aus wie ich.

„Komm, los!!!!" Ich ergriff ihre Hand und zog sie auf die Beine, die ihr weggeknickt waren.

Wir rasten gemeinsam durch das Durcheinander. Nach ein paar Minuten musste ich mein Tempo drosseln, da meine Cousine sonst zusammengebrochen wäre und ständig von anderen Leuten umgerannt wurde. Ich redete ihr die ganze Zeit gut zu, es wäre nicht mehr weit bis zum Auto, wir würden das schaffen, keine Angst... Ich wusste nicht, ob ich wirklich ihr oder nicht eher mir gut zuzureden versuchte.

Als wir den Parkplatz erreichten und ich mein Auto schon sehen konnte, wären mir meine Beine beinahe vor Erleichterung weggeknickt. Wir sprangen ins Auto und ich fuhr in Höchstgeschwindigkeit vom Parkplatz in Richtung Autobahn.

Nur weg von hier!!

Keiner von uns sagte etwas. Wir weinten beide. Ich stumm und Jana lauthals. Sie schluchzte und schluchzte, dass es mir das Herz zerriss.

Bei der nächstbesten Gelegenheit blieb ich auf einem Rastplatz stehen (wir wohnten ungefähr eine halbe Stunde weg von München, weswegen wir über die Autobahn fahren mussten) und nahm sie erst einmal fest in den Arm. Insgeheim war ich ehrlich erstaunt, dass ich noch in der Lage war, Auto zu fahren.

Nach einigen Minuten beruhigte sie sich. Sie löste sich ihre Arme von meinem Hals, legte ihren Kopf auf meine Schulter und vergrub ihr Gesicht in meinen schwarzen Locken. Ich schloss mein Handy an den AUX-Stecker an und schaltete „A Drop In The Ocean" von Ron Pope ein. Erst wollte ich eigentlich ein One Direction-Lied anmachen, doch ich hatte da so eine Eingebung, dass das wohl nicht der richtige Augenblick war, sie daran zu erinnern, dass sie ihre Helden nicht sehen konnte und an das, was gerade passiert war.

Sie war jetzt wieder ganz ruhig und hob ihr Gesicht aus meinen Haaren.

„Scheiße, was war das denn..", flüsterte sie heiser. Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen, ihre komplette Schminke war in ihrem Gesicht verteilt.

„Ich hab keine Ahnung... der ganze Nachmittag war einfach nur abgefahren...", sagte ich geistesabwesend und strich ihr über die Haare und versuchte, ihre Wimperntusche ein wenig von ihren Wangen zu reiben.

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt