#116 - Willkommen in der Realität.

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Ein paar Stunden später wachte ich grummelnd auf.

Mein Handy vibrierte gerade zum ungefähr fünfhundertsten Mal. Jetzt riss mir der Geduldsfaden.

Ich öffnete mühsam die Augen – und merkte, dass ich direkt auf den Abgrund hinuntersah.

Ähhh, ich meinte natürlich den Teppich, auf dem das Bett stand.

Außerdem spürte ich alle paar Sekunden einen leichten Lufthauch an meinem Nacken, der mir kleine Schauer den Rücken hinunterjagte. Und zwei starke Arme ruhten um meine Taille, sodass ich mich keinen Millimeter in irgendeine Richtung bewegen konnte.

Unwillkürlich musste ich grinsen und pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Harry hatte mich also, während wir beide wie zwei Steine geschlafen hatten, bis an die Kante des Bettes gedrängt. Wenn er noch ein paar Zentimeter weiterrutschen würde, würde ich Bekanntschaft mit dem geradeeben schon erwähnten Teppich machen.

Untersteh dich, Harold, dachte ich und musste mir ein Lachen verkneifen.

Ich schälte meine Hand vorsichtig unter der Decke hervor, um Harry nicht aufzuwecken, und griff nach meinem Handy, das ich erreichen konnte, ohne dass ich mich strecken musste.

Ich entsperrte die Displaysperre und hätte beinahe aufgestöhnt, als ich sah, dass bei der Whatsapp-App eine kleine rote 27 stand.

Siebenundzwanzig!

Na super. Nicht mal in Ruhe schlafen kann man, Jana. – Es war natürlich klar, von wem der Großteil der Nachrichten stammen würde, keine Frage, inzwischen ist meine Lieblingscousine ja mehr als nur gut dafür bekannt, dass sie gerne hunderttausend Nachrichten hintereinander verschickte.

Guuut, dann widmen wir uns eben den bestimmt wahnsinnig unwichtigen Nachrichten. Man hat ja sonst nichts zu tun, wenn man wach ist und sich eh keinen Nanometer von der Stelle rühren kann. – Nicht dass ich mich über meine Situation beschwerte, im Gegenteil, ich würde am liebsten für immer so liegen bleiben.

Ich tippte auf die App und wartete, bis alles geladen war.

Harry hinter mir seufzte im Schlaf und ich spürte, wie er sein Gesicht in meinen Nacken kuschelte und mich sowohl mit Nase, Stirn als auch seinen Lippen berührte. Sein Griff um meine Taille verstärkte sich noch ein wenig und er fuhr mit der einen Hand an meinem Arm herunter bis zu meinem Handrücken, wo er seine Hand liegen ließ.

Eine warme Gänsehaut lief mir den Rücken hinunter und mein Herz machte einen riesigen Satz, wonach es unregelmäßig weiterklopfte. Frühmorgens schon solche Konfrontationen, das hielt es wirklich nicht aus. Aber wie gesagt, ich beschwerte mich nicht über meine Lage.

Ich hätte mich so gerne umgedreht und hätte Harry einfach nur angesehen. Aber dann wäre er wahrscheinlich aufgewacht, und außerdem war ich doch ehrlich gesagt zu neugierig, was Jana mir schon wieder alles geschickt hatte.

Ich scrollte in ihrem Chat nach oben zur ersten Nachricht.

Und mir blieb das Herz stehen.

Ich hörte auf zu atmen.

Zu blinzeln.

Zu denken.

Alles in mir erstarrte.

Jana hatte mir unzählige Fotos geschickt.

Und alle zeigten fast das Gleiche.

Screenshots.

Screenshots von Artikeln auf Internetseiten.

„Aufgepasst, Directioner!

HeartbeatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt