008. Engel der Nacht

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Engel der Nacht

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„Hermione?", sprach sie der Fremde mit sanfter Stimme an, worauf ihr Blick an dem Smoking nach oben wanderte und dabei eine kleine, verschlossene, weiße Rosenknospe erfasste, auf die sie mehr und mehr gebannt sah, bevor sie zitternd den Blick gänzlich hob und schließlich mit einem milden, glücklichen Lächeln belohnt wurde.

Völlig überfordert sah sie auf den ihr fremden, jungen Mann, dessen Augen sich, wie auch bei Harry und Neville, hinter einer schlichten, schneeweißen Maske verbargen. Es waren Augen, mit denen er sie genauso anlächelte, wie auch mit seinen Lippen, die zudem ihre rechte Hand plötzlich küssten, die er sich, ohne dass sie es bemerkt hatte, ganz galant erobert hatte.

„Du siehst umwerfend aus." „..." Sie wollte ihm darauf etwas erwidern, fand für alles gerade aber keine Worte. Ihr Hirn hatte noch immer einen Aussetzer, bevor ein Rädchen wieder einrastete und Hermione im Kommenden vollauf damit beschäftigt war, jemanden in dem Fremden zu erkennen.

Er war fast einen Kopf größer als sie und sportlich schlank gebaut, wie er ihr geschrieben hatte. Zudem hatte er tiefblaue Augen und dunkelbraune, etwas längere Haare, die allerdings locker nach hinten frisiert waren. Dass, was sie von seinem Gesicht erkannte, wirkte auf sie schlicht und einfach attraktiv, nur half ihr das gerade nicht weiter. Sie konnte ihn noch immer nirgendwo zuordnen. Sie kannte ihn nicht. Absolut nicht.

„Bitte entschuldige, dass ich so spät komme, aber man hat mich aufgehalten", erklärte er, wodurch sie aufwachte und kaum merklich nickte, was ihn zum Weitersprechen animierte. Seine Stimme war sanft aber dennoch sehr männlich, sodass ihr ein heißer Schauer durch den Körper ging.

„Ich hoffe, du willst jetzt noch nicht gehen?", sah er sie nun ein wenig bange an, worauf ihr Kopf ein Eigenleben entwickelte und sich kurz nach rechts und links neigte, was ihn erleichtert lächeln ließ.

„Möchtest du tanzen?" Daraufhin nickte ihr Kopf erneut ohne ihr Zutun, worauf er sich lächelnd ihre Maske nahm, die sie noch immer in der linken Hand hielt. Diese setzte er ihr behutsam wieder auf, bevor er ihr in die Halle deutete und so auch den Arm reichte, bei dem sie sich unter hakte.

„Wollen wir?", erkundigte er sich schmunzelnd, was sie nochmal nicken ließ. Im Blick nach wie vor eine rege Faszination über ihren Fremden. Doch bevor sie dazu kam, an etwas Spezielles zu denken, da war er mit ihr auch schon in der Mitte der Tanzfläche und nahm die entsprechende Position ein, um stilecht mit ihr zu tanzen.

Hermiones Herz machte mit dem ersten Schritt, den er tat, auch gleich einen aufgeregten Schlag, was er zu spüren schien, denn in dem Moment lächelte er noch etwas mehr.

Schließlich schwebte er förmlich mit ihr über das Parkett, was sie mit der Zeit doch ein paar Leute interessiert beobachteten. Allen voran ihre Freunde, die nun überdeutlich sahen, dass dieser scheinbar unbekannte Schatten tatsächlich als Mensch existierte und gerade so schön mit ihrer Freundin tanzte. Diese wachte mit der Zeit allmählich aus ihrer Trance auf und fand ihre Stimme wieder.

„Ich..." „Ja?" „Ich hatte Angst, du ... du -" „Das ich nicht komme?", nahm er ihr die Worte aus dem Mund, worauf sie nickte, was ihn erneut entschuldigend lächeln ließ.

„Die Chance mit dir diesen Abend zu verbringen, hätte ich mir für kein Geld der Welt entgehen lassen. Aber... Wie gesagt, man hatte mich leider aufgehalten. Es tut mir wirklich schrecklich leid, dass ich dich habe warten lassen." „Ist ... ist schon okay." „Nein, ist es nicht. Aber trotzdem danke", lächelte er wieder, womit sie nach und nach ein wenig mehr am Rand der Tanzfläche und somit einigen Tischen waren. Von dort drang eine nur allzu verhasste Stimme an Hermiones Ohren, die ihr irgendetwas Beleidigendes zuschnalzte. Irgendwas von wegen Trampeltier.

Sie entdeckte Malfoy nur ein paar Meter hinter sich, wie er sich mit seinen beiden hirnlosen Gorillas und Parkinson über sie lustig machte, was sie, ohne dass sie es wollte, verletzt das Gesicht verziehen ließ. Ihr Tanzpartner wusste sie aber gleich wieder aufzumuntern, indem er die Lippen an ihr Ohr legte.

„Hör gar nicht hin. Sie sind nur neidisch, da sie dich nicht haben können", hauchte er und strich mit seinen Lippen flüchtig über ihre Wange, bevor er sie wieder richtig ansah. Hermione ging mit dieser zarten Berührung ein heißer, angenehmer Schauer durch den Körper, der ihr Herz ungeahnt hämmern ließ. Ein Blick in seine tiefblauen Augen machte es noch schlimmer, da sie drohte in diesen zu versinken.

„Wer bist du?", flüsterte sie nach einer ganzen Weile, was ihn traurig stimmte. „Ich wünschte, ich könnte es dir sagen, aber ich kann nicht." „Aber ich kenne dich nicht. Wirklich, ich... Verrat mir doch wenigstens deinen Namen, damit ich dich richtig ansprechen kann", bat sie, legte jedoch nicht sehr viele Hoffnungen in ihre Bitte.

So hielt er sich im Kommenden darüber auch weiterhin bedeckt, was sie selbst ein wenig frustrierte, als er plötzlich leise meinte: „Ben." Daraufhin hob sie den Blick und sah ihn erneut richtig an. Auf den Lippen trug er ein leicht gequältes Lächeln, was Hermione versuchte, mit einem Warmen von sich, wegzuwischen.

„Das ist doch schon mal etwas." „Vermutlich." „Mehr willst du mir aber nicht verraten?" „Ich kann leider nicht. Aber davon abgesehen", schmunzelte er verführerisch, was ihr eine zarte Röte auf die Wangen zauberte.

„... sind wir hier auf einem Maskenball. Und auf einem solchen, sollte man sein Gegenüber ja nicht erkennen. Das macht doch den ganzen Reiz aus", schmunzelte er noch mehr, als sie ein wenig roter wurde, sich dann aber wieder fing.

„Wahrscheinlich, es ist nur... Du weißt so viel über mich, das... Ein bisschen unheimlich ist mir das schon." „Das tut mir leid. Aber du kannst beruhigt sein. Ich weiß lediglich so viel von dir, weil ich dich seit deinem ersten Jahr kenne. Deine Eigenheiten und Vorlieben, genauso dein Temperament, mit der wilden, ungestümen Art. Und das alles gefällt mir wahnsinnig gut. Ich habe noch nie ein Mädchen wie dich kennengelernt. Und so jemanden wie dich, wird es wohl auch kein zweites Mal geben. Ich finde dich, mit allem was du bist, mit Abstand einzigartig." Daraufhin kehrte die leichte Röte in ihre Züge zurück, während die Musik noch etwas ruhiger wurde, sodass sie ihren Kopf, ohne irgendwie über diese Geste nachzudenken, auf seine Schulter bettete. Kurz darauf nahm er sie noch etwas mehr zu sich. Er hielt sie warm in seinen Armen, was sie unweigerlich Träumen ließ.

Ihr stieg so verstärkt sein Duft in die Nase, den sie tief in sich aufnahm. Es war eine milde, frische Note, die sie an einen früh sommerlichen Morgen im Wald erinnerte. Einen, dem noch der Tau der Nacht anhaftete. Ein junger, unberührter Tag, der einem alles versprach und voller Magie lag.

Das war so verführerisch. Alles. Dieser Duft, seine Erscheinung, die beruhigende Wärme, die sein Körper ausstrahlte. Hermione fühlte sich zunehmend wie in einem Traum. Einem süßen Traum, aus dem sie nicht aufwachen wollte. Und dennoch...

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Was im Verborgenen liegt (1/?)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt