016. Ungewisse Stunden

4.7K 315 41
                                    


Ungewisse Stunden

۩ ۞ ۩

Der Tag, sowie die kommende Nacht, zogen sich unerträglich und zehrten verstärkt an Dracos Kräften. Er hatte die ganze letzte Woche schon kaum geschlafen, seit die Greifer mit Hermione im Manor aufgetaucht waren.

Zwar hatte er anfangs noch gedacht, gehofft, dass Potter nach kürzester Zeit auftauchen würde, um ihr zu helfen. Nur war niemand gekommen, sodass ihre Schreie beinahe unentwegt durch das Manor gehallt hatten. Er hatte diesen Laut von der ersten Sekunde an nicht mehr aus dem Kopf gekriegt.

In den paar Stunden, in denen er dann doch vor Erschöpfung weggenickt war, hatten ihn ihre Schreie selbst in seinen Träumen weiter heimgesucht. Noch dazu die passenden Bilder, die ihn auch jetzt noch fürchterlich schaudern ließen, womit sein Blick auf sie fiel.

Sie sah nach wie vor richtig scheiße aus. Ihre Blutflecke und das alles hatte er zwar weg bekommen, dennoch glich ihre Erscheinung mehr der einer Toten. Ihre Haut war bleich und fahl, glänzte jedoch wächsern, durch die nicht versiegen wollenden, kalten Schweißausbrüche. Ihre Atmung ging nach wie vor schwer, während es unter ihren Lidern unruhig zuckte. Hinzu kamen die tiefdunklen Schatten unter ihren Augen, denen er allerdings in nichts nachstand, nur hatte das bei ihm ganz andere Gründe.

Zwar wimmerte sie jetzt nicht weiter, dennoch war er sich sicher, dass sie Albträume hatte, weswegen er ihr nochmal etwas zur Beruhigung gab, nur verschwand das Zucken unter ihren Lidern damit nicht. Im Gegenteil. Mit der Zeit kamen ihr die Tränen, genauso wie sie schmerzlich zu murmeln begann. Die Stimme vollkommen kratzig und heiser.

„... nein ...bitte ... aufhören, bitte...", keuchte sie schwer und wühlte schwach unter der Decke. Und das irgendwann so sehr, dass sie mit den Armen fahrig um sich schlug. Draco nahm sie daraufhin bei der Hand, die er warm umschlossen hielt, als sie verstärkt danach krampfte. Seine andere legte er an ihren Kopf und strich ihr behutsam durch die strähnigen Haare.

„Hermione? Hörst du mich? Es ist alles gut. Sie werden dir nicht mehr wehtun. Es wird nichts mehr passieren", sprach er ihr ruhig zu und ließ seine Hand ein wenig wandern, die kurz darauf auf ihrer zerkratzen Wange lag, über die er vorsichtig streichelte.

Es war nur eine kleine Geste, die mit der Zeit aber tatsächlich ihre Wirkung tat. Die Hexe hörte auf zu murmeln, wenngleich ihre Atmung auch weiter so schwer ging. Ihr Geist schien sie nun allerdings wieder in Frieden zu lassen. Und damit das so blieb, ließ er ihr auch weiter diese Gesten zukommen. Irgendwann in der darauffolgenden Nacht nickte er jedoch weg. Nur war der Schlaf, den er bekam, alles andere als erholsam, geschweige denn friedlich. Stattdessen hatte er aufs Neue alles vor Augen. Ihre Schreie, genauso die Misshandlungen, die ihr die ganzen Death Eater beigebracht hatten. Allen voran seine gestörte Tante, aber auch ER.

Zwar wusste er nicht genau, was im Salon passiert war, als sie mit ihm dort eingesperrt war. Seine Phantasie gaukelte ihm allerdings die schlimmsten Szenarien vor. Nicht zuletzt auch wegen der Blutlache, die so groß gewesen war, dass er bereits Angst gehabt hatte, sie hätten sie ausbluten lassen. Am Ende schreckte er schreiend hoch, als er Lucius sah, wie er sie umbrachte.

„Scheiße", murmelte er völlig fertig, als er realisierte, dass es wieder nur ein Albtraum war. Einer von vielen, der inzwischen jedoch bitteren Tatsachen zugrunde lag.

Er fuhr sich mit den Händen über das schweißnasse Gesicht und versank etwas tiefer in dem alten Ohrensessel, den er sich statt des Stuhls herangezogen hatte.

Vermutlich würde er diese verfluchten Bilder nie mehr aus dem Kopf kriegen, genauso wie den ganzen anderen Horror der letzten Jahre.

Schließlich fiel sein Blick auf Hermione, die, wie er fand, für ihre momentanen Verhältnisse ruhig schlief. Er sah nach ihrem Fieber, was leider nicht zurückgegangen war. Er seufzte aufgrund dessen und zog ihr die Decke wieder zurecht, bevor er den kleinen Ofen nochmal ordentlich anheizte, damit das Zimmer warm blieb.

Was im Verborgenen liegt (1/?)Where stories live. Discover now