040. Die Ruhe vor dem Sturm

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Die Ruhe vor dem Sturm

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„Ich verstehe", murmelte Narcissa betrübt, kaum dass Blaise ihr Dracos Problem erklärt hatte. Die Blonde konnte auf all das auch nur mit dem Kopf schütteln, denn die Ängste ihres Jungen waren gleichzeitig auch ihre. Dass man ihn, sollte dieser Krieg gut ausgehen, dafür zur Rechenschaft zog, dass er das Mal trug. Dass man ihm aufgrund dessen Dinge zuschrieb, die er nie getan hatte.

Sie konnte verstehen, wie sehr das an ihm nagte. Genauso, dass er dem Mädchen deshalb nichts sagen wollte und ihr stattdessen lieber aus dem Weg ging. Er versuchte sich auf diese Weise zu schützen. Sein Herz. Sie wusste, dass er um einiges sensibler und feinfühliger war, als die Menschen dachten. Er versteckte es hinter einer kalten Maske aus Arroganz und Überheblichkeit. Und das schon viel zu lange.

Es war ihre Schuld. Alles. Sie hätte viel früher handeln müssen. Sie hätte nie zulassen dürfen, dass man ihn so sehr brach. Sie hätte mit ihm verschwinden sollen, als es noch ansatzweise möglich war. Doch sie hatte es, trotz all der grausamen Dinge, dennoch nie gewagt. Zu groß war die Angst vor dem, was ihr und ihm stattdessen widerfahren würde, sollte man sie nach einem Verrat finden.

Verdammt, er war ihr Sohn! Wie hatte sie ihn so lange im Stich lassen und all diese Dinge still und leise dulden können? Sie hatte ihm ein derartiges Leben ersparen wollen, es aber einfach nicht geschafft. Sie war zu schwach gewesen. Er jedoch nicht.

Auch wenn es lange gedauert hatte, so hatte er am Ende trotzdem den Mut und die Kraft gefunden, aus dieser tödlichen Dunkelheit auszubrechen. Das allerdings nicht, um sich selbst zu retten. Nein, es war das Leid des Mädchens, was ihn hatte handeln und ausbrechen lassen. Er hatte irgendwie diese Kraft für sie aufbringen können, anders als sie für ihn. Und dafür schämte sie sich immer mehr. Es quälte sie unsäglich, womit ihr die Tränen kamen.

„Ich hab ihn im Stich gelassen", murmelte sie schuldig, worauf Blaise beinahe zustimmend schwieg. Zwar wusste er, dass Dracos Mutter ihm ein Rückhalt gewesen war. Dieser war jedoch viel zu wenig und schwach, um ihm eine richtige Stütze gegen diese verdorbene Sippe zu sein, in die er hineingeboren worden war. Die etwas aus ihm machen wollte, was er selbst nicht wollte.

„Ich red mal mit ihm", meinte Blaise letztlich leise, worauf Narcissa ihn verweint ansah. Er zwang sich zu einem knappen Lächeln, bevor er aufstand und ging.

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Blaise musste nicht lange suchen, bis er den Sturkopf gefunden hatte. Er war noch immer in dem kleinen, sperrigen Zimmer, in dem er nach ihrer Ankunft wutschnaubend verschwunden war. Und da er keinen Zauberstab hatte, konnte er die Tür auch nicht abriegeln.

Mit dem Knarzen linste Draco kurz von dem zerrupften Sessel auf, in den er sich hatte fallen lassen, bevor er wieder gänzlich in sich zusammen rutschte.

„Verzieh dich", knurrte er Blaise leise an. Sein Freund ignorierte es und dirigierte sich stattdessen den zweiten Sessel heran, in den er sich fläzte.

„Du tropfst", rieb er Draco als erstes unter die Nase, um einen Teil der Anspannung von ihm zu nehmen. Ob es funktionierte, wusste er nicht. Allerdings sah Draco ihn kurz genervt an, bevor er wieder sinnlos ins Nichts starrte. Blaise beobachtete ihn einen Moment, ehe er einen Trockenzauber auf den Blonden legte, sonst würde er in einer Stunde noch klatschnass rumrennen.

„Ich hab eben mit deiner Mutter gesprochen", begann er, doch Draco reagierte nicht, sodass Blaise fortfuhr.

„Sie macht sich Sorgen. Und wenn ich ehrlich bin, mach ich die mir auch immer mehr. Man, was ist los? Ich hab dir gesagt, du sollst versuchen auf allem ein bisschen aufzubauen, aber was machst du? Du gehst jedem aus dem Weg und verkriechst dich!" Mit dem letzten Wort verpasste er Draco einen deftigen Klaps auf den Hinterkopf.

Was im Verborgenen liegt (1/?)Where stories live. Discover now