023. Leises Vertrauen

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Leises Vertrauen

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Er musste im Laufe der Nacht doch eingeschlafen sein. Eigentlich kein Wunder, da er nach wie vor ein erhebliches Schlafdefizit hatte. Irgendwann nahm sich der Körper was er wollte und brauchte, wenngleich er nicht sehr lange geschlafen haben konnte. Vermutlich hatte es ihm in den frühen Morgenstunden die Lider zugezogen. Und so wie es jetzt draußen aussah, war es noch nicht ganz Mittag.

Fünf, vielleicht sechs Stunden, dachte er. Die mussten fürs Erste reichen. Verdammt, er musste besser aufpassen, immerhin war er, trotz der scheinbaren Sicherheit des Cottage, noch immer auf der Flucht. Sie könnten ihn hier genauso finden, wie sie ihn auch in London gefunden hatten. Und wenn er dann gerade pennte, tja dann würde er seinen Schlaf wohl für immer weiterschlafen müssen. Irgendwo ein recht reizvoller Gedanke. Nur gab es da andere Sachen, denen er sich nicht so einfach entziehen konnte, durfte und auch nicht entziehen wollte, womit er mehr blinzelte und auf das sah, was kaum fünf Zentimeter von ihm entfernt lag.

Sie schlief nach wie vor relativ ruhig in ihrem Fieber. Sie murmelte, wimmerte, weinte und träumte augenscheinlich nicht. Sie lag vollkommen friedlich in seinen Armen, in denen sie dennoch sehr schwer atmete, was ihm aufs Neue Sorgen machte. Aber sie atmete und das war erstmal die Hauptsache, womit er sie noch ein wenig musterte.

Ihr blasses Gesicht, auf dem er die ähnlich blassen Sommersprossen ausmachen konnte. Von diesen huschte sein Blick zu den ebenso bleichen, rissig gewordenen Lippen, aus denen ihr heißer Atem in einem schnellen Fluss strömte. Über diese strich er nachdenklich mit den Fingern, bevor sie wanderten und behutsam die Schatten unter ihren verschlossenen Augen nachzeichneten.

Am Ende legte er die Hand richtig auf ihre Wange und streichelte sie kurz sanft, bevor er sich ein wenig streckte und ihr einen kleinen, beruhigenden Kuss auf die Stirn hauchte. Kurz darauf verlor sich sein Blick erneut auf ihrer Erscheinung, die er sich schuldig besah.

Letztlich ließ er sie los und rappelte sich auf, um den Kamin wieder in Gang zu setzen und etwas Tee zuzubereiten. Sie musste zumindest trinken, wenn sie schon nichts zu Essen hier hatten, was allmählich zu einem immer größeren Problem wurde.

So ging das nicht weiter. Er musste in der Richtung irgendwo etwas auftreiben oder sonst wie Hilfe holen. Nur scheiterte es nach wie vor an dem Wie? Wie sollte er das machen? Er wusste ja noch nicht einmal, wo sie eigentlich waren. Auch konnte er Hermione unmöglich allein lassen, um erstmal wenigstens etwas in Erfahrung zu bringen. Mitnehmen konnte er sie aber auch nirgendwohin, da es sie viel zu sehr anstrengte.

Ach verdammt, fluchte er und stocherte wütend mit dem Schürhaken in der Glut herum, die so langsam zu einem knisternden Feuer wurde.

Es war echt zum verzweifeln. Er war hier alleine völlig aufgeschmissen. Da nützte ihm nicht einmal seine Magie etwas.

„-en", drang plötzlich das schwache Murmeln Hermiones an sein Ohr, sodass er aufsah und zu ihr blickte. Sie wühlte bereits wieder etwas, worauf er zu ihr trat und sich ihre Hand nahm, die fahrig über die Decke glitt. Suchend.

„Hermione?", rief er leise und hielt ihre Hand warm umschlossen, worauf sich ihre Finger mehr um seine schlossen. Damit erstarb das Murmeln.

„Hermione?", versuchte er es nochmal und strich ihr zusätzlich über die Wange, allerdings blieb sie ruhig.

Es war ihm ein Unding, doch sie spürte ganz offensichtlich irgendwie seine Gegenwart, was ihn zunehmend faszinierte. Einmal, dass sie ihn, oder allgemein irgendetwas von ihm, bemerkte aber auch, dass es sie tatsächlich so tief beruhigte. Nur warum? Sie hasste ihn. Mehr noch hatte sie Angst vor ihm, auch wenn sich das in den letzten zwei, drei Tagen wohl etwas gelegt hatte. Dennoch war und blieb er für sie doch alles andere als vertrauenswürdig.

Was im Verborgenen liegt (1/?)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora